Zivilschutz

"Im Katastrophenfall nicht gut aufgestellt"

Lebensmittel liegen am 29.03.2016 in einem Lebensmittelmarkt in Gadebusch (Mecklenburg-Vorpommern) in einem Einkaufswagen.
Das Zivilschutzkonzept der Bundesregierung sieht auch vor, dass sich Haushalte bevorraten. © dpa / Jens Büttner
Christoph Gusy im Gespräch mit Andre Hatting · 22.08.2016
Erst am Mittwoch will die Bundesregierung ein neues Konzept für den Zivilschutz vorstellen, doch die Diskussion darüber ist bereits entbrannt. Der Rechtswissenschaftler Christoph Gusy warnt vor unsinnigen Maßnahmen.
"Die Bevölkerung wird angehalten, einen individuellen Vorrat an Lebensmitteln von zehn Tagen vorzuhalten" – so heißt es laut der "Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung" in einer "Konzeption zivile Verteidigung", welche die Bundesregierung am Mittwoch verabschieden und öffentlich vorstellen will.
Wenig überraschend, dass das bereits zu Diskussionen geführt hat. Hier wird dann schnell vermischt, was nach Ansicht des Rechtswissenschaftlers Christoph Gusy nicht zusammengehört. Ein Zusammenhang zwischen Terroranschlägen und Bevorratung mit Lebensmitteln sei "an den Haaren herbeigezogen", kritisierte er im Deutschlandradio Kultur.

Die Sicherheitslage als politisches "Gelegenheitsfenster"

Die Politik stehe derzeit unter Druck, auf neue Herausforderungen wie Terroranschläge zu reagieren, sagte Gusy. Und weil neue, wirksame Konzepte kaum erkennbar seien, liege es nah, eine Strategie zu fahren, die sich in der Sicherheitspolitik häufiger finde:
"Man versucht, die neue Sicherheitslage als Gelegenheitsfenster zu benutzen, um alte Vorschläge zu realisieren."
Tatsächlich müsse über die Situation von Wirtschaft und privaten Haushalten im Falle einer Katastrophe nachgedacht werden, betonte Gusy.
"Aber das unter dem Blickwinkel der Terrorismusbedrohung zu tun ist kontraproduktiv."

Viele alltägliche Fragen sind ungeregelt

Deutschland sei im Katastrophenfall nicht besonders gut aufgestellt, betonte der Experte: Keiner wisse, wie die Telefonnummer laute, unter der man im Fall der Fälle Informationen erhalte. Es gebe auch keine Informationen über die pflegebedürftigen Menschen in der Nachbarschaft, die hilflos seien, wenn kein Pflegedienst mehr durchkomme.
Und selbst alltägliche Fragen wie die Versorgung mit Medikamenten seien ungeregelt, oder die Regelungen seien nicht bekannt, sagte Gusy. Wichtig sei, nicht die Haushalte auf sich selbst zu verweisen, sondern sie und die öffentliche Versorgung mit Energie und Wasser so katastrophensicher wie möglich zu machen.
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