"Heritage" von Richard Bona

Der neuste Coup eines Multitalents

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Richard Bona bei einem Konzert in Moskau im Oktober 2014 © picture alliance / dpa
Von Martina Zimmermann · 24.06.2016
Das neue Album des kamerunischen Jazzmusikers Richard Bona "Mandekan Cubano Heritage" ist eine Hommage an die afrokubanische Musik. In ihr vermischen sich die verschiedenen Kulturen. Bona singt in Duala, der wichtigsten Sprache seiner Heimat.
Auf dem Album ist die Crème der New Yorker Latino-Musiker zu hören. Sie spielen Klavier und die zur Salsa unabdinglichen Blasinstrumente und Percussions. Den Rest hat Richard Bona selbst gemacht, er hat fast alle Songs komponiert, spielt Bass, Gitarre, Sitar, Percussions und Keyboards und er fungiert als Toningenieur.
"Die afrokubanische Musik ist fünf Jahrhunderte alt und ich wollte ihr eine Hommage erweisen. Denn diese Musik ist eine Vermischung verschiedener Kulturen, die der spanischen Kolonialherren, der einheimischen Indianer, der Sklaven aus Afrika und sogar aus Asien und China. All das hat eine unglaubliche Mischung ergeben und vor allem gezeigt, bis zu welchem Punkt verschiedene Leute von überall her selbst innerhalb einer schmerzhaften Geschichte in der Musik zu einem fabelhaften Ergebnis kommen können! Diese Musik repräsentiert uns alle! Der Sound, die Rhythmen, die Melodien, die Harmonien verkörpern das Volk. Es gibt keine Rassen, es ist Blödsinn von Rassen zu sprechen, das sind nur Pigmentierungen der Haut. Das Ergebnis ist fabelhaft in der Musik."
Der einzige Titel auf dem Album, der nicht von Richard Bona stammt, ist ein Klassiker: Bilongo.
"Dahinter steckt eine Geschichte. Wenn ich ein Album mache, habe ich ein Drehbuch im Kopf. Zum ersten Mal kam ich 1999 nach Kuba. Am Flughafen wird alles geprüft, wer hat dich geschickt, bist du ein Spion... Nur ein Polizist sieht mich, guckt mich an und sagt: Richard Bona. Ich wunderte mich, schließlich war ich zum ersten Mal hier. Ich sage ja, der bin ich und er nimmt mich zur Seite und bringt mich durch den Zoll. Als ich wieder weg wollte, hatte ich übrigens deshalb Ärger! Man wollte wissen, wie ich ins Land gekommen war, ich sagte, ein Typ hat mich mitgenommen. Sie fragten nach seinem Namen, aber den wollte ich lieber nicht nennen. Das war ein Bongospieler. Er arbeitet tagsüber als Polizist oder Zöllner aber am Abend ist er ein exzellenter Musiker! Er hat mich eingeladen zum Jammen. Und das erste Stück das wir gespielt haben war Bilongo. Ich hatte den Eindruck auf Kuba von Bilongo empfangen zu werden."

Die Poesie der Duala

Der Text zu "Bilongo" stammt aber sehr wohl von Richard Bona. Wie meist singt er auf Duala, der wichtigsten Sprache seines Heimatlandes Kamerun.
"Wenn ich nicht auf Duala singe, wer wird es sonst tun? Ich kenne Ausdrücke, die manche gar nicht mehr verwenden. Ich kenne die Poesie dieser Sprache. Sie liegt in unseren Händen. Wenn wir sie nicht nutzen, schädigen wir die Zukunft der jungen Leute in Kamerun."
Richard Bona wurde am 28. Oktober 1967 in Minta im Osten Kameruns geboren. Auf Hochzeiten, Zeremonien und in der Kirche spielte er Balafon und Percussion. In der Hauptstadt Duala lernte er dann Gitarre, bis er den Jazz von Jaco Pastorius hörte: Nun wollte auch er Bass spielen.
"In Kamerun lernten wir auf andere Weise. Es gab keine Instrumente, keine Läden. Hier gehst du nach Pigalle und kaufst, was du brauchst. Dort musst du dich anpassen." "Kreativität ist in Afrika natürlich. Wenn dir das Wasser bis zum Halse steht, hebst du den Kopf, du willst Luft kriegen. So ist das Leben. Ich wuchs nicht in den USA auf, aber ich werde mich nicht bedauern und über mein Schicksal klagen, nein! Wir sind da, wir wollen Musik machen? Wir nehmen einen Stamm und bauen eine Flöte! Wir bauen ein Balafon oder eine Trommel."

Nächstes Projekt dreht sich um Flamenco

1990 kam Richard nach Paris, 1995 ging er nach New York. Er war ein gefragter Sideman geworden, spielte seinen Bass mit Harry Belafonte, Georges Benson, Quincy Jones, Stevie Wonder. Mit Joe Zawinul war er übrigens zum ersten Mal nach Deutschland gekommen:
"Bei meiner ersten Tournee mit ihm in Deutschland fuhren wir im Bus. Ich sehe ein Schild: Ausfahrt. Ich schlafe, wache vier Stunden später auf: Da steht wieder Ausfahrt! Diese Stadt ist überall; überall steht Ausfahrt. Sechs Stunden später frage ich ihn, das muss eine dieser Riesenstädte sein, seit sechs Stunden sehe ich das Schild Ausfahrt. Er hat sich kaputtgelacht."
In Frankreich wurde einst seine Aufenthaltserlaubnis nicht verlängert mit der Begründung, dass es bereits 1604 arbeitslose Bassisten gebe. Bona ging nach New York, seither kommt er nach Paris zurück, um vor ausverkauften Sälen aufzutreten. Das Management hat er der Firma von Quincy Jones anvertraut. Nun geht Richard Bona mit seinem neuen Album auf Tournee, aber er arbeitet schon am nächsten Projekt, das sich um den Flamenco dreht. In New York hat Richard Bona vor acht Monaten einen Jazzclub aufgemacht, der bereits als beste Adresse im Internet gehandelt wird. Aus dem Sideman ist ein Solo-Star geworden.
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