Yesterday

27.07.2007
Geoff Emerick, langjähriger Toningenieur der Beatles, hat das 40. Erscheinungsjahr des Kultalbums "St. Pepper’s Lonely Hearts Club Band" zum Anlass genommen, um zurückzublicken. In seinem Buch erzählt Emerick, wie er die sechs Jahre intensiver Arbeit mit den Beatles erlebt hat. Ein äußerst unterhaltsam und spannend zu lesender Insiderbericht.
Auch über die Zeit nach den Beatles berichtet Emerick: Über seine Arbeit an den Solowerken der Pilzköpfe und die Assistenz bei anderen Bands der 70er Jahre wie Supertramp, America oder Elvis Costello.

Ein groß gewachsener, schlanker Junge mit tiefer, sonorer Stimme und einem bescheidenen Wesen – so beschrieben die Beatles ihrem Produzenten die Gestalt George Martin Geoff Emericks, als ihr zukünftiger Klangdesigner 1962 das erste Mal die berühmten Abbey Road Studios betrat. Er wollte seine heimische Bastelleidenschaft, die Begeisterung für Musik und Rundfunktechnik zum Beruf machen und hatte sich um eine Ausbildung als Tontechniker bei den Studios beworben. Seine unaufdringliche Art und eine fast religiöse Begeisterung für die Tontechnik ließen ihn schnell aufsteigen. George Martin beförderte den erst 19-jährigen Emerick zum Tonassistenten und von 1965 an war Geoff Emerick maßgeblich an den neuen Sounds auf allen Beatles-Alben bis 1970 beteiligt.

Emerick beschreibt die persönlichen Verhältnisse der Bandmitglieder untereinander, zu ihrem Produzenten George Martin und zu den Plattenbossen. Er gewährt einen intimen Einblick ins Studioleben der 60er Jahre, die hierarchischen Strukturen der Beatles-Plattenfirma EMI und beschreibt spannende Aufnahmesessions, die er auch mit anderen Künstlern der Zeit hatte – so den Hollies, Manfred Mann, aber auch mit Marlene Dietrich oder der Sopranistin Elisabeth Schwarzkopf. Nicht weniger detailreich fallen auch die Beschreibungen der Arbeit an einzelnen Beatles-Songs mit stundenlangen Kleinarbeiten an Sounds und Schnitten aus. Entlang der einzelnen Kapitel kann der Leser die Beatles-Alben parallel mithören, auf diese Weise eine äußerst authentische Zeitreise unternehmen und die Band womöglich noch einmal völlig neu kennen lernen.

Geoff Emerick teilt aber auch aus. Fehlentscheidungen der Band oder von George Martin, der Groll auf seinen Nachfolger als Techniker, den unerfahrenen Chris Thomas oder die Wut auf Ringo Starr, als dieser Anfang der 70er das Apple-Studio in den Ruin fährt. Der Autor nimmt an solchen Stellen kein Blatt vor den Mund, ohne sich dabei egozentrisch in den Mittelpunkt zu stellen.

"Du machst die Beatles: Wie ich den Sound der Band neu erfand" von Geoff Emerick ist ein äußerst unterhaltsam und spannend zu lesender Insiderbericht. Dem Tontechniker der Beatles gelingt ein authentisches Zeitdokument zur Rockgeschichte, in dem er mit einer Fülle von Anekdoten seine Geschichte der Band und ihres Sounds erzählt, ohne mit technischem Firlefanz zu langweiligen oder die eigene Person über Gebühr zu promoten. Das unterscheidet sein Buch von anderen Beatles-Büchern: entweder sie sind von Journalisten verfasst, die nur den Blick von außen haben oder sie sollen, wie im Fall von Paul McCartneys Buch, den Autor selbst in ein besseres Licht rücken.

Emerick aber kommt von innen und kann sich trotzdem zurücknehmen – schon allein das macht die immerhin fast 600 Seiten lesenswert.

Rezensiert von Oliver Schwesig

Geoff Emerick / Howard Massey:
Du machst die Beatles: Wie ich den Sound der Band neu erfand
,
übersetzt von Wolfgang Thon,
Blanvalet München 2007,
570 Seiten, 8,95 €