Musiklegende

    Der Großmeister der Flamenco-Gitarre

     Paco de Lucia bei einem Konzert in der kubanischen Hauptstadt Havanna
    Paco de Lucia bei einem Konzert in der kubanischen Hauptstadt Havanna © picture alliance / dpa / Alejandro Ernesto
    Ein Gespräch mit Musikredakteur Thorsten Bednarz · 26.02.2014
    Der spanische Musiker Paco de Lucía starb im Alter von 66 Jahren in Mexiko an einem Herzinfarkt. Viele seiner Platten aus den 70er- und 80er-Jahren sind heute Klassiker der Flamenco-Musik.
    Paco de Lucia löste den Flamenco-Gitarristen aus der Rolle des Musikbegleiters heraus. Er beschritt immer wieder neue musikalische Wege, so etwa auf dem Album "Friday Night In San Francisco" mit dem amerikanischen Jazzgitarristen Al Di Meola und dem englischen Musiker John McLaughlin, welches in die Musikgeschichte einging.
    Deutschlandradio Kultur: Sie haben ihn selbst mehrfach erlebt – sowohl im Konzert als auch im Interview. Wie war denn das Verhältnis von Paco de Lucia zu diesem Album?
    Thorsten Bednarz: Sein Verhältnis war durchaus zweischneidig: Zum einen überstrahlte diese Platte wegen ihres großen internationalen Erfolges seine Wahrnehmung, denn sie ist ja nicht so typisch für das Werk de Lucias. Aber er war immer froh und stolz, mit diesen beiden Kollegen Al di Meola und John McLaughlin diese Platte gemacht zu haben, denn sie ist sicherlich eine der wichtigsten Platten der letzten 40 oder 50 Jahre, wenn es um Musik für die akustische Gitarre geht - nicht nur im Flamenco, sondern auch Stil übergreifend zum Jazz und zur klassischen Musik.
    Thorsten Bednarz, Musikredakteur bei Deutschlandradio Kultur
    Thorsten Bednarz, Musikredakteur bei Deutschlandradio Kultur© privat
    Deutschlandradio Kultur: Haben Sie ihn denn auch bei einer solchen Tournee mal erlebt?
    Thorsten Bednarz: Ja, das war gegen Ende der 80er-Jahre in Ost-Berlin und dieses Konzert war wie ein kleines Woodstock auf der "Insel der Jugend" im Treptower Park. Viele hatten keine Karten und schwammen einfach durch die Spree, um ganz ganz vorne zu sitzen und den beiden auf die Finger sehen zu können – die ersten drei bis fünf Reihen waren wirklich fast alle nackt bis auf die Unterhose. Es kamen auch ständig Zwischenrufe, wo denn Al di Meola sei, zumal der Moderator damals den Fauxpas beging, diesen anzukündigen statt John McLaughlin. Aber die beiden Gitarristen nahmen es gelassen und gaben nach dem Konzert auch noch eine improvisierte Pressekonferenz und Autogramme – es war ja ihr erster Auftritt in der DDR.
    Der spanische Flamenco-Gitarrist Paco de Lucia 2004 in seinem Haus in Algeciras, im südspanischen Cadiz.
    Der spanische Flamenco-Gitarrist Paco de Lucia 2004 in seinem Haus in Algeciras, im südspanischen Cadiz.© picture alliance / dpa / A.Carrasco Ragel
    Weg vom Experiment und hin zum echten Flamenco
    Deutschlandradio Kultur: Sie sagten, dieses Album sei nicht unbedingt typisch für ihn und Sie konnten ihn ja auch interviewen, da verweigerte er sich regelrecht gegenüber einem solchen Crossover von Flamenco und Jazz?
    Thorsten Bednarz: Er kam ja aus einer alten Flamenco-Familie, bekam mit fünf Jahren seine erste Gitarre, mit elf hatte er den ersten öffentlichen Auftritt und mit 15 bekam er schon einen Spezialpreis beim großen Flamenco-Festival von Jerez – allein daran sieht man, dass er tief in der Tradition verwurzelt war. Und er sagte mir auch 2004 in einem Interview, dass er diese ganzen Bemühungen junger Musiker zum Beispiel in Barcelona, den Flamenco mit anderen Musikstilen zu verbinden, nicht mochte, weil dadurch diese Musik verwässert würde. Flamenco müsse immer aus sich selbst heraus erneuert werden, das war sein Credo, und das hat er auch immer wieder auf seinen Platten vertreten.
    Durch Zufall habe ich ihn auch einmal in Madrid in einem Flamenco-Club erlebt in dem wirklich die alten Gitanos Flamenco für sich selbst spielten, und da entdeckte er auch immer wieder bestimmte Melodien, die er dann aufnahm – dieses Raue, Unverfälschte und die Tiefe der Emotion – daraus schöpfte er immer und dahin wollte er auch in den letzten Jahren immer stärker zurück – weg vom Experiment und hin zum echten Flamenco, um diesen noch viel stärker ins Blickfeld der internationalen Musikszene zu stellen.
    Deutschlandradio Kultur: Wie erlebten Sie den Musiker in den letzten Jahren?
    Thorsten Bednarz: Sein letztes Studioalbum "Cositas buenas" stammt aus dem Jahr 2004. Schon damals war er ziemlich krank, spielte nur noch vereinzelte Tourneen und suchte sich dann die Konzerte auch sehr genau aus, die er noch spielen wollte. Er war sehr bemüht, nur noch Alben zu veröffentlichen, die seinem Anspruch entsprachen, was dazu führte, dass er seit 1998 nur noch ein einziges Studioalbum und ein Live-Album veröffentlichte.
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