Julian von Károlyi

Mehr als ein begnadeter Chopin-Spieler

Von Sabine Fringes · 31.01.2014
Der vor 100 Jahren geborene Ungar Julian von Károlyi machte sich vor allem als Interpret von Chopin-Werken einen Namen. Der Pianist trat in den 1950er- und 1960er-Jahren in den großen Konzertsälen der Welt auf. Dann wurde es still um ihn.
"Vielleicht ist es zu viel, wenn man das sagt, dass ich nur Chopin spiele, da ich ja sehr viel in meinem Repertoire habe. Aber ich kann es nicht verleugnen, dass ich überhaupt am meisten für die Romantische Musik übrig habe, und natürlich zu allererst Chopin."
So bekannte Julian von Karolyi in einem Interview aus dem Jahr 1958. Da war er auf dem Höhepunkt seines Ruhms. Konzerttourneen führten den Pianisten um die halbe Welt. Klavierwerke von Mozart und Beethoven, Franck, Debussy, Schumann und Rachmaninov hatte er im Gepäck. Doch am liebsten wollte das Publikum Chopin von ihm hören.
"Ich hatte ja unter anderem studiert bei dem großen Chopin-Interpreten Alfred Cortot, der ja ein wirklich eminenter Chopin-Spieler war und bei dem ich anderthalb Jahre in Paris studiert habe. Das regte mein Interesse für Chopin zuerst an. Später habe ich in Warschau 1932 an dem sehr bekannten Chopin-Wettbewerb teilgenommen, wo ich auch damals einen Preis gewonnen habe und so bin ich immer näher zu Chopin gekommen."
Durchbruch beim Internationalen Chopin-Wettbewerb
"Dieser junge Mann empfindet ganz großartig die Kunst Chopins mit einer die Seele ergreifenden Einfachheit. Wir sind sicher, dass die ganze Welt von ihm reden wird. Karolyis ernstes, reines Verhältnis zur Kunst hob ihn aus der Reihe der übrigen Teilnehmer hervor und machte ihn zum Favoriten der Zuhörerschaft",
schrieb eine Warschauer Zeitung im März 1932 über Karolyis Spiel beim Internationalen Chopin-Wettbewerb, der den Durchbruch seiner Karriere markierte. Julian von Karolyi wurde am 31. Januar 1914 in Losonc, einer kleinen Stadt in der Nähe von Budapest geboren. Zunächst nahm sich die berühmte Klavierpädagogin Margit Varrò seiner an, später studierte Karolyi unter anderem bei Alfred Cortot und Ernö von Dohnanyi. Von seinen Lehrern übernahm er einen kultivierten Anschlag und ein ausdrucksvolles Spiel ohne virtuose Exzesse. Vielen galt er nicht nur als Chopin-Interpret par excellence, sondern auch als Liszt-Spezialist. Zu einem seiner Bravourstücke auf der Bühne zählte dessen Campanella.
Heute nur noch wenigen in Erinnerung
In den 50er und 60er Jahren trat Karolyi in den großen Konzertsälen in Europa, Amerika und Asien auf. Doch mit Antritt einer Professur an der Würzburger Musikhochschule 1972 wurde es still um ihn. Julian von Karolyi starb am 1. März 1993 im Alter von 79 Jahren nach längerer Krankheit in München. Heute ist sein Name nur noch wenigen bekannt. Vielleicht, weil Karolyis Magie sich vor allem im Konzertsaal entfaltete. In London und New York sprach man sogar von einer "Karolyi-Family": Wenn er spielte, saß dort kein unnahbarer Künstler auf dem Podium, sondern ein Vertrauter, der seinen Freunden etwas vorspielt.
"Heutzutage sind die Ansprüche ja so groß geworden in technischer Hinsicht – das kommt schon durch die Schallplatte, durch den Rundfunk. Ich meine, die Hauptsache ist das, was jenseits der großen Technik sich entwickeln kann. Und das ist die Musik und das bleibt auch immer. Und ich glaube, das Maßgebende für eine große Karriere ist die Musik und die große Persönlichkeit."