Folklegende Nash macht solo weiter
Von Thorsten Bednarz · 13.04.2016
Der 74-jährige Graham Nash feierte einst mit der Band Crosby, Stills, Nash and Young große Erfolge. Nun will er als Solomusiker noch einmal wissen, was das Leben für ihn bereithält. Sein Album "This path tonight" wurde auch durch eine neue Liebe inspiriert.
Bei manchen Musikern verbietet es sich einfach, von einer Legende oder einem Urgestein zu sprechen. Das klingt irgendwie nach vergangenem Ruhm, nach einer Karriere, die nach ihrem kreativem Ende einfach die nächsten Jahre fortgeführt wird. Bei Graham Nash könnte man auch diese Beschreibungen gebrauchen. Nach den frühen Hits mit den Hollies in England und später mit den ewigen Kollegen David Crosby, Stephen Stills und Neil Young war der Solomusiker Graham Nash irgendwie verschwunden. Doch mit seinem neuen Album "This path tonight" gibt sich Graham Nash ein neues, kreatives Gesicht und will noch einmal wissen, was das Leben für ihn noch bereithält.
"In den letzten zwölf Jahren bin ich völlig in der Musik von Crosby, Stills and Nash bzw. Crosby, Stills, Nash and Young aufgegangen. Ich war ständig mit unserer Musik beschäftigt. Ich bin mit meiner Frau Susan seit 38 Jahren verheiratet, aber irgendwann haben wir vergessen, uns um unsere Liebe zu kümmern. Kümmert man sich nicht, stirbt die Liebe. Manchmal reicht ein kleiner Brief auf dem Kopfkissen, ein Blumenstrauß. Man muss die Liebe am Leben erhalten, und das haben wir nicht geschafft. Seit zwei Jahren lebe ich in Scheidung. Das ist teuer, sehr traurig, aber notwendig. Vor eineinhalb Jahren habe ich mich in eine wunderbare Fotografin aus New York verliebt. Sie hat auch die Fotos für das Cover der Platte gemacht. Sie hat mich wieder entflammt, denn ich war ausgelaugt, und das schon seit zehn, zwölf Jahren!"
Songs von großer Strahlkraft
"This path tonight" – sicherlich der Song mit dem modernsten Sound vom neuen Album. Ansonsten wird man als Hörer sofort wieder von den großartigen Melodien gepackt, die auch das Werk von Crosby, Stills, Nash and Young so einzigartig machten. Diese wirken auch auf dem neuen Album absolut zeitlos, haben große Strahlkraft und Intensität. In jedem Augenblick des Albums merkt man, wie wichtig dieses Album für Graham Nash ist. Er ist unglaublich präsent mit seiner Stimme, die doch sonst immer im Schatten derer von David Crosby stand. Dabei hat er es nicht nötig, mit Gewalt Anschluss an eine neue Americana-Szene finden zu wollen. Es sind eher alte Werte, die sowohl sein Album als auch diese neue Szene prägen: gutes Handwerk und Songwriting. Und noch etwas zeichnet die neue Platte für ihn aus:
"Sie sollte so echt wie möglich klingen. Deswegen haben wir alle in einem Raum gleichzeitig aufgenommen. Wir haben zusammen gespielt und gesungen. Normalerweise macht man das nicht mehr, man nimmt einen Track auf, dann wird ein Overdub drüber gelegt. Wir haben alles in einer Aufnahme gemacht! Im Fall von 'My life at last' war das sogar der erste Versuch überhaupt, den Song zu spielen! Das war toll! Und in dem Augenblick war mir klar, das wird eine tolle Serie von Aufnahmesessions."
"Jetzt bin ich mal dran!"
Für einige Musiker ist es ja beinahe wie eine Befreiung, nicht mehr im grellen Scheinwerferlicht zu stehen, nicht mehr den Druck zu verspüren, dass das nächste Album wieder ein Millionenseller sein muss. Das ist meist der Augenblick, in dem der alternde Musiker bei einer kleinen, unabhängigen Plattenfirma einen Vertrag unterschreibt. Graham Nash unterlag diesem Druck nie, den machte er sich in den letzten Jahren selbst:
"Ich hatte diese Freiheit seit ich 18 Jahre alt war, seit ich ins Musikbusiness kam und mit den Hollies Millionen von Platten verkaufte. In den letzten 50 Jahren hat mir niemals jemand gesagt, was ich zu tun habe. Aber in den letzten zehn, zwölf Jahren habe ich nur an unserer Musik gearbeitet und jetzt bin ich mal dran! Ich ganz allein und nicht wir vier! Ich muss mich um mich kümmern, mir läuft die Zeit weg!"
