Abwehrkampf der weißen Bevölkerung

Kommt mit Präsident Trump der musikalische Whitelash?

Donald Trump bei einer Veranstaltung in Mobile, Alabama.
Donald Trump hat wenig Fans unter den amerikanischen Künstlern. Ihn muss das aber nicht stören. © picture alliance / Dan Anderson/EPA/dpa
Von Klaus Walter · 05.01.2017
Bei der Amtsantrittsfeier des scheidenden US-Präsidenten Obama sangen Beyoncé, Aretha Franklin und James Taylor. Der prominenteste Name bei Trump ist bislang Jackie Evancho, die 16-jährige Zweitplatzierte einer Castingshow. Droht nun der Whitelash des weißen Amerika - auch musikalisch?
Silvester hat Donald Trump mit Sylvester verbracht. Sylvester Stallone war zur Feier des neuen Jahres zu Gast beim künftigen Präsidenten. Die beiden Männer haben einiges gemeinsam: Als Rocky Balboa war Stallone der stärkste Mann der Welt, als Präsident der USA wird Trump demnächst der mächtigste Mann der Welt. Beide sind 70 Jahre alt, beide haben einen europäischen Migrationshintergrund: Stallones Vater stammt aus Italien, die Familie Trump kommt aus Schottland und Rheinland-Pfalz. Angeblich ist Stallone für einen Posten in der staatlichen Kulturförderung im Gespräch. Das entspricht der politischen Linie des Donald Trump: der weiße Milliardär mit viel Lebenserfahrung umgibt sich gern mit Seinesgleichen.
Viel Geld, weiße Haut und weiße Haare – das trifft auch auf die Beach Boys zu. Die Ü-70-Boys vom Strand überlegen derzeit, ob sie bei der Inauguration von Donald Trump auftreten sollen. Allerdings handelt es sich bei diesen Beach Boys nicht um die Beach Boys der Gebrüder Wilson. Zwei von denen sind schon tot und Brian Wilson, das musikalische Genie der Beach Boys, hat die Rechte am Bandnamen an Mike Love abtreten müssen. Das Rolling Stone Magazin charakterisiert den strammrechten Republikaner Love so:
"Mike Love hat seit Jahrzehnten einen Ruf als eines der größten Arschlöcher in der Geschichte des Rock'n'Roll."

Schulterschluss der Obamas mit der Pop-Kultur

Donald Trump, der weiße Milliardär mit viel Lebenserfahrung umgibt sich also gern mit Seinesgleichen. Und er umgibt sich gerne mit blonden Frauen mit nicht ganz so viel Lebenserfahrung. Jackie Evancho zum Beispiel.
Jackie Evancho bei der Probe für ihren Auftritt beim jährlichen Konzert "A Capital Fourth" in Washington im Sommer 2016
Jackie Evancho bei der Probe für ihren Auftritt beim jährlichen Konzert "A Capital Fourth" in Washington im Sommer 2016© imago / UPI Photo
Jackie Evancho, sechzehn Jahre, blonde Haare und 2010 Zweitplatzierte der Castingshow "America's Got Talent". Damit ist Jackie Evancho der prominenteste Name auf der Gästeliste von Donald Trumps Amtsantrittsfeier. Aus der ersten Entertainment-Liga hat sich der künftige Präsident schon einige Absagen geholt: Elton John zum Beispiel, Celine Dion und die Gruppe Kiss. Zum Vergleich: Bei Barack Obama waren Beyoncé, Aretha Franklin und James Taylor aufgetreten. Und wenn's drauf ankam, hat der scheidende Präsident auch mal selbst gesungen.
Wie kein Präsidentenpaar seit den Kennedys schafften die Obamas den Schulterschluss mit der Pop-Kultur. Afroamerikanische Künstler wie Kendrick Lamar, Nicky Minaj oder Janelle Monae gehen ein und aus im Weißen Haus, Barack und Michelle Obama treten selbst auf wie Popstars.
"Durch Obamas Präsidentschaft wurde sehr viel Hass wiedererweckt. Die schiere Intelligenz, die rhetorische Souveränität ist für viele Weiße nicht zu ertragen",
sagt der britische Schriftsteller Martin Amis im Sommer 2016. Viele von diesen Weißen haben Donald Trump gewählt. Die schiere Intelligenz und die rhetorische Souveränität der Obamas, die ja auch ein attraktives Paar darstellen, diese Überlegenheit provoziert umso mehr Hass, je deutlicher wird, dass sie im Namen einer Political Correctness performt wird. Die Obamas seien die politisch korrekte und moralisch integre Neuerfindung der bürgerlichen Familie, schrieb "Der Spiegel". Und dabei strahlen sie wie richtige Popstars, so dass ihnen mit der gängigen Anti-P.-C.-Rhetorik nicht beizukommen ist: Nein, diese Obamas sind keine Spaßbremsen, keine Spielverderber, sie sind nicht lustfeindlich.

Hass bei denen, die sich zu kurz gekommen fühlen

Das offensichtlich Gelungene an ihrem politisch korrekten Pop-Universalismus provoziert um so mehr Hass bei denen, die sich zu kurz gekommen fühlen. Je eleganter die Obamas im Weißen Haus auftreten, desto mehr setzen sie sich dem Verdacht des Elitären aus. Und machen sich zur Zielscheibe von Donald Trump.
"Fuck Donald Trump" fordert der Rapper YG, über 14 Millionen Klicks gab es für das Video. Dem kommenden Präsidenten dürfte das egal sein, er wird sie zurückficken – um im Bild zu bleiben. Trump wird den sogenannten Whitelash durchziehen, den Rückschlag der namenlosen Weißen, denen ein glamouröses schwarzes Paar im Weißen Haus ein Dorn im Auge ist. Oder auf gut amerikanisch: a pain in the ass.
Für seinen Whitelash ist Trump nicht angewiesen auf die Pop-Eliten von Celine Dion bis Elton John. Seine Welt ist die der Casting Shows und des Reality TV, da hat er gelernt die Medien zu bedienen. Das ist das Opium für ein Volk, das von den Bessergestellten gerne mal diffamiert wird als White Trash. Ab dem 20. Januar dann auf allen Kanälen: der Whitelash des White Trash.
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