Zwangssterilisierungen in Peru

Fujimoris grausame Familienpolitik

Opfer der Zwangssterilisierungen in Peru bei einem Treffen
Opfer der Zwangssterilisierungen in Peru bei einem Treffen © dpa / picture-alliance / Ernesto Arias
Von Anne Herrberg · 04.04.2016
Rund 350.000 Frauen und 25.000 Männer wurden zwischen 1996 und 2001 in Peru zwangssterilisiert - oft ohne Narkose. Für den damaligen Präsidenten Alberto Fujimori war dies "Familienplanung" und "Armutsbekämpfung". Trotz Beweisen warten die Opfer bis heute auf Gerechtigkeit.
"Mein Name ist Rute Zúñiga Caceres, ich bin Präsidentin der Organisation der zwangssterilisierten Frauen aus der Region Cusco. Wir kämpfen seit über 18 Jahren. Weil sie mich als junges Mädchen sterilisiert haben, ohne zu fragen, ohne Narkose, ohne Nachbehandlung. Wie meine Schwestern in der Zeit, als Fujimori Präsident war. Wir sind mehr als 300.000 Frauen aus ganz Peru die oft nur Quechua sprechen, arm sind, weder lesen noch schreiben können, für uns kämpfe ich."
Dieser Kampf wurde im Dezember mit dem peruanischen Menschenrechtspreis 2015 ausgezeichnet. Viele im hochkarätig besetzten Festsaal kämpften damals mit den Tränen. Die Frauen auf der Bühne kämpfen bis heute für Gerechtigkeit und Entschädigung.
Das, was sich zwischen 1996 und 2001 in Perus Gesundheitszentren abspielte, bezeichnet Amnestie International als eines der schlimmsten Menschenrechtsverbrechen Amerikas.
Der damalige Präsident Alberto Fujimori nannte es: Familienplanung. Beziehungsweise Instrument der Armutsbekämpfung. Und in Zeiten der Warnung des "Club of Rome" vor einer "Bevölkerungsexplosion" gab es dafür anfangs internationale Gelder.

Grausame Kontrolle über die Gebärmütter der Armen

Schätzungsweise 350.000 Frauen aber auch 25.000 Männer wurden so unfruchtbar gemacht – es gab keine Informationen, oft keine Narkose und keine Nachbehandlungen. Maria Irene Huanca, im dritten Monat schwanger, erlitt eine Fehlgeburt:
"Erst nach drei Jahren konnte ich wieder richtig gehen, ich bin Monate wie ein Tier auf dem Boden gekrabbelt, ich kann nicht mehr auf dem Feld arbeiten, für meinen Mann war ich nichts mehr wert, wir sind getrennt."
Eine grausame Kontrolle über die Gebärmütter der Armen. Sie hatte System. Die Befehlskette ging vom Präsidentenpalast in den OP-Saal, es gab Quoten und Belohnungen für Ärzte, dafür existieren Beweise.
Trotzdem verliefen alle bisherigen Anläufe, Fujimori juristisch zu belangen, im Sand. Auch unter der Noch-Regierung von Ollanta Humala, der mit dem Thema 2011 erfolgreich Wahlkampf gegen die Tochter Keiko gemacht hatte.

"Die Täter bestrafen. Die Frauen gesundheitlich versorgen"

Die hat nun dazu gelernt und erklärte im Oktober 2015 auf einer Konferenz in der US-Elite-Universität Harvard:
"Ich verurteile die Ärzte und fühle mit all jenen Frauen, die einer Zwangssterilisierung unterzogen wurden."
30 Frauen, seien das gewesen, erläuterte Keiko dann zurück in Peru. Was für ein Hohn, sagt im Namen Hunderttausender Frauen die Kongreßabgeordnete Hilaria Supa Huaman, die seit 1997 anonyme Drohungen erhält, weil sie den Kampf der Frauen unterstützt.
"Das, was sie den Frauen angetan haben lässt sich nicht wieder gut machen. Aber wir wollen nicht, dass diese Verbrechen unbestraft bleiben, wir wollen, dass die Frauen vom Staat angemessen gesundheitlich versorgt werden. Doch was wird aus unserem Kampf, wenn Keiko Präsidentin werden sollte. Die Fujimoristen sind stark. Es sind dieselben, die damals gesagt haben: wir bekämpfen die Armut, wir bringen Entwicklung. Für diese Frauen haben sie das Gegenteil gebracht."
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