"Wintertochter"

Von Hans-Ulrich Pönack · 19.10.2011
Die zwölfjährige Katharina erfährt ausgerechnet am Heiligen Abend, dass ihr Papa gar nicht ihr leiblicher Vater ist. Zusammen mit ihrer verschrobenen Nachbarin macht sie sich auf die Suche nach dem Erzeuger - ein Film mit viel Herz und noch mehr Seele.
Der in Niederbayern geborene 38-jährige Filmemacher Johannes Schmid hat Theater- und Filmwissenschaften, Germanistik und Kunstgeschichte studiert. Ab 1996 drehte er Kurzfilme, inszenierte Bühnenstücke. 2007 wurde auf der Berlinale sein Debütfilm "Blöde Mütze" gelobt, sein zweiter eigener Langfilm ist ein sensibles Road Movie zwischen Generationen.

Sie heißt Katharina, ist 12 Jahre, wird gerne Kattaka genannt (Nina Monka) und erfährt ausgerechnet am Heiligen Abend, dass ihr Papa gar nicht ihr leiblicher Vater ist. Der hat nämlich gerade aus Stettin angerufen. Dort hat Seemann Alexej aus Wladiwostok gerade mit einem Containerschiff angelegt. Kattaka ist wütend, traurig, durcheinander ("Mir wäre eben gerade gar kein Vater lieber als zwei falsche") und setzt durch, dass sie sich mit Nachbarin Lene (Ursula Werner), einer verschrobenen 75-Jährigen mit einem Barkas-Kleinbus, sofort auf den Weg nach Stettin machen darf. Dass sich im Auto auch ihr bester Freund Knäcke (Leon Seidel) versteckt hat, der das "große Abenteuer" wittert, merken sie erst unterwegs. Aus der Tagestour wird schnell eine kleine Odyssee durch Polen. Wobei sich auch "die alte Lene" ihren Dämonen aus der Vergangenheit stellen muss.

"Wintertochter " ist eine Art Gegenfilm: Ohne Lärm, ohne Thesen, ohne Zauberei - aber mit viel Herz und noch mehr Seele. Und mit feiner Musik von Michael Heilrath und Katrin Mickiewicz. Was anfangs bemüht beginnt, entwickelt sich, wird eine Tour mit vielen wundeschönen Impressionen einer Masuren-Winterlandschaft in den Außenansichten (Kamera: Michael Bertl) genauso wie in den Innen-Porträts. Alles letztlich Verdienst des gesamten deutsch-polnischen Schauspielerensembles (mit Promi-Gast Daniel Olbrychski - zuletzt in "Salt" neben Angelina Jolie). Angeführt von einer beeindruckenden, berührenden, alterschönen Ursula Werner ("Wolke 9"),die mit ganz einfacher Körpersprache intensiv überzeugt - kraftvoll und zärtlich, melancholisch und weise. Eine vorzügliche "Reiseleiterin".

Ein kleines, feines, liebevolles Ding von deutschem Road Movie. Sehr beachtlich. Und das diskutable Schulkino hat einen neuen Hit.

Deutschland/ Polen 2011; Regie: Johannes Schmid; Hauptdarsteller: Ursula Werner, Nina Monka, Leon Seidel, Dominik Nowak; 93 Minuten