Finnischer Musiker

Iiro Rantala "verjazzt" John-Lennon-Songs

Der finnische Musiker Iiro Rantala reckt 2012 in Dresden vor der Verleihung des "Echo Jazz" Preises den Daumen hoch in Richtung Kameras.
Der finnische Musiker Iiro Rantala 2012 in Dresden vor der Verleihung des "Echo Jazz" Preises. © picture alliance / dpa / Arno Burgi
Von Ilka Lorenzen · 31.08.2015
"My working class hero" ist ein Solo-Piano-Album, das Iiro Rantala einem Helden seiner Jugend widmet: John Lennon. Mit dem Album verfolgt er aber noch ein weiteres persönliches Anliegen - er will Jazz einem breiten Publikum nahe bringen.
"Ich habe immer die Beatles den Rolling Stones vorgezogen! Es ist wie mit der berühmten Mozart- und Beethoven-Frage - ich mochte Mozart immer lieber als Beethoven. Ich glaube da gibt es einen Zusammenhang. Und John Lennon war mein erster Lieblingsmusiker! Bevor ich noch irgendwas von den Beatles wusste. Weil er seine großen Hits wie Happy Christmas und Imagine in den 70er Jahren hatte. Ich hörte sie noch ganz frisch und unverbraucht! Lennon war auch einer der Gründe, weshalb ich von der klassischen Musik zur rhythmisch geprägten Musik gewechselt bin, also zum Jazz, zur Rock und Popmusik."
Ursprünglich hatte er einfach eine kleinere Tour um den 9. Oktober 2015 herum, also zum 75. Geburtstag, von John Lennon geplant und dafür bereits einige Lennon-Songs ausgewählt. Daraus ist nun ein ganzes Album geworden: "My working Class Hero" heißt es, das neue Solo-Album des finnischen Jazz-Piano-Helden Iiro Rantala. Ein Album, das er sich so eigentlich niemals hätte vorstellen können, ein Album, zu dem er auch ein stückweit überredet wurde von Label-Chef Siggi Loch, der damit an den großen Erfolg von "Lost heros" anknüpfen möchte. Interessant war, das Album habe Rantala stärker herausgefordert, als zunächst gedacht.
"Ja, es gab sehr viel zu komponieren! Denn ich konnte mich nicht einfach hinsetzten und diese Songs ganz normal spielen. Es ist ein Instrumental-Album, das bedeutet, dass 50 Prozent der Songs, also die Texte, nicht zu hören sind, ich musste mir also etwas einfallen lassen. Manche Arrangements kamen von ganz allein, wie Working Class Hero. Aber andere waren schwierig, ich spielte viele verschiedene Versionen, immer wieder, und manchmal hab ich auch komplett den Faden verloren an gewissen Punkten. Weil dieses Material einfach nicht so fliegen wollte, wie ich es mir vorgestellt hatte...
Arrangieren mit Finesse
Und außerdem: einfache Dinge zu spielen, das war noch nie mein Ding, ich hatte keine Erfahrungen damit, denn, wie bei vielen Pianisten, ist es ja so: Wir haben 10 Finger, und sie sind normaler Weise sehr schnell unterwegs, wir lieben es, zu zeigen, was wir können! Und bei diesem Album musste ich zeigen, was ich auf eine andere Art und Weise kann, mit dem Arrangieren, mit einer gewissen Finesse."
Es klingt fast entschuldigend, und eine leichte Unsicherheit bezüglich des doch eher eingängigen Lennon-Stoffes ist vielleicht auch noch hängen geblieben. Die Ehrlichkeit, mit der er über seine Zweifel spricht, macht Iiro Rantala aber auch so sympathisch und greifbar! Um auszuschließen, dass das neue Album ein Flop werden könnte, spielte Rantala – zum ersten Mal in seiner Karriere – sogar einige Testkonzerte vor Publikum. Die vielen positiven Reaktionen bestärkten ihn darin, das Album hingegen aller Selbstzweifel doch zum Ende zu bringen. Und er schafft es schließlich auch, genau wie John Lennon seinerzeit, etwas vordergründig Einfaches kraftvoll und interessant zu spielen.
"Imagine war das erste Lied, das ich hörte, dann Happy Christmas - das mochte ich noch lieber! Und ich erinnere mich, dass ich in einem Schul-Weihnachtskonzert 1983 dieses Lied auf dem Klavier vorgespielt habe und unsere Klasse hat dazu gesungen, es war gerade erst ein paar Jahre alt, es war magisch! Und das ist es immer noch. Ich liebe solche Lieder!! Es sind sicherlich nicht die raffiniertesten Popsongs - ich mag auch Paul Simon und Donald Fagan, ihre Songs sind viel aufwendiger komponiert und so weiter. Aber diese Lennon-Songs sind so einfach und ehrlich. Ich glaube, dass sich die Musik von Lennon sich noch hunderte von Jahren halten wird, er hat etwas für die Ewigkeit geschaffen!"
Etwas, an das die Leute andocken können
Bei Lennon geht es um Liebe und um Frieden, um Männer und Frauen, um Gefühle. "Woman" – ein Song, in dem Lennon Yoko Ono darum bittet, ihm alle seine Eskapaden und Fehltritte zu verzeihen, ist Rantalas Lieblingslied. Nicht zuletzt, weil ihn darin wieder diese große Ehrlichkeit fasziniert. Und ein weiteres seiner persönlichen Anliegen, nämlich den Jazz einem breiteren Publikum näher zu bringen, erfüllt der international erfolgreichste Jazzpianist Finnlands mit seinem Working-Class-Hero-Album auf jeden Fall.
"Jazz braucht Melodien. Er braucht etwas, an das die Leute andocken können! Ich hab viel darüber gesprochen - Jazzmusiker sollten sich wirklich um 'normale' Leute bemühen! Ist es etwa schön, das 98 Prozent der Menschen nicht verstehen, was du machst? Kannst du es nicht ein bisschen verändern? Da gibt es so viel, was du tun kannst! Du musst keine Musik für Dummköpfe machen - lass das die Popstars tun - also manche von ihnen... Aber du musst eine Verbindung herstellen zu den Menschen, irgendwie. Ich komme auch nicht aus einer Künstlerfamilie, ich weiß, wie gewöhnliche Leute ticken und ich weiß, wo das Problem liegt. Jazz ist ihnen zu kompliziert. Nach einem langen Tag im Büro haben sie keinen Lust, dieses komplizierte Zeug zu hören. Sie wollen unterhalten werden, berührt und bewegt werden, aber nicht auf diese schwierige und vielschichtige Art."
Mehr zum Thema