Zwischen Hostienbäckerei und Gästeservice

Von Rocco Thiede · 21.07.2012
Überall in Deutschland müssen Klöster schließen. Häufig fehlt der Nachwuchs oder das Geld. Klöster sind finanziell unabhängig. Sie bekommen keine Kirchensteuer, sondern müssen selber wirtschaften. Brauereien, Buchverlage, Krankenhäuser sind typische Wirtschaftszweige - aber ein Kloster ist auch kein normales Unternehmen.
Das Kloster Alexanderdorf am Mellensee in Brandenburg ist das östlichste Benediktinerinnen Kloster in Deutschland. Derzeit leben hier 28 Schwestern. Finanziell ist es unabhängig. Das Kloster und sein Grund und Boden gehören dem Orden.
Jahrhundertelang lebten die Klöster von ihren Besitztümern. Sie hatten Wälder und Felder. Deren Bewirtschaftung war Grundlage ihrer Existenz. Das hat sich gewaltig verändert. Heute leben viele Konvente überwiegend vom Ertrag ihrer Arbeit. Äbtissin Ursula Schwalke erklärt dazu:

"Es hat sich im Laufe der Geschichte unseres Klosters, wir sind ja hier seit 1934, auch viel verändert durch die wechselnden Personen. Die älteren Schwestern, also die Gründungsschwestern waren noch viel mit Landwirtschaft beschäftigt, dann hatten wir einmal einen Kindergarten gehabt, dann hat sich die Landwirtschaft nicht mehr rentiert und es ist mehr auf die Gästearbeit übergegangen. Dann kamen junge Schwestern, die auch von der Landwirtschaft nicht mehr Erfahrungen hatten und andere Möglichkeiten und Fähigkeiten mitbrachten, zum Beispiel künstlerische Fähigkeiten, so dass wir unsere Arbeitsgebiete verlagert haben und unsere Aktivitäten sich mehr auf die Öffnung für die Gäste verändert hat."

Und Schwester Benedikta, die zukünftige Cellerarin, also Verwaltungsleiterin, des Klosters ergänzt:

"Landwirtschaft ist bei uns mittlerweile so reduziert, das wir mittlerweile nur noch im Garten, für den Eigenbedarf einiges anbauen. Viel für den Blumenschmuck in der Kirche, also da kommt schon einiges zusammen."

Im Laufe der Jahre wurde der Gästebereich zu einem wichtigen Einkommenszweig des Klosters. Mittlerweile zählt das Kloster Alexanderdorf etwa 4000 Übernachtungen pro Jahr.

"Das sind eben die großen Standbeine: zum einen der Gästebereich, dann die Hostienbäckerei, die Paramentik und in geringem Umfang auch diese Ikonenmalerei, die wir haben."

Die Hostien aus der eigenen Bäckerei sind seit vielen Jahren ein fester Erwerbszweig des Klosters Alexanderdorf. Schwester Theresia erklärt die Herstellung:

"Da kommen die Platten hier in so einen Kasten, damit ich sie festhalten kann und nicht die Finger dazwischen habe. Und über Nacht haben sie etwas Feuchtigkeit aufgenommen damit sie beim Bohren nicht so spröde sind und splittern."

Aus den rechteckigen Platten bohrt Schwester Theresia mit einer Schablone dann ca. 2000 kleine runde Hostien. Anschließend werden Sie von der Nonne und einer Angestellten geordnet.

"Das ist meine Hauptarbeit eigentlich hier - außer dem Beten."

Schwester Theresia sortiert die Hostien. Worauf achtet sie dabei?

"Ob eine nicht würdig genug ist (lacht). Also die müssen schon ganz schön sein und sollen keinen Fehler haben."

Aber auch in diesem Wirtschaftsbereich nimmt die Nachfrage nach den klösterlichen Produkten ab.

"Es ist etwas zurückgegangen im Großen und Ganzen sind wir noch ganz zufrieden. Aber es ist schon zu merken in den letzten Jahren - auch durch die Zusammenlegung der Gemeinden."

Die Novizin Paula ist seit eineinhalb Jahren im Kloster und wächst gerade in das Leben der Nonnen hinein. Jeden Vormittag geht sie in die Näherei und Stickerei. Zusammen mit der erfahrenen Ordenschwester Scholastika arbeitet Paula in der sogenannten Paramentik, einem weiteren Wirtschaftsbereich des Klosters Alexanderdorf.

"Also hier werden die liturgischen Gewänder hergestellt, die im Gottesdienst genutzt werden. Ich arbeite jetzt gerade an einer Segensstola für einen Priester."

Und Schwester Scholastika ergänzt:

"Also Taufkleider, auch Stolen verschiedenster Art. Unser Projekt ist zurzeit wir unterstützen die Militärseelsorge in Berlin, dann gehen verschiedenste Priester immer in den Einsatz ... da fertigen wir Militärmessgewänder an und da bin ich gerade dabei, welche zu schneidern."

"Ein nicht unbedeutender Anteil macht auch die finanzielle Unterstützung durch Spenden und den Förderverein vor allem oder auch durch Erbschaften aus. ...Dass wir nicht nur durch eigenes Wirtschaften, das was wir benötigen uns erwirtschaften können, sondern von vornherein darauf angewiesen sind Unterstützung zu bekommen."

Ora et Labora - beten und arbeiten ist das Grundmotto benediktinischen Lebens. Doch: Ein Kloster ist kein "normales Unternehmen", obwohl es - wie jeder andere Betrieb auch - gut wirtschaften muss. Was bedeutet das im Zeichen der weltweiten Finanz- und Eurokrise? Dazu erklärt Äbtissin Ursula Schwalke:

"Für uns spielt die Wirtschaft eine wichtige aber dennoch untergeordnete Rolle. Für uns ist das Fundament, das wir alle, jede Schwester durch Gott berufen sind in dieses Leben und in diese Gemeinschaft hinein. Und um dieses Leben zu führen, das geprägt ist und sehr strukturiert ist vom Gebet und vom Gemeinschaftsleben und der Aufnahme der Gäste, braucht es natürlich eine wirtschaftliche Grundlage. Aber die steht immer im Dienst dieser Berufung und dieser Sendung."