Ehemaliger The-Police-Gitarrist

Andy Summers ist längst nicht müde

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Andy Summers war der Gitarrist von The Police © picture-alliance/ dpa / Donna Ward
Von Marcel Anders · 21.12.2015
Der ehemalige The-Police-Gitarrist Andy Summers ist mit seinen 72 Jahren immer noch äußerst produktiv: Er organisiert Ausstellungen, schreibt Bücher, dreht Filme und veröffentlicht mit "Metal Dog" bereits sein zwölftes Solo-Album – auch ein Police-Album wäre für ihn denkbar.
"Die Idee war, mit einem bekannten New Yorker Fotografen zu arbeiten, der etwas Visuelles zur Musik beisteuern wollte. Da er eng mit der Tanzszene verbunden ist, bedeutete das für mich, dass ich für ein Avantgarde-Tanz-Ensemble schreibe – also keine Rockmusik mache, sondern experimentelle Klänge. Ich habe mir Leute vorgestellt, die sich dazu auf einer Bühne bewegen. Aber dann konnte der Fotograf nicht liefern, was er versprochen hatte. Ich saß auf mehreren Stunden Musik – und er kam mit einem 3-Minuten-Video an. Was mich zuerst sehr frustriert hat. Aber dann entschied ich mich, die Musik alleine zu veröffentlichen."
Komplett im Alleigang eingespielt
Was Andy Summers hier beschreibt, ist kein gewöhnliches Album, sondern eine Auswahl an zehn Instrumental-Stücken, die er komplett im Alleigang eingespielt hat. Die sich betont vielseitig geben. Zwischen Industrial, Jazz, Avantgarde und sphärischen Klanggemälden pendeln, mal tiefenentspannt, mal geradezu bedrohlich anmuten, und in unterschiedliche Kulturbereiche vorstoßen. Das Stück "Qualia" laboriert zum Beispiel mit keltischen Klängen, "Vortex Street" dagegen mit fernöstlichen. Wobei jedes einzelne wie der Soundtrack zu einem mentalen Kurzfilm wirkt. Oder wie es der Künstler formuliert:
"Ich wollte nichts Konventionelles – und keinen Jazz. Insofern war es mir wichtig, mit frischen Klängen und Strukturen aufzuwarten. Also möglichst viele Sounds, die ich mit diversen Gitarreneffekten erzielt habe, miteinander zu verbinden und zu manipulieren. Ich habe viel experimentiert und die merkwürdigsten Dinge mit der Gitarre veranstaltet. Ich bin in Regionen vorgestoßen, die nichts mehr mit sechs Saiten und einem Verstärker zu tun haben. Ich habe mich bemüht, mit einer interessanten Klangpalette aufzuwarten."
Welchen Aufwand der blonde Gitarrist dafür betrieben hat, zeigt sich in seinem Studio: ein großer, heller Raum, vollgestellt mit rund 100 Gitarren, einem Dutzend Verstärkern und Kisten voller Effektgeräten. Seine Werkzeuge, wie er sie nennt, die er immer neu kombiniert. Wobei die Gitarre nicht nur sein bevorzugtes Instrument, sondern auch seine Stimme ist. Er selbst singt seit 1987 nicht mehr – als seine Bemühungen auf dem Album "XYZ" wenig Gegenliebe fanden.
"Ich wurde dafür abgestraft, dass ich die Kühnheit besaß, mich daran zu versuchen. Was zur Folge hatte, dass die Welt einen großen Sänger verloren hat - wegen einer schlechten Kritik, die auch noch im 'People Magazine' erschienen ist. Ein fürchterliches Klatschblatt, das meinte: 'Wie kann er es wagen, selbst zu singen?' Und ich war so sensibel, dass mich das völlig fertig gemacht hat. Danach habe ich es nie wieder probiert."
Experimental-Musik auf höchstem Niveau
Heute schlägt der gebürtige Engländer ganz bewusst Töne an, die nicht eingängig und massentauglich sind. Die kein Pop- oder Mainstream-Publikum ansprechen. Einfach, weil er sich als Solist nachhaltig von seiner Vergangenheit mit The Police distanziert. Nicht, weil ihm die Band, die zwischen 1977 und 1983 über 80 Millionen Tonträger verkauft hat, peinlich wäre, sondern weil er nicht stehenbleiben beziehungsweise auf eine Sache reduziert werden will. Deswegen hat er sich jahrelang an Jazz und freier Improvisation versucht, jetzt ist es Experimental-Musik auf höchstem Niveau. Und doch: Wenn man ihn explizit auf The Police anspricht, wird er überraschend nostalgisch. Gerade was die erste Trennung von 1984 betrifft.
"Das war einfach nur dumm. Aber in solchen Momenten ist halt nicht viel rationales Denken im Spiel. Wir waren damals ein weltweites Phänomen wie die Beatles. Überall, wo wir aufschlugen, gab es Massenaufläufe – es war unglaublich. Trotzdem waren wir so ausgebrannt und fertig, dass wir es für eine gute Idee hielten, uns zu trennen. Natürlich haben wir das später bitterlich bereut. Eben: 'Wie konnten wir nur?' Wir hätten es so handhaben sollen, dass Sting sein Solo-Album aufnimmt und wir dann, ein paar Jahre später, weitermachen. Die Band hatte ihr Potential definitiv noch nicht ausgereizt."
Weshalb er – da lässt er die Katze aus dem Sack – im Grunde nichts gegen eine weitere Reunion-Tour wie 2007/2008 hätte. Und auch ein Police-Album wäre für ihn durchaus denkbar.
"Wenn sie nett zu mir sind und mir genug Geld zahlen, würde ich darüber nachdenken."
Ansonsten ist er für 2016 gut gebucht, plant bereits den Nachfolger zu "Metal Dog" und genießt die Freiheit eines gestandenen, aber längst nicht müden Rockmillionärs, der tut und lässt, was ihm gefällt.
"Ich habe mehrere Fotoausstellungen, um die ich kümmern muss: eine in Mailand, in Los Angeles, in Brasilien und England. Außerdem fliege ich im Januar nach Bhutan, um in einem Film mitzuspielen. Das wird bestimmt interessant – und ein großer Spaß. Wenn es das nicht ist, vergiss es, dann habe ich kein Interesse."
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