Zur Merkel-Kritik von Walter Kohl

"Man schaut in einen fürchterlichen Abgrund"

Der Unternehmer und Coach Walter Kohl ist der älteste Sohn von Altkanzler Helmut Kohl.
Der Unternehmer und Coach Walter Kohl ist der älteste Sohn von Altkanzler Helmut Kohl. © dpa/picture-alliance/Inga Kjer
Stephan Detjen im Gespräch mit Hans-Joachim Wiese und Liane von Billerbeck · 23.02.2017
Walter Kohl beschuldigt die Kanzlerin Angela Merkel, Anteil am Tod seiner Mutter zu haben. Der älteste Sohn von Hannelore und Helmut Kohl kritisiert Merkels Umgang mit der CDU-Parteispendenaffäre. Unser Kollege Stephan Detjen sieht die Aussagen als Ausdruck zerrütteter Familienverhältnisse.
Im "Zeit"-Magazin hat Walter Kohl, der heute unter anderem als Coach tätig ist, die Bundeskanzlerin scharf kritisiert. Er bezieht sich vor allem auf einen Gastbeitrag, den Merkel 1999 in der "FAZ" geschrieben hatte. Die damalige Generalsekretärin der CDU distanzierte sich darin deutlich vom Altkanzler Helmut Kohl. Sie forderte ihn damals auf, die Herkunft der illegalen Parteispenden offenzulegen, und appellierte an die eigene Partei, sich von Kohl zu emanzipieren. "Als Politikprofi wusste Frau Merkel, dass sie eine Lawine lostritt, die unsere Mutter und unsere Familie schwer beschädigen würde", sagt nun Walter Kohl im "Zeit"-Magazin. Kohl ergänzt, Merkel habe "einen nicht unerheblichen Anteil am Tod meiner Mutter".
Stephan Detjen, Leiter des Deutschlandradio-Hauptstadtstudios in Berlin, sieht die Aussagen von Walter Kohl als Ausdruck zerrütteter Familienverhältnisse: "Man schaut in einen fürchterlichen Abgrund und es ist ein familiäres Drama, das sich da vor einem aufblättert." Der Gesprächsfaden des ältesten Sohns zu seinem Vater Helmut sei zum Beispiel völlig abgerissen.

Kein Einfluss auf den Wahlkampf

Der tragische Zustand der Familie Kohl überlagere mögliche politische Zusammenhänge, wie zum Beispiel das angebliche Fehlverhalten von Angela Merkel im Umgang mit der CDU-Spendenaffäre. Detjen rät zur Vorsicht im Umgang mit dem Vorwurf, die Kanzlerin habe Anteil am Suizid von Hannelore Kohl. Zu offenkundig sei die Verwundung, unter der Walter Kohl leide. In den vergangenen Jahren habe Merkel sich sichtbar darum bemüht, Helmut Kohls politisches Erbe positiv zu beleuchten:
"Angela Merkels Verhältnis zu Helmut Kohl konnte man zum Teil öffentlich wahrnehmen. Sie ist mit ihm aufgetreten, hat ihn gewürdigt - bei Geburtstagsfeiern und öffentlichen Feiern. Sie hat persönlich Wert daraufgelegt, Helmut Kohls Erbe für die CDU in einem positiven Licht darzustellen."
Detjen geht davon aus, dass Walter Kohls Kritik an Merkels moralischer Haltung folgenlos bleiben wird. Die Öffentlichkeit wisse, wie verletzt er sei und dass dies auch eine Rolle bei dem Interview mit dem "Zeit"-Magazin gespielt habe. Deshalb würden seine Vorwürfe keinen Einfluss auf den kommenden Bundestagswahlkampf haben.
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