Alben der Woche

Ian Hunter - ein wenig gestrig, aber ziemlich gut

Der Musiker Ian Hunter bei einem Konzert im Sommer 2012.
Der Musiker Ian Hunter bei einem Konzert im Sommer 2012. © imago/APress
Von Uwe Wohlmacher · 16.09.2016
Der inzwischen 77-jährige Ian Hunter kann es noch: Auf seinem 20. Soloalbum ist der Brite immer noch unfassbar kraftvoll - auch mit einer Hommage an seinen alten Weggefährten David Bowie.

Ian Hunter & The Rant Band: "Fingers Crossed"

Glam-Rock, Blues und amerikanische Folkeinflüsse sind auf dem neuen Album von Ian Hunter zu hören, der mit "Fingers Crossed" sein 20. Soloalbum vorlegt.
Darauf beweist der mittlerweile 77-jährige Ex-Frontmann der Glam-Rock Band Mott The Hoople, dass er immer noch großartige Songs schreiben kann, so wie gerade zu hören mit "Dandy", einer Hommage an den alten Weggefährten David Bowie, der Mott The Hopple 1972 den Welthit "All The Young Dudes" lieferte. Und stimmlich ist Hunter immer noch unfassbar kraftvoll, erreicht mühelos die hohen Töne und raspelt wie Rod Stewart in seinen besten Tagen.
Musikalisch klingt das zugegeben ein wenig gestrig, macht aber ungeheuren Spaß. Ian Hunter unterstreicht auf seinem neuen Album mit großer Vitalität, dass er einer der besten noch aktiven Musiker der englischen Classic-Rock-Szene der 70er-Jahre ist.

Madeleine Peyroux: "Secular Hymns"

Das ungewöhnliche Konzertbuchungen auch Folgen haben können, erfährt man zur Veröffentlichung des neuen Albums der amerikanischen Singer/Songschreiberin Madeleine Peyroux, die als Untermalung zum Festessen einer Gesellschaft in die Kirche eines kleinen englischen Dorfes eingeladen wurde.
Peyroux verfiel sogleich der Akustik des alten Gemäuers und beschloss darin, das nun vorliegende Album aufzunehmen.
Passend zum Ort wählte die Sängerin dazu den Titel "Secular Hymns" und suchte zehn inhaltlich adäquate Songs von Kollegen wie Willie Dixon, Tom Waits oder Townes van Zandt, die mit geringem instrumentalem Aufwand, meist halb akustisch interpretiert werden. Wobei sich Peyroux die Freiheit herausnimmt, den Songs eine ganz neue musikalische Deutung zu verpassen und wenn man will, könnte man das Ganze dann als Jazz bezeichnen. Tolle Platte, ohne Abstriche.

Keaton Henson: "Kindly Now"

Mit "Kindly Now" stellt der Londoner Musiker Keaton Henson sein viertes Album vor. Der 28-Jährige präsentiert damit sein emotionalstes Werk - intim, bittersüß und zerbrechlich, voller Poesie über längst verflossene Beziehungen, am Leben und der Liebe zweifelnd.
Bei aller Melancholie gelingt es Henson, von nur wenigen Instrumenten, wie einem Klavier oder einer elektrischen Gitarre begleitet, eine anheimelnde und einnehmende Atmosphäre herzustellen.
Mit seiner vibrierenden, ja manchmal fast brüchigen Stimme, erzeugt er überdies eine Art Mitleid, die man für einen Menschen empfindet, der so schön leiden kann. Dass man dafür in besonderer Stimmung sein muss, versteht sich von selbst. Die anderen werden das Album wohl zu larmoyant und langweilig finden. Mein Urteil liegt irgendwo dazwischen.
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