Französischer Wahlkampf

Mélenchon als Kandidat der Popkultur

Der sozialistische französische Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon spricht am 9.4.2017 bei einer Wahlkampfveranstaltung seiner Partei "La France insoumise" in Marseille.
Jean-Luc Mélenchon bei einer Wahlkampfveranstaltung seiner Partei "La France insoumise" in Marseille © picture alliance / dpa / Rossi David / MAXPPP
Francis Gay im Gespräch mit Carsten Beyer  · 21.04.2017
Für die französischen Popmusiker ist der Präsidentschaftskandidat Jean-Luc Mélenchon der Mann der Stunde, sagt der Musikjournalist Francis Gay. Er sei ungemein modern - und prominente Unterstützer aus der Musikszene stünden für ihn förmlich Schlange.
"Das ist das Phänomen dieses Wahlkampfes", sagte der französische Musikjournalist Francis Gay im Deutschlandradio Kultur über den sozialistischen Politiker Jean-Luc Mélenchon, der mit seiner eigens gegründeten Partei "La France insoumise" (Unbeugsames Frankreich) als aussichtsreicher Kandidat bei der Präsidentenwahl am kommenden Sonntag gilt. "Das ist der Kandidat der Stunde", sagte der Musikchef des interkulturellen Hörfunkprogramms Cosmo. Mélenchon sei ein "Altlinker und Volkstribun", der als "Popkultur-Kandidat dieses Wahlkampfes" gelten könne. "Ich weiß nicht, wie er das gemacht hat, der Kerl ist 65 Jahre alt, er hat die sozialen Medien begriffen." Sein YouTube Kanal habe 300.000 Abonnenten. "Er ist ungeheuer modern und bei ihm stehen wirklich die Promis Schlange."

Hip-Hop-Musiker nehmen kein Blatt vor den Mund

In der Musik sei der Wahlkampf eigentlich kein Thema und springe einem nicht ins Ohr, sagte Gay. Er erinnerte daran, dass in der französischen Popkultur und im riesigen Soundlabor Paris der Faktor Migrationshintergrund eine große Rolle spiele. "Man hört die Songs aus dem Maghreb, aus Schwarzafrika, Lateinamerika, aus der Karibik, sogar Asien." Diese Migrantenszene mache das Radiohören in Frankreich sehr interessant. Es gebe vor allem in der Hip-Hop-Szene hochkarätige Leute, die auch kein Blatt vor den Mund nähmen. Er denke dabei vor allem an Musiker wie Nekfeu, NTM und andere. "Wer diese Texte hört, der wird erfahren, was in den Banlieues Frankreichs passiert", sagte Gay. "Es geht um Ungerechtigkeit, Kriminalität, um Gewalt, um Aussichtslosigkeit." Diese Songs seien sehr politisch und er finde die Texte sehr beeindruckend.

Selbstbewusstsein statt Schmusepop

Der Musikjournalist warnte davor, vor allem an französische Chansons zu denken und französische Musik als "Schmuseangelegenheit" abzutun. Gerade die Hip-Hop-Kultur sei fester Bestandteil der Jugendkultur und sehr sozialkritisch. Es gebe selbstbewusste Musiker mit Migrationshintergrund, die sich als französische Staatsbürger von Marine Le Pen und ihrem rechtsnationalen Front National wenig beeindrucken ließen. (gem)
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