Zehn Jahre Rheinsteig-Wanderweg

Auf den Steig gekommen!

Wanderer machen am Rheinsteig zwischen Kaub und St.Goarshausen oberhalb des Flusses eine Pause. Der Fernwanderweg Rheinsteig geht über etwa 320 Kilometer von Wiesbaden bis nach Bonn.
Wanderer machen am Rheinsteig zwischen Kaub und St.Goarshausen oberhalb des Flusses eine Pause. © picture alliance / dpa / Frank Kleefeldt
Von Ludger Fittkau · 13.09.2015
Der Fernwanderweg Rheinsteig ist zehn Jahre alt geworden und hat schon mehrere Millionen Menschen ins Mittelrheintal gelockt. Die Touristen kommen vor allem wegen der Aussichtspunkte - hoch oben am Rande des Tales, das sich als schroffer Canyon entpuppt.
Rennsteig, Rothaarsteig, Eifelsteig, Saar-Hunsrücksteig – schlichtes, stetiges Wandern ist längst out, irgendwie muss es heute nach Bergsteigen klingen, wenn Mensch auch in Mittelgebirgen auf Wanderschaft geht. Der Schweiß sollte schon in Strömen semantisch aus dem heraus fließen, was man früher schlicht und unsexy "Wanderwegsmarkierung" genannt hat.
Moselsteig, Albsteig, Kellerwaldsteig, Nibelungensteig – sogar der Harzer Hexen- Stieg – die Zeit der gemütlichen Kneipwanderwege oder Pfälzer Weinrouten sind passé.
Gut, Weinberge durchquert man auch reichlich auf dem Rheinsteig, der nun zehn Jahre alt geworden ist und schon mehrere Millionen Menschen ins Mittelrheintal gelockt hat. Doch díe Reize dieses Erfolgssteiges sind die Aussichtspunkte hoch oben am Rande des romantischen Tales, das sich plötzlich als tief eingeschnittener und schroffer Canyon entpuppt.
Das Tal der Loreley, das man lange Zeit nur durch gemütliche Schiffstouren oder Zugfahrten von unten kannte, hat durch den Rheinsteig über den Loreleyfelsen hinaus eine ganz andere Perspektive bekommen. Der Blick von oben ist an vielen Stellen so atemberaubend, dass es schon Leute geben soll, die sagen: Wir können uns demnächst die Reise zum Grand Canyon oder in die Schluchten der Hochalpen sparen – der Rheinsteig bietet das alles auch – und den erfrischenden Riesling am Abend in Kaub oder Rüdesheim dazu.
Mehr als 30 Prozent zusätzliche Touristen hat der Rheinsteig in der vergangenen Dekade in eine Region gebracht, der es auch bisher wahrlich nicht an Ausflüglern mangelte. Kein Wunder, dass nun jede Fremdenverkehrsdestination auf den Steig kommt:
Seensteig, Soonwaldsteig, Uplandsteig, Urwaldsteig Edersee, Werra-Burgensteig, Westerwaldsteig.
Angestaubte Pensionen
Das Problem des Rheinsteigs ist nicht der spektakuläre Weg selbst, sondern es sind die Gasthäuser unten im Tal, in denen man am Abend verweilen will. Riesling gibt es zwar überall, aber der Komfort vieler Häuer ist leider in den 1960er-Jahren steckengeblieben. Angegilbte Blümchentapeten in vielen Pensionszimmern, manchmal sogar noch Hirschgeweihe in der Gaststube.
Die Rheinsteig-Vermarkter mäkeln schon lange über dieses Manko. Der hippe "Rheinsteiger" braucht wie der frühere Panoramaweg- Flaneur keinen Luxus – aber ein bisschen Modernität weiß er durchaus zu schätzen.
Also: Der Steig ist nicht alles. Das Drum-Herum muss schon stimmen! Damit können die Wander-Destinationen Hoffnung schöpfen, die den Steig-Hype bisher noch nicht mitgemacht haben:
Der Altmühltal-Panoramaweg, der Donau-Berglandweg, der Ederhöhenpfad, der Fränkische Rotwein-Wanderweg. Gerade Franken bietet prima Gasthöfe, habe ich gerade erst ausprobiert.
Doch trotz aller kritischen Begleiterscheinungen: Der wirtschaftliche Erfolg des Rheinsteigs wird weitere Steige nach sich ziehen- da kann man sicher sein! Schon jetzt scheint die einschlägige Liste schier unendlich lang geworden zu sein:
Habichtswaldsteig, Mühlensteig, Natursteig Sieg, Renchtalsteig, Schluchtensteig Schwarzwald, Urdonautalsteig, Vogelsberger Vulkansteig...
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