Wie tickt die Politik im Saarland?

Von Lisa Huth · 28.01.2013
Oskar Lafontaine parlierte, Peter Müller radebrechte französisch. Und seitdem sie Ministerpräsidentin ist, verbessert Annegret Kramp-Karrenbauer regelmäßig ihre Sprachkenntnisse. Hat aber die saarländische Politik überhaupt noch was mit Frankreich am Hut?
Jacques Renard: "Ich frage Sie, wie viele Politiker, Entscheider von Institutionen, sprechen französisch?"

Paul Fellinger: "Ich sage immer, doch, es ist noch eine Grenze da, das ist die Sprachgrenze."

Jo Leinen: "On ne peut pas parler avec les Lorrains en anglais."

Übersetzung Thomas Gerber: "Man kann mit den Lothringern doch nicht auf Englisch reden."

Der Landtag des Saarlandes. Ein Abgeordneter hat zum 50. geladen, Politiker aller Fraktionen sind erschienen. Wie ist das nun mit der Sprache?

"Viva la frongssä!"

Ok, guter Versuch.

Isolde Ries: "Schö ne parle pa aväc läs amis frongsä, je parl allemon."

Isolde Ries, SPD, zieht es vor, mit ihren französischen Freunden deutsch zu sprechen.

Klaus Meiser: "Je parle un petit peu français. La France est une grande nation."

Peter Gillo: "Je l’essaie de parler avec les français un eu français, ça marche."

Klaus Meiser, CDU, Peter Gillo, SPD, sprechen ein bisschen, und der DGB-Chef Saar, Eugen Roth, parliert munter auf Französisch drauflos, um dann zu sagen:

"Umgangsfranzösisch immer, aber wenn meine französischen Freunde ihrer Kultur frönen – il faut faire le débat – dann gehen mir nach dem dritten Rotwein die Worte aus, aber man versteht sich."

Nicht wenige beherrschen die Sprache wie der CDU-Generalsekretär Roland Theis, der sich gleich auch noch selber übersetzen kann:

"Julien Fribourger est quelqu’un avec qui je travaille depuis longtemps – dann la jeune Union, jeune RPR, et depuis quelques années au sein de l’ump de la CDÜ. Mir ham viele gemeinsame Kontakte mit Julien Freiburger, mit dem wir schon sehr lange zusammen arbeiten, ich in der Jungen Union, er bei den Jeunes RPR."
Wie ausnahmslos jeder Gesprächspartner sagt Theis, an der Sprache liege alles, und: Daran müsse die Politik im Saarland noch arbeiten. Um dann klar zu stellen:

"Frankreich ist für uns nicht Folklore."

Fußnote zur Geschichte
Philippe Cerf: "Zuerst, wissen Sie, wie zweimal in der Geschichte im Saarland abgestimmt worden ist."

Das war 1935.

Ein Mann: "Im Landtagsgebäude in Saarbrücken hat sich um ein Uhr nachts die Spannung gelöst. Die Saarbevölkerung hat Nein zum Saarstatut gesagt."

Und das 55. Beide Male haben sich die Saarländer für Deutschland entschieden. Jenseits der Grenze, in Lothringen, drückt man den Schülern, die deutsch sprechen, glühende Kohlen in die Hand.

Diesseits eine andere Methode, so der Journalist und Regisseur Martin Buchhorn:

"Wenn wir gute Arbeiten geschrieben haben, haben die Lehrer schlechte Noten gegeben. Und wenn wir schlechte Arbeiten geschrieben haben, haben wir gute Noten gekricht. Also haben wir schlechte Arbeiten geschrieben. Die Franzosen waren ja unsere Besatzer und sssst, deswegen haben die Lehrer zugemacht."

Ob es nun daran liegt, dass die Saarländer renitent waren, oder daran, wie böse Zungen behaupten, dass sie nicht so wirklich sprachbegabt sind, ist heute unerheblich. Es gibt nämlich eine neue Frankreichstrategie.

Europaminister Stefan Toscani:

"Ja, insofern, als dass das ein Alleinstellungsmerkmal des Saarlandes ist."

Kindergesang: "Bonjour heißt guten Tag und Danke heißt Merci."

Unter anderem mit dem grenzüberschreitenden Programm "Trilingua" bringen Muttersprachler den ganz Kleinen spielerisch die Sprache des Nachbarn bei. In 180 Kindergärten und Kitas. Die SPD will mehr. Der Europaabgeordnete Jo Leinen:

"Ja, das sollten zwei Drittel werden, und es muss in der Grundschule weiter gehen, weil: Wenn die Lücke kommt, ist das Wissen futsch."

Zweisprachigkeit als ökonomischer Vorteil
Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU: "Wir wollen deshalb auch das in der Grundschule forcieren, damit später bei der weiterführenden Schule auch deutlich wird, das Französische ist als Nachbarsprache - ein gutes Stück Grundlage schon in der Grundschule gelegt."

Es geht nicht nur um die Selbstbehauptung des Saarlandes in der Bundesrepublik. Sondern auch um handfeste ökonomische Vorteile. Stichwort: Fachkräftemangel. Im Saarland werden wegen der Demografie ausgebildete Fachkräfte gesucht. Frankreich hat dieses demographische Problem nicht. Und in Lothringen suchen vor allem die jungen Leute händeringend einen Job.

"Ich öh, komm aus Frankreich. Je m’appelle René, je viens d’Allemagne, moi, je m’appelle Philippe, je viens d’Allemagne et j’habite à Dilllingen. Ich bin Rudolphe, Guten Morgen, isch liebe Disch."

Das hier waren deutsche und französische Zimmerleute mit ihren - Grundkenntnissen. Azubis auf Austausch in Saarbrücken, wo das Deutsch-Französische Sekretariat angesiedelt ist. Eine nationale Angelegenheit beider Staaten, von der auch die saarländischen Azubis profitieren.
In Frankreich ist die Ausbildung verschult, nicht in Unternehmen angesiedelt. Das ist ein Manko für die saarländischen Arbeitgeber. Wirtschafts- und Arbeitsminister Heiko Maas:

"Wir sind zurzeit in der mit den Kolleginnen und Kollegen in Frankreich und auch den Berufsschulen darüber am reden, ob die Praxisphasen von französischen Jugendlichen auch in Deutschland gemacht werden können und dass bei der deutschen "Dualen Ausbildung" der praktische Teil der Ausbildung auch in französischen Unternehmen gemacht werden kann."

Bei der Jugend wird also angesetzt. Aber auch in den Behörden und Verwaltungen, so Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer, soll die Zweisprachigkeit gefördert werden.

Annegret Kramp-Karrenbauer, Spitzenkandidatin der CDU bei der Landtagswahl im Saarland, kommt am Sonntag (25.03.2012) in Püttlingen zur Stimmabgabe.
Ministerpäsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer, CDU© picture alliance / dpa /Fredrik von Erichsen
"Das Handel wirt es richten"
Wirtschaft und Handel sind traditionell schon seit 90 Jahren miteinander verbandelt. Beispiel: Peugeot verkauft bis heute weltweit, prozentual gesehen, die meisten Autos im Saarland. Kramp-Karrenbauer und ihr Europaminister Toscani:

Annegret Kramp-Karrenbauer: "Wir haben französische Beteiligungen an Saarfirmen, das ist im Bereich der Dillinger Hütte so, das ist im Bereich von Villeroy und Boch so."

Stefan Toscani: "Frankreich ist ja mit Abstand im Saarland unser wichtigster Wirtschafts- und Handelspartner. Die Firma Michelin, die ja in Homburg ein ganz wichtiges Werk mit vielen 1000 Beschäftigten. Dann nehmen sie die saarländische Firmengruppe Hager, die einen ganz starken Schwerpunkt auch in Frankreich hat. Dann die SaarLB, die sich als deutsch-französische Mittelstandsbank bezeichnet."

Dieter Gläsener: "Wir haben bereits 1952 ein Büro in Paris eröffnet und 1957 die Bank Franco-Allemande in Paris, mit Niederlassungen in Ostfrankreich. Wir waren damit die ersten, die als deutsche Bank in Frankreich eine eigene Bank sozusagen gegründet haben","

präzisiert Dieter Gläsener von eben jener SaarLB.

Gebündelt werden diese Aktivitäten im Wirtschaftsministerium, Minister Maas:

""Wir bieten die Möglichkeit, Kontakte über die Politik, aber auch über die Kammern in Frankreich zu machen, das heißt, wir bieten an, bei einzelnen Ausschreibungen, bei einzelnen Genehmigungsverfahren, wir diese Unternehmen dabei zu unterstützen."

Foren gibt es auch bei den Wirtschaftsclubs oder den Kammern selbst. Die Unternehmen wünschen sich natürlich noch viel mehr, und so bietet etwa die Industrie- und Handelskammer Unterstützung im Detail an. Oliver Groll von der IHK:

"Wir haben die Formulare vorrätig, zum Teil übersetzt, mit Ausfüllhilfen, also rund um das sich Anmelden für eine Dienstleistung in Frankreich als auch Firmengründung bekommt man die ersten Schritte durch uns erleichtert."

Groll richtet den Blick auch auf den Handel:

"Der Anteil der französischen Kunden im Einzelhandel des Saarlandes ist beträchtlich und ich glaube, die prominenteste Zahl war, dass in der neuen Europagalerie ein Drittel aller Belege auf französische Kunden entfallen. Allein das sorgt schon dafür, dass auch Besucher aus anderen Bundesländern allein schon akustisch mitbekommen, dass es hier sehr französisch zugeht."

Heiko Maas (SPD) in Saarlouis
Wirtschaftsminister Heiko Maas, SPD© picture alliance / dpa /Arne Dedert
Halber Saarländer oder halber Franzose oder was?
So französisch, dass der frühere Ministerpräsident Oskar Lafontaine sagt:

"Ich fühl mich dann so ein bisschen in Frankreich, selbst wenn ich hier die Bahnhofstraße rauf und runter gehe und höre die französische Sprache."

Sind die Saarländer tatsächlich französischer als der Rest von Deutschland? Fragen wir ein paar Zugereiste: Da wäre Alphonse, deutschlandweit bekannt geworden als Puschel-TV-Aktivist – er wohnt in Hamburg:

"Sobald ich hier ankomme, ich hab das Gefühl, ich bin in einem anderen Land, ich bin nicht ganz in Frankreich, aber schon ein bisschen. Ich merke das zum Beispiel so, dass die Leute sich an diese verdammte Fußgänger-rote Ampel nur halb halten. In Hamburg man wird geköpft. Hier nicht. Man wird nur angeschossen."

Dem widerspricht Manuel Andrack, Neu-Saarländer und früherer Sidekick von Harald Schmidt:

"Ich als alter Kölner, ich war ja überrascht, das es quasi hier noch eine Enklave des rheinischen Frohsinns an der Saar gibt - Trinkfreudigkeit, Kommunikationsfreudigkeit, Feierfreudigkeit, das kann sich also mindestens mit dem Kölschen messen."

Die Saarländer also rheinisch, wenn nicht gar kölsch?

Manuel Andrack: "Dieses preußisch-obrigkeitshörige, des findet man im Saarland nicht, als auch im Rheinland nicht."

Andrack hat in vielen Gesprächen, …

"den Hass von vielen Saarländern auf diese Figur von Kommissar Palü gespürt, die sich da eben überhaupt nicht vertreten gefühlt haben, durch den Mann mit der Baskenmütze und Baguette und Rotweinglas in der Hand, weil man ist hier Saarländer und nicht halber Franzose, also …"

Das muss Alphonse dann doch bestätigen. Alfons und Gäste heißt eine Hörfunk- und Fernsehsendung des Saarländischen Rundfunks. Bei einer Probe kam es zu einer Panne, erinnert Alphonse sich. Um die zu überbrücken, versuchte er, an die Franzosenzeit anzuknüpfen:

"Ich hatte nur Saarländer vor mir und dann ich hab gesagt, mal testen, die Erinnerungen, und ich hab gesagt: bei Drei – la Marseillaise. Un deux trois – ich war der einzige, der gesungen hat. Also … nee, ist alles weg."

Nun ja, selbst in der Franzosenzeit spielte das – französisch geleitete - Radio Saarbrücken "Kein schöner Land" als Pausenzeichen.
Weswegen dieser Niedersachse 60 Jahre später denn auch sagt, die Saarländer hätten inzwischen längst eine rein

"deutsche Mentalität."

Nein, meint diese Schwäbin:

"Da ist auch schon viel Französisches drin."

Die inzwischen im Saarland eingemeindete Geschäftsführerin des Eurodistrikts SaarMoselle – ein Städte- und Gemeindeverbund über die Grenze hinweg - hat einen eigenen Blick auf das Saarland:

Isabelle Prianon: "Ich weiß nicht, ob die Saar französisch ist, aber die ist auf jeden Fall mosellanich – es gibt solche Gemeinsamkeiten zwischen den Menschen der Moselle und der Saar – das ist für mich, die nicht aus der Region kommt, erstaunlich."

Heißt: Die Lothringer haben einiges von den Deutschen: Karneval, Nachmittagstee, dazu Pünktlichkeit, Disziplin und: um 12 werd gess. Und die Saarländer - Eigenheiten der Lothringer, meint auch die aus dem Schwarzwald stammende Arbeitsamtschefin Heidrun Schulz:

"Wenn man auf Frankreich und Deutschland schaut, und auch Saarland und Lothringen, dann muss man auch die Ländern jeweils insgesamt anschauen. Und ich würd mal sagen, der Unterschied jetzt in der ganzen Mentalität, im Auftreten und drumrum zwischen einem Provençal und Lorrain sind größer als zwischen einem Saarländer und Lothringer."

Und der Bürgermeister im lothringischen Apach, Gérard Hollinger, kommt zum Schluss:

"Ich kann nicht sagen, dass sie 100 Prozent deutsch sind. Sagen wir mal, 60 Prozent deutsch und 40 vielleicht auf unserer Seite."

Kultur, wie immer grenzüberschreitend
Zurück zur Politik: Die jetzige Frankreichstrategie der Landesregierung ist nicht die erste, wie Oskar Lafontaine sich erinnert:

"Wir haben noch ganz bewusst auf die Kultur gesetzt, also, ein leuchtendes Beispiel ist ja die Woche des jungen französischen Theaters und diese Woche wird ja heute noch angenommen."

Und die grenzüberschreitende Kultur funktioniert weiterhin. Die Europaabgeordnete Doris Pack, u.a. zuständig für eben jenes Theaterfestival perspectives in Saarbrücken:

"Wir haben es zum ersten Mal im Le Carreau eröffnet das Theater. Im Le Carreau im Forbach. Da gab es einige, die hatten Bauchschmerzen, die sagten, mhm, wie viele Saarbrücker gehen dahin? Wir waren dreimal ausverkauft."

"Es ist wirklich so, dass Kunst ermöglich, das die Leute sich treffen,"

sagt die künstlerische Leiterin der perspectives, Silvie Hamard.
Gemeinsamkeiten gibt es auch bei der Industriekultur – Kohle und Stahl haben die Großregion Saar-Lor-Lux geprägt - und dann auch bei der keltischen wie römischen Geschichte. Der vor drei Jahren neu gegründete Eurodistrikt SaarMoselle ging also eine gemeinsame touristische Vermarktung an. Dieser Eurodistrikt verleiht einer halben Millionen Menschen beiderseits der Grenze eine gemeinsame Stimme.

Trotz diverser Egoismen und Schwierigkeiten ist man jetzt soweit, sagt Geschäftsführerin Prianon:

"Dass diese Produkte auch grenzüberschreitend verkauft werden, also es gibt eine Kooperationsvereinbarung unter den Touristikern und Saargemünd kann ein Pauschalangebot mit der Völklinger Hütte und Personenschifffahrt zum Beispiel in Saarbrücken verkaufen."

Pendler, Politik, Polizei
Rund 200.000 Pendler gibt es in der Großregion Saar-Lor-Lux. So viel wie nirgendwo sonst in Europa. Der grenzüberschreitende ÖPNV muss also ausgebaut werden. Mehr Busse für die Pendler und vor allem eine Saarbahn, die nicht mehr nur über die Grenze nach Saargemünd fährt, sondern auch nach Forbach, Sankt Avold, Creutzwald und wieder zurück ins Saarland. Im Eurodistrikt entsteht nun das erste grenzüberschreitende Straßenbahnnetz der Welt. In fünf Jahren soll diese "Tram-Train" genannte Saarbahn von Saarbrücken bereits bis Forbach rollen.

Zum Teil seit Jahrzehnten treffen sich die Kommunalpolitiker in einem viel engeren Rahmen noch als die Landespolitik. Europaminister Toscani:

"Gerade diese Rolle der Grenzgemeinden, ist natürlich was ganz Besonderes. Das ist ja ein Streifen von Perl bis runter bis nach Blieskastel, bis nach Gersheim, wo sie ganz viele solcher persönlichen Begegnungen haben, seit Jahren eingeübte, von Ortsvorstehern- und Bürgermeistertreffen, die sich regelmäßig zusammensetzen diesseits und jenseits der Grenze."

Beispiel: Der junge Gersheimer Bürgermeister Alexander Rubeck:

"Ich kann da auch sehr gut aufbauen auf die Arbeit meiner beiden Amtsvorgänger, die stets den Kontakt zu den französischen Kollegen gepflegt haben."

Die Gemeinden beiderseits dieses Grenzabschnitts haben nun ein bislang einmaliges Trinkwasserprojekt ins Leben gerufen:

"Wenn auf der deutschen Seite die Trinkwasserversorgung nicht sichergestellt werden kann, aufgrund einer Katastrophe, dass dann wir die Trinkwasserversorgung vom neuen Hochwasserbehälter in Ormesviller auf der französischen Seite sicher gestellt haben und umgekehrt gilt das natürlich auch."

Die Zusammenarbeit mit dem französischen Nachbarn spart nicht nur Geld, sondern bringt auch europäische Gelder in die leeren Haushaltskassen. Besonders praktisch wird es etwa bei der Polizeiarbeit, beim Zoll, oder wenn französische Polizisten in saarländischen Fußballstadien aushelfen.

Studium dort und hier
Nicht nur Geld, sondern vor allem Kompetenz bringt sie im grenzüberschreitenden Hochschulbetrieb.

Für die Vizepräsidentin der Universität des Saarlandes, Patricia Oster-Stierle, ist das Saarland hochschulpolitisch auf jeden Fall französisch:

"Wir haben über 20 deutsch-französische Studiengänge, und wir haben im Moment dieses wunderbares Projekt Universität der Großregion, wo wir zusammen mit Rheinland-Pfalz ein großes Netzwerk aufbauen: Kaiserslautern und Trier und dann eben Lorraine: Nancy und Metz, Luxemburg und Liège, und das ist ein Vorzeigeprojekt, das auch das Saarland prägt und die Großregion überhaupt."

Dazu kommen das centre juridique, das Frankreichzentrum, die jahrzehntelange Kooperation der Fachhochschulen DFHI-Isfates und die Deutsch-Französische Hochschule. Deren Ansiedlung im Saarland war einer der letzten Coups von Oskar Lafontaine. Heute kooperieren 140 Hochschulen in allen Fachbereichen von Physik über Biologie bis hin zu den Ingenieurswissenschaften.

Studiert wird je zur Hälfte in Deutschland und in Frankreich, in der Regelstudienzeit wird ein Abschluss in beiden Ländern erreicht.

"Die jungen Leute, die dieses Studium absolviert haben, die haben noch nie ein Problem gehabt Arbeitsplätze zu finden, die sind wirklich gesucht,"

stellt IHK-Vizechef Hermann Götzinger fest.

Zweisprachiger Handschlag
Begonnen werden, so die Ministerpräsidentin, muss eben ganz früh. Und das zeige langsam Früchte:

"Wir haben zum Beispiel die Sprachprüfung DELF Prim angeboten und da muss man sagen, weit über 90 Prozent haben diese Sprachprüfung bestanden. Und diese Sprachprüfung beinhaltet auch, dass man sich über 15 Minuten mit einem Franzosen unterhalten kann. Also, das ist schon ein gewisses Niveau."

Zum ersten Mal wurde "Jugend debattiert" auf Deutsch und Französisch angeboten – ein Pilot, von dem die Landesregierung hofft, dass andere Bundesländer dem folgen werden.

Die Europa-Union bietet jedes Jahr ein Plenum im Landtag für saarländische Schüler an. Der Vorsitzende Hanno Thewes:

"Dieses Mal wollen wir das machen mit saarländischen Schülern und Schülern aus Lothringen. Und zwar zweisprachig."

Die romantischsten Germanen
Wie aber geriert sich die saarländische Politik? Temperamentvoll wie der südlichere Nachbar?
Das Saarland ist, so der frühere Bundesverkehrsminister, Ministerpräsident und heutige Vizepräsident der Saar-Lor-Lux-Internationale Reinhard Klimmt:

"… schon eine deutsche Region."

"Ansonsten, glaube ich, ist die Politik halt trotzdem auch im Saarland ziemlich Deutsch."

"Der Politikstil ist ein zutiefst deutscher bei uns."

Meinen auch Doris Pack und Stefan Toscani.

Die Eskapaden des Bonvivants Oskar Lafontaine sind lange Geschichte. Vorneweg und hintendran regierten gediegene Politiker, gediegen auch die Debattenkultur im Parlament.

Die Grenze verläuft heute durch die Systeme: Schulen, Behörden und Verwaltungen, auch die Wirtschaft mit dem Tarifrecht funktionieren nach dem deutschen System. Das prägt die Menschen.

Der Unterschied, so Jo Leinen:

"Wir lassen schon mal fünf gerade sein. Wir sind wahrscheinlich die romanischsten aller Germanen. Die Politik hat sicherlich mehr Großzügigkeiten als das in Preußen der Fall ist."

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