Zu viele Gräten für den Verbraucher

Fischer entsorgen gefangene Fische

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Aale, Barsche und Weißfische liegen am Wendebachstausee bei Niedernjesa in Niedersachsen in einem Eimer, der aus dem Einlaufbauwerk gezogen wird. © picture alliance / dpa / Swen Pförtner
Von Vanja Budde · 09.10.2015
Weißfische wie Bleie und Güster schmecken zwar gut, haben aber viele Gräten. Für sie gibt es heute keine Nachfrage mehr. Die Verbraucher wollen Filet - etwa vom Zander. Die gefangenen Weißfische werden kostspielig in Biogasanlagen entsorgt.
Reinhard Köllnick macht am kleinen Hafen von Kolberg sein Boot klar und fährt auf den Langen See hinaus. Der 62 Jahre alte Fischereimeister stellt der Beute mit Netzen nach und hat zudem 64 Reusen in seinem Revier ausgelegt. Die ganze Familie hilft mit bei Fang und Vermarktung von Aal, Zander und Co:
"Wir haben mit Weißfisch und so weiter 40, 45 Tonnen, die wir an Fisch anlanden. In den jetzigen Jahren. Früher ist das natürlich wesentlich mehr gewesen, da dort die Verwertung dieser Fischarten ganz anders dargestellt war. Heutzutage ist es so, dass man den Weißfisch zum größten Teil in die Entsorgung gibt, da eine Weiterverarbeitung schlecht von den Mitmenschen angenommen wird."
Denn Weißfische wie Bleie und Güster sind zwar auch wohl schmeckende Speisefische, haben anders, als der sogenannte Feinfisch Zander, aber viele Gräten, erklärt Köllnick, während er das Boot langsam auf eine Reuse zusteuert.
"Die normale Bevölkerung, die wollen Filet haben. Da darf keine Gräte drin sein. Und am besten soll es schon gleich gebraten sein, und alles so was. Wenn man zurückdenkt: Noch vor 40, 50 Jahre, da sind die Hausfrauen gekommen, die haben sich Plötzen, Bleie, Barsche geholt. Die haben sie geputzt und selber gebraten und zubereitet. Ist heutzutage nicht mehr."
Von den 45 Tonnen, die er insgesamt im Jahr fängt, sind 35 Tonnen besagte Weißfische. Die müssen in der Biogasanlage entsorgt werden, was den Familienbetrieb 50.000 bis 60 000 Euro im Jahr koste, sagt Köllnick. Für Weißfische gibt es aber nur 30 Cent pro Kilo aus der Fischereiabgabe. Also bleiben die Fischer auf einem Großteil der Entsorgungskosten sitzen. Reinhard Köllnick zieht jetzt die zehn Meter lange, 7.000 Euro teure Reuse an die Oberfläche. Darin zappeln ein kleiner Zander und ein paar Plötzen.
Biogas statt Fischsuppe
Im Caputher See, südwestlich von Potsdam, trübt eine andere Fischart das Wasser: der Silber- und Marmorkarpfen. Der bis zu einem Meter große Fisch kommt ursprünglich in den Flüssen Asiens vor:
"Die ernähren sich nicht wie andere Fischarten am Boden oder von Pflanzen oder von größeren Tieren im Wasser, sondern die filtrieren durchs Wasser durch das ganze Plankton. Und bringen dadurch, dass sie vor allen Dingen die großen Planktonpartikel durchfiltrieren, also Zooplankton, Wasserflöhe und Co, das ganze Plankton in so einem See auch in ein Ungleichgewicht. Und übrig bleiben kleine, fädige Blaualgen."
Frank Plücken ist der Vorsitzende des Vereins Caputher See, der sich die Verbesserung der Wasserqualität auf die Fahnen geschrieben hat. Dafür fischen die Seefreunde mühevoll die Karpfen ab, die sie zuvor per Echolot in dem 50 Hektar großen Gewässer geortet haben. 250 sind ihnen schon ins Netz gegangen, etwa 1.000 schwimmen aber noch drin. Die fetten, tranig schmeckenden Schuppentiere wollten schon die DDR-Bürger nicht essen. Plücken ist stolz darauf, eine andere Lösung als die Entsorgung gefunden zu haben:
"Ein Fischereibetrieb, mit dem wir zusammenarbeiten, der nutzt die Fische dann auch und verarbeitet die zum Beispiel auch zu Bouletten. Man muss schon ein bisschen was anstellen mit dem Filet, damit das so unseren Geschmacksempfindungen entspricht. Boulette ist natürlich ein probates Mittel, da kann man dann entsprechend würzen."
Auch Fischer Köllnick auf dem Langen See hat ab und zu mit den Marmor- und Silberkarpfen zu tun, die er dann zu seinem Bedauern entsorgen muss. Das war früher anders.
"Als wir noch die russischen Einheiten hier hatten, also noch vor 1990, hatten wir da mit diesem Absatz gar kein Problem gehabt, auch nicht mit dem Absatz der Weißfische. Die sind gekommen und haben daraus Trockenfisch gemacht oder die großen Silber-, Marmorkarpfen zu Fischsuppe geholt und so weiter."
Biogas statt Fischsuppe: So ändern sich die Zeiten und die Verbrauchergewohnheiten. Fischstäbchen und Gefrierfilets nennt Köllnick übrigens Panzerplatten. Mit Fisch habe das nicht mehr viel zu tun.
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