Anti-intellektueller Kurs

US-Kulturförderung fürchtet Kahlschlag durch Trump

ILLUSTRATION - Auf einer US-amerikanischen Fahne in Dresden (Sachsen) liegt am 16.10.2013 eine zerissene zehn-Dollar-Banknote. Foto: Arno Burgi/dpa | Verwendung weltweit
Dollarnote vor US-Flagge: Die staatliche Kulturförderung der USA hat ohnehin nur geringe Mittel, nun droht ihr das Aus. © Arno Burgi
Marcus Gräser im Gespräch mit Nicole Dittmer und Julius Stucke · 23.01.2017
Es geht wohl nicht ums Geld. Die Ankündigung von US-Präsident Donald Trump, die staatliche Förderung von Kunst und Geisteswissenschaften zu beenden, scheint eher von Ideologie getrieben zu sein, sagt der Historiker Marcus Gräser.
Bereits vor einigen Tagen berichteten amerikanische Medien, dass US-Präsident Donald Trump den zwei wichtigsten Kulturförderprogrammen des Landes das Geld streichen möchte. Betroffen wären die NEH – die National Endowment for the Humanities – und die NEA, die National Endowment for the Arts. Damit würde er die staatliche Kunst- und Kulturpolitik der USA beenden.
"Das würde für diese Programme natürlich das Aus bedeuten, da sie ohnehin chronisch unterfinanziert sind", sagte dazu der Linzer Historiker Marcus Gräser im Deutschlandradio Kultur. Dabei sei die Förderungssumme in Höhe von 140 bis 150 Millionen Dollar pro Einrichtung und Jahr ohnehin nicht sehr hoch. Und dennoch seien "ganz bestimmte Programme" von diesen Geldern abhängig, etwa im Bereich der Digitalisierung von Kulturgütern.

0,02 Prozent des US-Haushaltes für Geisteswissenschaften und Kunst

Auf die Frage, was Trump mit dieser Ankündigung bezwecke, sagte Gräser: "Wenn man das kürzt unter der Maxime 'Wir müssen Geld sparen', dann ist es eigentlich ein lächerliches Argument." Beide Programme bekämen derzeit gerade mal 0,02 Prozent des staatlichen Haushaltes.
Trump vertrete mit einem möglichen Kahlschlag der staatlichen Förderung von Kunst und Geisteswissenschaften vielmehr eine klassische republikanische Position, nach der Kulturförderung als "Wohlfahrtsprogramm für kulturelle Eliten" gebrandmarkt werde, erläuterte Gräser. Geisteswissenschaftliche Forschungen würden von konservativen Amerikanern oft als "Provokation" verstanden.

"Klassisch-republikanische Haltung"

"Das heißt, wir haben auf der einen Seite eine ideologische Haltung gegenüber diesen Programmen, auch eine anti-intellektuelle Haltung. (…) Wir haben aber natürlich – und das ist die klassisch republikanische Haltung – hier die Vorstellung dahinterstehen, dass ein schwacher Staat agieren soll, der sich auf Kernaufgaben beschränkt. Und zu den Kernaufgaben gehört in den Augen der Amerikaner eben nicht die Förderung von Wissenschaft und Kunst."
Bei der Kultur handele es sich in den USA um einen "schwachen Gegner", dem man leicht etwas aus der Hand nehmen könne. Geisteswissenschaften und Kunst hätten in den USA keine Lobby, die lautstark protestieren könnte. Die einzige Hoffnung sei, dass die Kürzungssumme "so lächerlich gering" sei, dass man die Anstrengung scheue. (huc)
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