Museum in Oberbayern

Orffs Lieblingsplätzen auf der Spur

Der deutsche Komponist Carl Orff ("Carmina Burana") zeigt Kindern des SOS-Kinderdorfes in Dießen am Ammersee am 28.9.1964 das Musizieren mit einem Xylophon.
Der Komponist Carl Orff mit Kindern eines SOS-Kinderdorfes im bayerischen Dießen. Dort ist heute das Carl Orff-Museum. © picture alliance/dpa/Heirler
Von Rebecca Friedman · 14.08.2015
Klanghölzer, Glockenspiele und Triangeln verbinden Schulkinder mit dem Komponisten Carl Orff, Erwachsene das berühmte Werk "Carmina Burana". Das Carl-Orff-Museum in Dießen am Ammersee erinnert an den Künstler, über dessen Leben bislang wenig bekannt war.
„Mein inneres Ziel ist eigentlich, Kinder oder auch Erwachsene, die da jetzt hierher kommen oder auch sonst, die sollen anders weggehen, als sie hergekommen sind.“
Monika Hutter ist Musikpädagogin und betreut die unterschiedlichen Gruppen, die ihren Weg in das Carl-Orff Museum in Dießen finden. Im Untergeschoß des modernen Hauses aus den 70er Jahren hat sie Xylophone, Glockenspiele, Klangstäbe, Rasseln, Bongos und eine große Djembe aufgebaut. Normalerweise werden diese auf einem Holzsockel präsentiert.
„Manchmal hat man Glück und ma hat so an Magic Moment wo des dann ganz gut funktioniert, wo ma denkt, boah – nicht kaputt machen! Hat man net so oft, aber manchmal ist es so, dass die dann mit so einem leicht irren Grinsen dann – Sie kennen des, wenn man so ein ganz schönes Musikerlebnis hat – wieder gehen.“

Musik: „Funga Alafia finale“
Eine vierte Klasse darf heute an die Instrumente ran. Frau Hutter bringt ihnen ein west-afrikanisches Begrüßungslied bei und erzählt, dass Carl Orff sich viel von Musik und Instrumenten aus fremden Kulturen inspirieren ließ.
Die Mädchen und Jungen sind gerade auf ihrem Weg ins Schullandheim am Ammersee. Ein bisschen was wissen sie schon über Carl Orff, den Komponisten und Musikpädagogen. Dass er Musik für Kinder geschrieben hat. Und dass er hier in Dießen gelebt hat – sein Wohnhaus liegt ganz in der Nähe des Museums. Dort hat er seine letzten 27 Lebensjahre verbracht - aufgewachsen ist er in München. Neu sind für die Schüler die Geschichten aus seiner Kindheit und Jugend.
Vieles ist unbekannt aus dem Leben Orffs
Gebannt folgen sie der Museumsführerin Rotraud Freytag:
"Hier ist ein Papiertheater, mit dem er tatsächlich gespielt hat. Man konnte die Figuren kaufen, ausschneiden und dann mit Pappe festmachen, damit sie gestanden sind. Und dann gibt´s da einen Hintergrund seht ihr, des is so ne Ritterburg, das konnte man dazu kaufen."

Aus Papiertheatern wurden im Laufe seiner Karriere echte Theater und aus Pappfiguren echte Schauspieler und Sänger.
Musik: „Der Mond“
Dass Carl Orff schon in seiner Kindheit der Grundstein seines künstlerischen Schaffens gelegt wurde erfährt man auch auf den biographischen Bild- und Texttafeln, die neben dem Papiertheater den Ausstellungsraum füllen. Auch die Nähe zur Natur, aus der er viel Inspiration geschöpft hat, ist in dem Museum zu spüren: Es liegt nicht nur wenige Gehminuten vom Seeufer entfernt. Kleinere Bilder vom Ferienhaus der Eltern am Ammersee zeigen den Beginn der Beziehung Orffs zu dieser Gegend - und ein riesiges Foto aus seinen späteren Jahren mit Ausblick ins Alpenvorland schmückt die Wand neben der Eingangstür.
Rotraud Freytag: "Der hatte auch seine Lieblingsplätze, wo er in aller Ruhe sitzen konnte und in die Natur schauen. Also er hat auf jeden Fall einen Bezug zur Natur gehabt, auf jeden Fall."
Wo Orff am liebsten über Musik nachdachte
Am liebsten würde man ihn selbst nach seinen Lieblingsplätzen fragen. Durch die Ich-Perspektive, in der viele der Geschichten neben den Fotos auf den Ausstellungstafeln geschrieben sind, bekommt man nämlich das Gefühl, Orff sei selbst im Raum. In einem berühmten Zitat, das über einer Büste von Orff am Eingang die Wand schmückt, bestätigt er seine künstlerische Beziehung zu Bayern:
Männlicher Sprecher:
„Ich bin Altbayer, in München geboren, und diese Stadt, dieses Land, diese Landschaft haben mir viel gegeben und mein Wesen und mein Werk mitgeprägt. Was mir diese meine enge und weitere Heimat gegeben hat, ist eingegangen in meine Werke und ist mit diesen über die Welt gegangen, um dort nicht zuletzt von meiner Heimat Zeugnis abzulegen."
Auf den Tafeln im Erdgeschoß des Museums erzählen Carl Orff und seine künstlerischen Weggefährten von verschiedenen Schaffensperioden. Die Tafeln sind mal chronologisch, mal thematisch in Werkgruppen geordnet, und Orffs Suche nach neuen musikalischen Formen zieht sich wie ein roter Faden durch die Ausstellung.
"Wichtig war für ihn, einen anderen Musikstil zu finden für sich selbst. Nicht mehr das große Symphonieorchester, romantisches Orchester, sondern einen ganz eigenen Klang zu erarbeiten. Und das ist ihm dann auch durch die Beschäftigung mit Rhythmus, mit Bewegung, mit im Grunde einer perkussiven Interpretation von Musik gelungen."
Ute Hermann ist Vorsitzende der Carl-Orff Stiftung, die das Museum leitet. Sie erzählt, dass viele Besucher überrascht sind darüber, wie wenig sie über den Hintergrund von Carl Orff wissen.
"Und das ist hier auch so das wichtigste dieses Museums, wer ist Carl Orff gewesen, als Komponist, als Mensch. Es ist ja doch ein langes Leben mit sehr vielen unterschiedlichen Schaffensperioden, die sich nur dann erklären, wenn man das als Entwicklungsprozess des Menschen Carl Orff sieht."
Die Damen in Orffs Leben
Die elegante, zierliche Frau freut sich sichtlich, dass die Kinder von den Geschichten und beim Musizieren mitgerissen werden.
Neben den Instrumenten kann man im Untergeschoß auch was über die Damen erfahren, die mit Carl Orff das Musikschulwerk für Kinder – das so genannte Orff Schulwerk entwickelt haben: Dorothee Günther, Gunhild Keetmann und die Tänzerin Maya Lex. Das Schulwerk geht von Improvisation und der elementaren Verbindung von Rhythmus und Bewegung aus. Heute wird es weltweit im Musikunterricht genutzt.
Musik: „Gassenhauer“ aus Musica Poetica
Wenn internationale Gäste ins Museum kommen, hat das meistens aber auch noch einen anderen Grund:
Musik: „Oh Fortuna“, Carmina Burana
Rotraud Freytag: "Eine Frau aus Hawaii, die war mal da und hat erzählt, sie studieren jetzt Carmina Burana ein, in Hawaii."
Auch den Viertklässlern wird das monumentale und berühmteste Werk näher gebracht. Ganz nach Orffs Prinzip: Selber machen!
Der Museumsbesuch hat den Kindern gefallen, strahlend und aufgekratzt laufen sie zum Bus, der draußen auf sie wartet. Vorher wollen aber alle noch schnell sagen, was sie am Besten fanden:
„Dass wir so laut singen durften, und des hat sich dann halt schön angehört, und dass wir auch was über den Carl Orff gelernt haben.“
Die hat so spannende Sachen erzählt, des fand ich ganz gut, wie der aufgewachsen ist.
Mir hat die Musik am besten gefallen, weil man da einfach so spielen konnte, wie man wollte."
Monika Hutter freut sich über die Begeisterung der Kinder.
"Und ein bisschen was davon – des is halt so mein Anliegen – sollte jede Gruppe, die ich hier betreuen darf, mitnehmen. Weil dann bleibt – also im Bezug auf Kinder jetzt – dann bleibt denen auch was, dass die dann sagen Boah, Musik machen ist eigentlich toll, vielleicht könnt ich Schlagzeug lernen oder was auch immer sie denken dann und ja."

In der "Tonart am Vormittag" besuchen wir in dieser Woche immer um 11:10 Uhr Musikermuseen in Deutschland. Jedes Museum erinnert an einen Komponisten oder Musiker. Hier ein Überblick über die Beiträge:
Montag: Das Brahms-Haus in Heide
Dienstag: Das Ramones-Museum in Berlin
Mittwoch: Das Schumann-Haus in Leipzig
Donnerstag: Das Liszt-Haus in Weimar
Freitag: Das Carl Orff-Museum in Dießen

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