Willi Baumeister

Ein Meister des Abstrakten

Von Carmela Thiele · 22.01.2014
Der Name Willi Baumeister ist eng mit der Malerei der Nachkriegszeit verbunden. Er gilt als profiliertester Vertreter der Abstraktion. Während der Nazi-Zeit legte er die theoretischen Grundlagen seiner Malerei in "Das Unbekannte in der Kunst" auch schriftlich fest. Vor 125 Jahren wurde er geboren.
Willi Baumeister verkehrte als junger Mann mit Kollegen wie Le Corbusier und Fernand Léger. Er war einer von Ihnen, damals in den Zwanziger Jahren, als sich die künstlerische Avantgarde formierte. Bekannt ist heute vor allem das abstrakte Spätwerk des Malers, das nach 1945 im In- und Ausland zum Inbegriff der deutschen Kunst der Nachkriegszeit wurde. Organische Linien und Flächen, kombiniert mit unvermischten Grundfarben, Zeichen und Chiffren, die im Bildraum schweben. Der Titel seiner bekanntesten Serie klingt rätselhaft: Montaru.
Willi Baumeister:
"Montaru ist ein Wortklang. Mont heißt ja Berg, und da ich eine große Fläche gemacht habe mit Schwarz, die quasi schwebt, also ein schwebender Berg, heißt es also Mont. Und aru ist ein phonetischer Klang von blau-rot mit den anderen primären Farben, also grün-gelb und violett usw. Das ist ein tiefer sonorer Klang."

Willi Baumeister wurde am 22. Januar 1889 als Sohn eines Schornsteinfegermeisters in Stuttgart geboren. Die Familie förderte das Talent des Sohnes, das sich früh ankündigte. Die ältere Schwester Klara erinnert sich:
"Willi war gut zu haben: Ein Blatt Papier und ein Bleistift waren ihm lieber als alles Spielzeug."

Parallel zu einer Lehre als Dekorationsmaler studierte der junge Baumeister an der Königlichen Akademie der bildenden Künste Stuttgart. Dort lernte er Oskar Schlemmer kennen, mit dem ihn eine lebenslange Freundschaft verband. Von seinem Lehrer Adolf Hölzel ermutigt, ging Baumeister 1911 für einige Monate nach Paris.

"Ja, ohne Tradition ist nichts zu machen. Ich glaube, das jeder mit traditionellen Dingen anfangen muss. Aber auch in der Tradition ist schon die Selbstständigkeit enthalten. Denn wenn der junge Mensch sich seinen Meister oder sein Vorbild wählt, ist in dieser freibleibenden Wahl bereits sein Subjekt ausgedrückt."
Gestorben mit dem Pinsel in der Hand
Sein wichtigstes Vorbild war Cézanne. Nach dem Paris-Aufenthalt zog er sich mit Freunden in die Schweiz auf's Land zurück. 1913 reiste er nach Berlin, wo er mit zwei Bildern in einer Ausstellung der Avantgarde-Galerie "Der Sturm" vertreten war. Den Ersten Weltkrieg überlebte der Soldat ohne direkten Fronteinsatz. Selbst in diesen vier Jahren fand er Zeit für sein Werk. Sein Lehrer Adolf Hölzel 1915 in einem Brief:
"Wir haben mit dem größten Interesse die von Ihnen eingesandten Bilder angesehen und werden sie gut aufbewahren. Sie werden von uns allen der sein, der am Höchsten kommt.“
Zurück in Stuttgart bezog Baumeister ein Meisterschüleratelier und schuf seine ersten "Mauerbilder", konstruktive Abstraktionen der menschlichen Figur, die er als Reliefs anlegte. Zu Beginn der Dreißigerjahren gab er diese streng geometrischen Kompositionen auf, zugunsten von Bewegungsstudien.

"Ja, ich habe mich immer für diese Bewegungsstadien interessiert. Der Maler kann ja die Bewegung selbst gar nicht selbst darstellen. Seine Leinwand ist ja ruhig. Aber man muss durch die Kurven und sonstigen Formgebungen die Bewegung suggerieren, sodass also der Beschauer die Empfindung für Bewegung hat."
Als die Sportbilder entstanden, hatte Baumeister bereits seine Professorenstelle an der Frankfurter Kunstakademie verloren, 1937 wurde sein Werk in der Ausstellung "Entartete Kunst" diffamiert. Offiziell arbeitete Willi Baumeister nun als Werbegrafiker, privat - in der inneren Emigration - verfolgte er seine Kunst weiter. Auf der Suche nach allgemeingültigen Gesetzen der Malerei, beschäftigte er sich mit prähistorischer Kunst und außereuropäischen Kulturen. Während der Bombenkrieg in Deutschland wütete, entstand seine Schrift "Das Unbekannte in der Kunst". So erbittert er die Abstraktion gegenüber Kritikern wie dem Kunsthistoriker Hans Sedlmayr oder dem Maler Karl Hofer verteidigte, so offen gab er sich als Lehrer. Er folgte dem Motto "Wir malen keine Bilder, wir studieren". 1955 starb Willi Baumeister 67-jährig in seinem Stuttgarter Atelier - mit dem Pinsel in der Hand.
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