Zeitungen im Netz

"Hochwertiges und Exklusives wird seinen Preis haben"

Matthias Müller von Blumencron
Matthias Müller von Blumencron 2011, damals Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" © dpa / picture alliance / Marcus Brandt
29.09.2014
Die Verlage müssten mit verschiedenen Bezahlmodellen für ihre Online-Angebote experimentieren, sagt Matthias Müller von Blumencron, Digital-Chef der FAZ. "Die magische Formel gibt es nicht", aber sehr viele Ideen.
Derzeit tagt in Berlin der Kongress der deutschen Zeitungsverleger. Kopfzerbrechen bereitet ihnen vor allem, wie sie ihre digitalen Angebote profitabel machen können. Matthias Müller von Blumencron ist Online-Chef der FAZ und war zuvor einer der beiden Chefredakteure des "Spiegel", dort zuständig für die Online-Strategie.
Zur Strategie für faz.net sagte Müller von Blumencron im Gespräch mit Deutschlandradio Kultur:
"Man wird das in Zukunft nicht mehr so trennen können, nicht mehr so auseinanderhalten können, Webseite, digitale Zeitung. Das wird stärker miteinander verflochten werden. Die Webseite, wenn Sie sie aufrufen, wird natürlich kostenlos sein. Sie wird Ihnen auch das Gefühl geben, sich auf eine kostengünstige bzw. auf kostenlose Art und Weise gut informieren zu können. Aber wir werden den Anteil kostenpflichtiger Bestandteile, kostenpflichtiger Artikel auf der Webseite erhöhen. Wirklich Hochwertiges, was mit viel Mühe erarbeitet ist, Exklusives – das wird in Zukunft auf der Webseite auch seinen Preis haben."
Sorgen um die Existenz der Papierausgabe macht sich ehemalige "Spiegel"-Chefredakteur nicht: "Gedruckte Zeitungen werden wir noch lange in der Hand halten, es wird auch noch lange Bücher geben. Es ist nicht so, dass die digitale Revolution jetzt per se das Gedruckte aus dem Markt fegt. Aber natürlich – und das merken wir alle, und die Hörer dieses Programms sowieso – nutzen wir mehr und mehr die digitalen Informationswege, weil sie so unglaublich praktisch sind, man kann jederzeit darauf zugreifen ..."
Zur Krise auf dem Zeitungsmarkt sagte Müller Blumencron: "Unser altes Geschäftsmodell, mit dem die Verlage jahrzehntelang gewirtschaftet haben, das heißt, eine hochwertige Publikation, die gegen Geld verkauft wurde und obendrein durch Anzeigen Einnahmen generiert hat – dieses Geschäftsmodell ist in dieser Form zerbrochen und generiert nicht mehr genug Umsatz. Wir müssen also neue Wege finden, das heißt, wir müssen über Werbefinanzierung im Netz, über Reichweite versuchen, zusätzliche Einnahmen zu generieren. Wir müssen auch über Bezahlangebote im Netz nachdenken, was ja ganz, ganz viele tun. Mehr und mehr experimentieren an dieser Front. Aber ich kann eben nicht einfach das alte Geschäftsmodell, was im Gedruckten nicht mehr funktioniert, jetzt noch mal versuchen, im Digitalen in Gang zu setzen, sondern ich muss auch neue Produkte entwickeln."
Ein interessantes Beispiel liefere aktuell das US-Magazin "Politico" mit einem heute vorgestellten dreistufigen Modell, berichtet Müller Blumencron. Doch die magische Formel gebe es nicht: "Jede Zeitung, jeder Verlag muss heute anfangen, bzw. muss experimentieren, muss alles Mögliche ausprobieren, um neue Umsatzströme zu generieren. Sonst funktioniert es nicht mehr."
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