Moussu T e lei Jovents aus Marseille

Inspiriert durch den Klang von Hafenstädten

Moussu T e lei Jovents
Marseille ist die Heimat von Moussu T e lei Jovents und gleichzeitig ihre Inspiration © Christine Cornillet/ Promo
Von Martina Zimmermann · 13.12.2016
Gleich das erste Lied auf dem neuen Album von Moussu T e lei Jovents ist eine Ode - an Begegnungen zwischen Fremden und an das Leben in Hafenstädten wie Marseille. Auf ihrem neuen Album sprechen sie von Marseille aus zur Welt.
Cosmopolida, der erste Song des neuen Albums von Moussu T e lei Jovents, ist ein Liebeslied. Auf Okzitanisch singt die Band für eine schöne Kosmopolitin, es ist aber auch eine Ode an die Begegnung mit fremden Menschen und die Vermischung der Kulturen: Alltag in Hafenstädten wie Marseille oder La Ciotat. Diese Heimat ist eine wichtige Inspiration für Sänger Tatou, aber sie ist nicht alles:
"Wir sind Kinder dieser Welt. Wir brauchen beides: Die Traditionen und Lebensrezepte der Generationen vor uns und die Kultur aus dem Rest der Welt. Wir sind wie Matrosen: Wir haben immer Lust auf Neues und Unbekanntes und haben gleichzeitig unsere Ecke in die wir zurückkommen und erzählen was wir erlebt haben. Und wo wir auch nutzen, was wir gelernt haben, das gehört für mich zusammen."

Musikalisch zwischen Marseille und Amerika

Das Cover des neuen Albums stammt von Gitarist Blu, der auch als Maler bekannt ist: Das Bild zeigt eine Gruppe von Arbeitern vor Schiffen und Hafenkränen. Der Stil erinnert an Gemälde von Fernand Leger, der ab 1909 einem persönlichen Kubismus entwickelte. Vor allem die 1920er und 1930er Jahre haben es Blu angetan:
"In der Malerei, im Film oder in der Musik gab es zu dieser Zeit revolutionäre Strömungen. Ich liebe Fernand Leger, der zeigte, dass es uninteressant ist, Pferde oder Landschaften zu malen. Er ließ den Realismus links liegen, denn nichts ist schöner als ein Lavendelfeld, wenn man mittendrin ist - aber doch nicht auf einem Gemälde. Er revolutionierte auch die Malerei indem er Einzelheiten außer acht ließ, er nannte das 'die Funktion': Was bringt es demjenigen, der das Gemälde betrachtet?"
Musikalisch segeln Tatou und Blu zwischen Marseille und Amerika, zwischen dem 20. und dem 21. Jahrhundert, zwischen kreolischen Rhythmen, Blues, Rock und okzitanischer Poesie.
"Wir singen ganz natürlich auf Französisch und Okzitanisch, weil das unsere beiden Sprachen sind, unsere beiden Kulturen. Wir denken da nicht drüber nach... Das ist wie im Leben: Wir können von einer Sprache auf die andere umschalten. Das ist ganz natürlich, wie bei einem Maler, der zwei Farben hat und sie auch benutzt.
Wir zeigen, dass sich Kultur nicht auf die französische Elite beschränkt oder auf eine Klasse von Politikern, die Frankreich eines Tages eine einzige Sprache aufzwingen wollten, obwohl es viele Sprachen gibt. Wir suchen im traditionellen Repertoire, was heute noch aktuell ist. So entwickeln wir uns in unserer modernen globalisierten Welt. Wir wenden uns an die ganze Welt, aber wir sprechen dabei unsere eigene Sprache."

Von Marseille aus zur Welt sprechen

Sie sind stolz auf Marseille, stolz darauf Marseiller zu sein... das sangen Tatou und Blu schon in den 1990er Jahren in der Band Massilia Sound System, die Reggae aus Jamaika mit okzitanischen Klängen aus der Provence verband und Musik aus Marseille berühmt machte.
"Wenn du aus den Leuten des Alltags Helden machst, zeigst du, dass es um dich herum Wichtiges gibt, obwohl man dir dauernd erzählt, du bist nicht wichtig, hast nichts zu sagen, gehörst nicht zur richtigen sozialen Schicht... es gibt immer ein Problem, du bist nie am richtigen Ort. Mit Massilia Sound System haben wir begonnen das umzukehren: Wir haben gesagt, wir können von Marseille aus zur Welt sprechen. Und ich bin genauso interessant wie einer in einem Ministerium in Paris."
Moussu T war eigentlich ein Parallelprojekt der Massilia Sound System mit traditionelleren Gesängen. Seit zehn Jahren entwickelt Moussu T einen eigenständigen Erfolg, veröffentlichte seit 2005 neun Alben. Die größten Konzerte finden nach wie vor in Marseille statt, zum Beispiel auf dem Festival Fiesta des Suds das seit 25 Jahren jeden Herbst stattfindet. Mit dem neuen Album 'Navega!' zeigen die Künstler aus Marseille erneut, dass ihre Musik Anerkennung über Regions- und Landesgrenzen hinaus verdient.
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