Zwei Uraufführungen in der Lausitz

Blechtrias

Die Solisten der Uraufführung „Triple Concerto" von Mike Svoboda (v.l.n.r.): Tom Poulson (Trompete), Sebastiaan Kemner (Posaune) und Rubén Durá de Lamo (Tuba)
Die Solisten der Uraufführung des „Triple Concerto" von Mike Svoboda: Rubén Durá de Lamo, Tuba, Sebastiaan Kemner, Posaune, und Tom Poulson, Trompete © Marlies Kross/Staatstheater Cottbus
30.04.2015
Seit vielen Jahren gibt es beinahe monatlich ein neues Orchesterwerk in Cottbus. GMD Evan Christ sorgt mit seinem Orchester immer wieder für Überraschungen. An diesem Abend gibt es gleich zweimal neue Musik - ein Tripelkonzert für Blechbläser und Orchester von Mike Svoboda und ein Orchesterwerk namens Wechselströme von Vassos Nicolaou.
Dieses Jahr ist er einer der großen Jubilare - der Däne Carl Nielsen. Über Jahrzehnte hat er das Muskleben seines Heimatlandes dominiert. Heutzutage gilt er als einer der großen Klassiker der Musik des frühen 20. Jahrhunderts und kann nicht nur mühelos zwischen Jean Sibelius und Wilhelm Stenhammar bestehen, sondern auch unter den anderen - hierzulande allzuoft gespielten - Mittel- und Osteuropäern seiner Epoche.
In diesem Konzert feiern die Cottbusser Musikerinnen und Musiker Carl Nielsen mit der Ouvertüre zu seiner bedeutendsten Oper "Maskerade" (einer Art dänischer Nationaloper) und mit seiner zweiten Sinfonie, die den vielsagenden Titel "Die vier Temperamente" trägt und tatsächlich vier Sätze hat, die sich entsprechend der antiken Charakterlehre von den Cholerikern, Phlegmatikern, Melancholikern und den Sanguinikern hören lassen.
Die beiden Uraufführungen des Abends könnten exquisiter nicht sein. Der zypriotische Komponist Vassos Nicolaou schreibt momentan gleich zwei Orchesterstücke für das Cottbusser Orchester. Das erste ist fertig, trägt den geheimnisvollen Titel "Wechselströme" und erblickt an diesem Abend das Licht der Musikwelt. Der Posaunist und Komponist Mike Svoboda (ursprünglich ein Landsmann von GMD Evan Christ) hat für den internationalen Aeolus-Bläserwettbewerb in Düsseldorf ein besonderes Tripelkonzert verfasst - ein junges Trio, das den Wettbewerb im Jahr 2013 gewonnen hat, aus dem Trompeter Tom Poulson, dem Posaunisten Sebastiaan Kemner und dem Tubisten Rubén Durá de Lamo wird es in Cottbus erstmals spielen.
Zu seinem Werk schreibt Mike Svoboda: "Das Triple Concerto entstand in einer Zeit, in der ich vermehrt die Positionierung meiner kompositorischen Einfälle im Kontinuum zwischen Chaos und Simplizität hinterfragte. Zwischen diesen beiden Polen findet man ja auch die beliebte „Komplexität" – ein weites Feld. Allerdings scheint die Arbeit mit jenem Kontinuum eng mit einer Art Instinkt verbunden zu sein; einem Konzentrat aus all den Erfahrungen, dem Wissen und den Gedanken, die aus meiner Arbeit als Musiker resultieren. Das Komponieren erscheint mir vor diesem Hintergrund oft als eine Art Improvisation nach eigenen Regeln in einer von mir vorgegebenen Form. So viel zum Entstehungs-Biotop dieses Werkes. Das Triple Concerto ist ein Vehikel für die Solisten, ihrer Musikalität Raum zu geben. Das „Innenleben" eines Blechbläsers kenne ich als aktiver Spieler, und gerade deshalb war es für mich eine besondere Herausforderung, eine Musik zu finden, die nicht flüchtet in die „brave new world" der Luftgeräusche & Co. und die auch nicht der letzten Blechbläserblütezeit vor 100 Jahren mit ihren endlosen Tonleitern und Akkordbrechungen verhaftet ist. Jeder der Solisten hat seinen Moment im Licht der Scheinwerfer in Begleitung der beiden Schlagzeuger, und jedes Solo ist einem wichtigen Vertreter des Blechbläserzunft gewidmet: dem Jazz-Trompeter Maynard Ferguson (1928-2006), ohne dessen Inspiration ich wahrscheinlich kein Musiker geworden wäre, dem Posaunisten und Komponisten Vinko Globokar (*1934), ohne dessen Vorarbeit ich womöglich keine Kariere gemacht hätte, und dem Tubisten und Pädagogen Arnold Jacobs (1915-1998), ohne dessen Lehre ich heute womöglich nicht mehr spielen könnte."
Der in Los Angeles geborene und in Las Vegas aufgewachsene Dirigent Evan Christ studierte zunächst Mathematik und Komposition an der Harvard University. Sein Dirigierstudium absolvierte er an der Hochschule für Musik und Theater Leipzig und studierte privat bei Christoph Eschenbach.
Von 2003 bis 2005 war er Erster Kapellmeister und Stellvertretender Generalmusikdirektor des Mainfranken Theaters Würzburg, von 2005 bis 2008 Erster Kapellmeister der Wuppertaler Bühnen sowie 2005/06 kommissarischer Generalmusikdirektor des Mainfranken Theaters Würzburg. Seit August 2008 ist Evan Christ Generalmusikdirektor am Staatstheater Cottbus und somit einer der jüngsten Generalmusikdirektoren Deutschlands.
Im Jahr 2004 gewann der Dirigent den Theaterpreis in Würzburg. Für seine Aufführung von Strawinskys „Feuervogel" mit dem Deutschen Symphonie Orchester wurde er im Rahmen des Deutschen Dirigentenpreises 2006 unter dem Vorsitz von Sir Roger Norrington mit einem Sonderpreis ausgezeichnet.
Das Philharmonische Orchester des Staatstheaters Cottbus wurde unter seiner Leitung im März 2011 für seine innovative Programmgestaltung vom Deutschen Musikverlegerverband mit dem Preis „Bestes Konzertprogramm der Saison 2010/11" ausgezeichnet.
Staatstheater Cottbus
Aufzeichnung vom 17. April 2015
Carl Nielsen
Ouvertüre zur Oper "Maskerade"
Mike Svoboda
Triple Concerto für Trompete, Posaune, Tuba und Orchester (Uraufführung)
Vassos Nicolaou
"Wechselströme" (Uraufführung)
Carl Nielsen
Sinfonie Nr. 2 op. 16 "Die vier Temperamente"
Tom Poulson, Trompete
Sebastiaan Kemner, Posaune
Rubén Durá de Lamo, Tuba
Philharmonisches Orchester des Staatstheaters Cottbus
Leitung: Evan Christ