Jazzmusiker Claude Cozens aus Kapstadt

"Die Trommel ist für mich ein magisches Instrument"

Der südafrikanische Jazzmusiker und Schlagzeuger Claude Cozens
Der südafrikanische Jazzmusiker und Schlagzeuger Claude Cozens © Kerstin Poppendieck
Von Kerstin Poppendieck · 23.03.2015
Kapstadt ist die Jazzhauptstadt Südafrikas. Nur ein Beweis dafür ist das Cape Town Jazz Festival - das größte in ganz Afrika. In diesem Jahr tritt dort der junge Schlagzeuger Claude Cozens auf, der von einer internationalen Karriere träumt.
"Ich träume davon, Konzerte auf der ganzen Welt zu spielen und meine Musik zu präsentieren. Ich glaube daran, dass das irgendwann passieren wird. Aber bis dahin gibt es immer wieder Momente, wo ich am Boden bin, weil einfach nichts passiert."
Es ist eine Mischung aus Ungeduld, Verzweiflung und Ehrgeiz, die Claude Cozens antreibt. Verzweiflung, weil er sich in Kapstadt abgeschnitten fühlt vom musikalischen Rest der Welt. Dass junge Jazzmusiker vom Kap so wie er international Beachtung finden und Konzerte im Ausland spielen, das passiert relativ selten. Das Bild vom südafrikanischen Jazzmusiker wird immer noch dominiert von Legenden wie dem Pianisten Abdullah Ibrahim oder dem Trompeter und Sänger Hugh Masekela. Dabei ist auch die junge Jazzszene von Kapstadt sehr lebendig. An der dortigen Universität kann man Jazz studieren und selbst in den Wellblechhütten in den Townships treffen sich Menschen, um privat zusammen zu jammen. Auch für Claude Cozens war es fast selbstverständlich, Jazz-Musiker zu werden.
"Ich sage gar nicht, ich will unbedingt ein Jazz-Künstler sein, aber das ist es, was ich gelernt habe. Das ist also meine Basis. Und davon ausgehend will ich mich entwickeln und andere Stile entdecken. Der Improvisationsaspekt beim Jazz ist das Wichtigste für mich. Aber auch Gospelmusik ist sehr wichtig für mich, diese Verbindung zwischen Glaube und Musik. Deshalb versuche ich, Jazz und Gospel zu verbinden."
Claude Cozens war 3-4 Jahre alt, als er das erste Mal Musik bewusst wahrgenommen hat. Das war in der Kirche, in die ihn seine Eltern jeden Sonntag mitgenommen haben. Die Liebe zur Gospelmusik ist bis heute geblieben. In der Kirche hat er auch seine Begeisterung für die Trommel entdeckt. Schon früh wusste er, dass er professioneller Musiker werden wollte. Pianist zu werden hätte er auch spannend gefunden, aber da sagt er, sei die Konkurrenz allein in Kapstadt viel zu groß. Also habe er sich fürs Schlagzeug entschieden.
"Die Trommel ist für mich ein magisches Instrument und wird völlig zu unrecht von vielen als oberflächliches Instrument abgetan wird, das mit Klavier oder Geige nicht mithalten kann. Ich finde es spannend, Trommeln immer neue Klänge zu entlocken und mir immer neue Schlagtechniken sich auszudenken. Wir Menschen haben vier Gliedmaßen, die ganz unterschiedlich zum Trommeln genutzt werden können. Das reizt mich und macht Spaß."
Sein Markenzeichen als Trommler ist seine unverwechselbare und genreübergreifende Spieltechnik voller Energie und Erfindungsreichtum. Zusammen mit dem Kapstädter Jazzpianisten Kyle Shepherd hat er zum Beispiel ein Goema-Schlagzeug entwickelt. Goema ist eine besondere Spielart des Cape-Jazz, bei der Trommeln die wichtigsten Instrumente sind.
Als Schlagzeuger das Zepter in der Hand
Neben der Arbeit an diesem Schlagzeug hat er vor ein paar Wochen sein Debütalbum veröffentlicht. Zusammen mit zwei seiner besten Freunde hat er dafür das Claude Cozens Trio gegründet. Es war ihm schnell klar, dass er ein klassisches Jazz Trio wollte: also Piano, Bass, Schlagzeug. Oftmals ist dabei der Pianist der Bandleader, in diesem Fall lässt sich Claude Cozens mit seinem Schlagzeug aber nicht das Zepter aus der Hand nehmen.
"Ich will die Geschichten der Leute in meinem Leben erzählen, der Familie, der Freunde. Diesen Menschen will ich eine Stimme geben und ein Gesicht. Ich will ihre Energie und Essenz festhalten. Aber egal, wie schwer ihr Leben ist, will ich auch immer einen humorvollen Aspekt reinbringen. Ich will ihren tagtäglichen Kampf in meiner Musik festhalten. Viele Menschen verbinden eher Bitterkeit und Hässlichkeit und Gangster mit dem Leben hier. Aber es gibt hier auch viel Schönes. Schöne Menschen und Geschichten. Dieses Schöne möchte ich mit meiner Musik zeigen.
Ein großes Problem der Kapstädter Jazz-Musiker erlebt Claude Cozens ständig am eigenen Leibe. Es gibt kaum Spielorte in der Stadt. Die Record-Release-Party für sein Debütalbum fand deshalb auf dem Dach eines Wohnhauses statt. Getränke brachten die Zuschauer mit, der Eintritt war kostenlos. Im Sommer werden in Kapstadt oft nachmittags Konzerte auf Weinfarmen und in Parks veranstaltet. In den Vororten der Stadt allerdings gibt keine Spielorte.
"Ich komme aus einem Vorort, und meine Familie lebt hier. Ich weiß genau, dass hier solche Veranstaltungen fehlen, deshalb müssen wir etwas daran ändern. Wir haben die Chance, die jüngeren Leute hier für uns und unsere Musik zu begeistern. Vielleicht schaffen wir es so, die Szene zu vergrößern, Musiker und Musikfans zu fördern. Es wäre toll, wenn die Welt irgendwann auf uns schaut und sagt, wow, was für eine Inspiration. Es gibt hier so viele Leute mit Talent, man muss nur etwas unternehmen."
Claude Cozens träumt von einer internationalen Karriere. Aber bis er sich darauf konzentrieren kann, wird es wohl noch eine Weile dauern. Denn momentan arbeitet er nebenbei noch als Musiklehrer. Ursprünglich um Geld zu verdienen, aber mittlerweile sieht er es gleichzeitig als eine Chance, junge Menschen für Musik zu begeistern. Er möchte gern die Musikszene Südafrikas antreiben und hat deshalb die Idee, mobile Konzerte zu veranstalten. Wenn es sich Menschen nicht leisten können, zu Konzerten zu gehen, will er die Konzerte zu ihnen bringen in die Vororte Kapstadts. Momentan ist es nur eine Idee. Für die Umsetzung fehlt ihm das Geld. Aber er hofft, dass sein Auftritt beim Cape Town Jazz Festival hilft, seinen Plan umzusetzen.
"Jedes Jahr bekommen nur zwei Bands aus Kapstadt die Chance beim Jazz Festival zu spielen. Dieses Jahr dabei zu sein, ist eine große Ehre. Wir sind noch sehr jung. Und es ist eine tolle Chance sich ein größeres Publikum zu erspielen. Von diesem Auftritt werden wir noch lange profitieren. Mehr Leute werden uns kennen und wir können mehr Konzerte spielen. Ich bin stolz, das erreicht zu haben. Es ist mein Traum, auf solchen Festivals weltweit zu spielen."
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