Alben der Woche

Garbage sind zurück

Shirley Manson steht am 28.05.2016 in München beim Musikfestival "Rockavaria" auf der Bühne.
Shirley Manson, Sängerin von "Garbage", auf dem Münchner Musikfestival "Rockavaria" © picture alliance / dpa
Von Carsten Rochow · 10.06.2016
1995 sorgte die Band Garbage mit ihrem gleichnamigen Album für Aufsehen und verkaufte mehrere Millionen Platten. Jetzt erscheint ihr sechstes Album, mit dem die Band zu ihren Anfängen zurückkehrt. Unsere Alben der Woche.

Garbage: Strange Little Birds (Stunvolume/PIAS)

Zurück zum Urschleim und zum Bauchgefühl. Garbage, die Band um den Super-Produzenten Butch Vig und den Rotschopf mit der betörenden Stimme, Shirley Manson, kehrt zurück zu den Wurzeln ihres fulminanten Debüts, dem Welterfolg und Millionenseller von 1995.
Das Rezept ist, geschliffenen Alternative-Rock aus dem Industrielabor mit modernen elektronischen Texturen und Beats zu kombinieren.
Das neue Album Strange Little Birds macht klanglich erstmal einen frischen, Patina-freien Eindruck. Beim zweiten Song "Empty" wird die gleich Marschroute deutlich: wuchtige Gitarren, ein treibender Rhythmus und Refrain zum Mitsingen. Doch viele Songs auf der Platte wirken altbacken, als wär’ die Zeit stehen geblieben. Garbage würden gern brillieren, schaffen es aber nicht mehr. Wie ein Ex-Fussballstar, der sich auf einer Wiese beim Kicken von 15-jährigen hoffnungslos austanzen lässt. Da wird der Ruhepol "If I Lost You" zu einem Highlight der Platte - fast ohne Gitarre.
Garbage legen es auf einen Vergleich mit dem Hit-Debüt an und scheitern. Denn Strange Little Birds hat zwar einige Hinhörer, aber Hits wie damals werden das nicht.

Dani Siciliano - Dani Siciliano (Circus Company/Rough Trade)

Zehn Jahre sind seit Dani Sicilianos letztem Solo-Album vergangen. Beim Neuen steht kein Titel drauf, sondern nur ihr Name. Das ist als Zeichen zu deuten: Es ist das erste Album, das sie ohne die Unterstützung von Matthew Herbert aufgenommen hat. Der ist noch immer eine der spannendsten Figuren der aktuellen elektronischen Musik, aber mittlerweile ihr Ex-Ehemann.
Das neue selbstbetitelte Album von Dani Siciliano ist ebenso ungewöhnlich wie unterhaltsam. Die Musikerin aus Arizona verfremdet kunstvoll Soul, Pop und Elektronik, bleibt dabei aber unheimlich catchy. Die Stücke sind effektvoll arrangiert. Mit Samples, verwunschenen Loops und Synthesizern setzt sie gezielt Akzente. Ihre Stimme weiß sie zu variieren - und manipuliert sie gern auch mit elektronischen Hilfsmitteln.
Trotz großer Experimentierfreude verliert Dani Siciliano nie den Song aus den Augen. Durch überraschende Wendungen verlängert sie kontinuierlich unsere Aufmerksamkeitsspanne. Denn danach verlangt ihr drittes Solo-Werk. Und wir folgen ihr gern.

Colvin & Earle - Colvin & Earle (Concord Music Group/Universal)

Es sind zwei schillernde Namen im US-Amerikanischen Country und Folk: Shawn Colvin und Steve Earle. Die mehrfachen Grammy-Gewinner sind jetzt zum ersten Mal gemeinsam auf Albumlänge zu hören.
Colvin & Earle, so heißt dann auch das Debüt dieser ungleichen Songwriting-Veteranen, deren Wege sich schon vor drei Jahrzehnten zum ersten Mal kreuzten. Shawn Colvin ist für ihre Akribie bekannt, während Steve Earle eher der launenhafte Typ ist - sieben Mal verheiratet, darunter zweimal mit derselben Frau, sagt doch schon alles.
Deswegen wird es auch keinen Schönheitspreis für den Harmoniegesang geben. Aber da steckt soviel Herz und Seele in der Platte, dass man Earles ab und zu nachlässige Intonation durchgehen lässt. Hier entsteht auch ein Spannungsfeld, das durch die hervorragend musizierende Band zusammen gehalten wird.
"Ruby Tuesday" und "Tobacco Road" sind zwei von vier Coverversionen auf Colvin & Earle – ein Album, das einen weiteren Höhepunkt in der Karriere beider Musiker markiert.
Mehr zum Thema