Musikprojekt über König David

Hirte, König, Krieger und Frauenheld

Eine Bibel und eine Ausgabe des Koran
Eine Bibel und eine Ausgabe des Koran © picture alliance / Universität Jena
Von Maria Riederer · 31.05.2015
Jüdisch, christlich, muslimisch: Beim "Chorprojekt" Trinum verwirklichen sich gleich drei Religionen. Thematisch geht es um den alttestamentarischen König David, der auch im Koran Erwähnung findet. Das Stück wird beim Kirchentag in Stuttgart aufgeführt.
Ein Hirtenjunge war er, bodenständig, aufrecht und schlicht
Ein großer Mann war er, unbeugsam ..
Ein Ehebrecher war er …
Wer war David? Das ist die große Frage, die der Komposition von Davids vielen Stimmen zugrunde liegt. David kommt nicht nur im Alten Testament der Bibel, sondern auch in der Tora und - als Dawud – im Koran vor. Er ist der Musiker, der Psalmist, der Harfenspieler und natürlich der König. Aber wer ist er noch? Darüber haben sich die Mitwirkenden bei Trimum monatelang Gedanken gemacht.
"Als wir angefangen haben mit diesem Projekt, war ich wirklich ganz eingeschossen auf den David, den Hirtenjungen, und hab natürlich im Laufe dieses Prozesses gemerkt, das geht so nicht."
Judith Bomheuer-Kuschel ist als beratende katholische Theologin, als Musikpädagogin und als Chormitglied bei Trimum aktiv.
"David ist auch irgendwann mal ein Mann geworden, und diese ganzen Kriegsgeschichten und vor allem auch seine Frauengeschichten und die vielen, vielen Kinder blende ich, ehrlich gesagt, sehr aus."
"Es gibt kaum Gebote, die er nicht bricht"
Der jüdische Sänger und angehende Kantor Assaf Levitin betrachtet die Figur Davids eher sachlich.
"Was unumstritten ist, er ist quasi der Lieblingssohn von Gott, der Auserwählte - was sein Verhalten angeht, ist er wirklich sehr, sehr widerspruchsvoll. Es gibt kaum Gebote, die er nicht bricht. Er hat sehr viele Kriege geführt, aber es gab keinen einzigen Krieg von David, wo er nicht erst nach Gottes Rat gefragt hat. Und es gibt auch Fälle, wo David fragt, soll ich jetzt einen Krieg führen, und Gott sagt: Nein! Mit denen musst du Frieden schließen. Oder: Nicht jetzt. Und das folgt David ausnahmslos."
Bernhard König ist Initiator und Projektleiter von Trimum. Er bezeichnet David als den idealen Botschafter des Projektes.
"Der eine Grund ist, dass er in allen drei Religionen der Sänger schlechthin ist, der Gott lobt und Gott kündet auf ganz verschiedene Arten - und das ist dann nämlich auch schon der zweite Grund, nämlich, dass trotz dieser Gemeinsamkeit die drei Religionen ihn in vielen Details auch ganz unterschiedlich sehen, und diese Widersprüche auch zwischen den Religionen und auch innerhalb ein und derselben Religion, wie es dann gedeutet wird, das ist gerade, was uns bei Trimum sehr wichtig ist."
Bernhard König hat schon viele Projekte aufgebaut, in denen er interessierte Menschen gesammelt und zur Erschaffung neuer Kompositionen animiert hat. So sind auch die "Vielen Stimmen Davids" keine Komposition aus einer Hand, die von vielen Mitwirkenden ausgeführt wird. Sie ist innerhalb mehrerer Jahre durch den intensiven Austausch aller Beteiligten entstanden. Da wurde diskutiert, gestritten, gesungen und gespielt. Zum Beispiel zum Thema: David und die Frauen. Immer wieder fällt der Name Batseba. In der biblischen Erzählung verführt David die Schöne und lässt ihren Mann, einen von Davids Kriegern, heimtückisch ermorden: Er schickt ihn an einen besonders gefährlichen Teil der Front, wo er tatsächlich, wie von David erhofft, fällt.
"Die Batseba-Geschichte, die wir aus dem Alten Testament kennen, kommt so im Koran überhaupt nicht vor. Aber weil die Geschichte Davids im Koran sehr rudimentär erzählt wird, greifen wir natürlich auf das Alte Testament insbesondere zurück und nutzen ihn – in Anführungsstrichen – wie einen Kommentar eigentlich des Koran, und wenn man sich mal die Batseba-Geschichte dann im AT durchliest, dann kann man sich vieles zusammenreimen, was im Koran über David erzählt wird."
Spuren von David in den Heiligen Schriften des Islam
Tuba Isik ist komparative Theologin an der Universität Paderborn. Sie singt nicht nur im Trimum-Chor, sondern fungiert auch, wie Assaf Levitin und andere Experten aus den drei Religionen, als Referentin bei Trimum. Das heißt – sie forscht und sucht in den Heiligen Schriften des Islam nach den Spuren Davids und ergänzt diese Spuren durch Erkenntnisse aus der Literatur. Für sie als gläubige Muslima ist es deshalb machbar, David, der im Koran ein Prophet ist, auch von seiner weniger göttlichen Seite zu betrachten.
"Für nicht geschulte theologische Ohren ist natürlich David dann als Womanizer oder Lover zu bezeichnen natürlich sehr fremd oder befremdlich, und - das ist zum Beispiel sowas, worüber wir diskutieren und uns fragen, ok, das ist aber eine Information, das sollte auch der muslimische Hörer mal gehört haben, damit er mal darüber reflektieren kann, aber die Frage ist, wie kann man eigentlich Menschen, die stark in ihrer Tradition verhaftet sind, auch mitnehmen und sie einladen, diesen neuen Denkweg zu gehen?"
Alle theologischen und emotionalen – manchmal auch politischen Diskussionen fließen in die Musik mit ein. Die Komponisten, Sänger und Instrumentalisten probieren aus, wie z.B. die orientalische Flöte, die Ney, oder das Kanoun, eine arabische Zither, mit Klarinette und Geige zusammenklingen. Saad Tamir, irakischer Musiker und Komponist, hat ein Stück über den zerknirschten, reuigen David geschrieben.
"Der Text ist inspiriert vom Koran selbst, und ich hab es einfach vertont für Chor, zwei Solisten, Sopran und Tenor, Kammerorchester, Ney, Oud, Kanoun, Geige als Solisten, und ich mach Percussion."
Saad Tamir wünscht sich, dass das Besondere an Trimum – das Zusammenwirken der Religionen und Nationalitäten – so normal wird, dass am Ende nur noch das musikalische Kunstwerk wirklich wichtig ist.
"Kunst darf nicht gezielt sein, so pädagogisch, dass nervig wird, sozusagen. Weil wir sind ja Muslime, Juden, Christen, und wir sind sehr viele Internationalität, Israel, Irak, Syrien, Türkei, Deutschland, viele, viele. Und wir brauchen nicht alle auf der Bühne zu stehen, und wir sagen: Guckt, wie wir toll sind, wir sind von verschiedene ... - das braucht man nicht, wir müssen einfach nur arbeiten. Und dann kommt diese Mischung von allein."