"Wir behandeln die Mumien wie Patienten"

01.10.2007
Der Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim, Alfried Wieczorek, hat Kritik an der Mumienausstellung zurückgewiesen. In der Schau werde keine Effekthascherei oder Inszenierung betrieben, sagte Wieczorek im Deutschlandradio Kultur.
Im Vordergrund stünden die sachliche Information und das naturwissenschaftliche Erklären. Der Vorwurf des Direktors des Ägyptischen Museums Berlin, Dietrich Wildung, wonach die Mannheimer Ausstellung als "Mumienpornografie" bezeichnet werden könne, sei "abwegig", so Wieczorek. Er kenne seit langem die Meinung Wildungs, dass Mumien generell nicht ausgestellt werden sollten. Der Ägyptologe habe dies aber nie anders als mit emotionalen Argumenten begründet.

"Ich glaube, dass Herr Wildung hier aus einer emotionalen Reaktion heraus ein Stückchen zu weit gegangen ist", sagte der Leiter der Reiss-Engelhorn-Museen in Mannheim. Er erneuerte zugleich die Einladung an Wildung, seine Meinung bei einem für Februar geplanten wissenschaftlichen Kolloquium zu vertreten:

"Dann aber bitte mit den adäquaten Thesen und nicht nur mit einem emotionalen Geraune."

Wieczorek wies zugleich den Vorwurf zurück, die Ausstellung der mumifizierten Leichen verstoße gegen die Totenruhe. Diese sei nicht eindeutig definiert. So seien bei verschiedenen Hochlandkulturen Südamerikas, in Ozeanien aber auch bei den australischen Aboriginies die mumifizierten Ahnen zu bestimmten Anlässen präsentiert worden. Auch in Südeuropa, zum Beispiel in Italien, fänden sich in Kirchen gläserne Sarkophage mit den mumifizierten Leichen bedeutender Persönlichkeiten.

"Wir gehen zu sehr und zu schnell mit einer eher im angelsächsischen, nordeuropäischen Bereich ausgebildeten Meinung mit diesem Thema um. In anderen Kulturen, in anderen Regionen geht man damit anders um." Dies werde in Mannheim jetzt gezeigt.

Sie können das vollständige Interview mit Alfred Wieczorek mindestens bis zum 1.3.2008 in unserem Audio-on-Demand-Angebot hören.
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