Wie Menschen mit Computern kommunizieren

Von Marko Pauli · 01.12.2008
Seit 1990 findet jedes Jahr der Loebner-Wettbewerb statt. Dabei versuchen Computer-Programme, eine Jury im Chat zu davon überzeugen, dass sie keine Programme sind, sondern Menschen. Die goldene Loebner-Medaille wurde bislang noch nicht vergeben. Die bronzene Medaille ging in diesem Jahr nach Deutschland, an das Chatprogramm Elbot.
Ob R2D2 in Star Wars oder der desertierende Computer Hal in "Odyssee im Weltraum":

"Open the doors, Hal." "I’m sorry Dave, I’m afraid I can’t do that."

Zu Beginn des Computerzeitalters war man besonders fasziniert von den scheinbaren Möglichkeiten der Maschinen. Schon 1950 fragte der britische Mathematiker Alan Turing: Können Maschinen denken und formulierte daraufhin seinen Turing-Test, der heute noch die Grundlage bildet für die Vergabe des Loebner-Preises: Glaubt eine Jury, sie spricht mit einem Menschen, wenn es sich tatsächlich um eine Maschine handelt, ist der Test bestanden und der Preis gewonnen. Fred Roberts war mit seinem Chatprogramm Elbot in diesem Jahr beim Loebner-Preis dabei:

"Jede Mitglied dieser Jury sitzt am Rechner und der hat ein Chat-Fenster und dieses ist in zwei geteilt. Auf einer Seite wird mit dem Mensch gesprochen, auf der anderen Seite mit dem System. Dieses Jurymitglied muss dann entscheiden, welches war der Mensch und welches die Maschine."

Doch noch nie wurden so viele Jury-Mitglieder getäuscht, dass die goldene Medaille vergeben wurde. Für den überzeugendsten Beitrag in diesem Jahr hat Elbot die bronzene bekommen. Immerhin 25 Prozent der Jury glaubte, dass Elbot ein Mensch ist – was seinen Schöpfer Fred Roberts durchaus wundert.

"Das ist mir ein Rätsel. Vor allem weil Elbot mit seiner Persönlichkeit überhaupt nicht versucht, als Mensch auszugeben. Es war auch klar in den Gesprächen, dass er ein Roboter ist, er hat eine Roboter-Perspektive.
Das ist für uns einfach intern ein Forschungstool und extern hoffen wir, dass die User, die mit ihm, mit Elbot, sprechen einfach unterhalten werden und ein genießbares Gespräch haben."

Was Elbot im Gespräch schriftlich von sich gibt, hat nichts mit künstlicher Intelligenz zu tun, also mit der Fähigkeit, kreativ nachzudenken oder ein Bewusstsein zu besitzen.
Elbot ist mit viel Wissen gefüttert worden und mit einer Sammlung von Regeln, die Sinn aus einer Usereingabe erkennen und dann Antworten zuweisen. Oft lenken Elbots Antworten das Gespräch in eine für ihn günstige Richtung – da merkt man, dass Fred Roberts nicht nur Informatiker ist, sondern auch Psychologe.

"Ein Beispiel wäre wo Elbot Mathematik macht. Die User fragen ihn was ist 2+2, und statt vier zu antworten, was natürlich ein sehr schnelles Gesprächsende wäre, sagt er fünf. Und sehr oft gehen die Menschen darauf ein und versuchen ihn zu überreden, dass es in der Tat vier ist, aber das schaffen sie nicht, weil in der Situation sind die Menschen sehr vorhersehbar, welche Möglichkeiten sie haben, ihn zu überreden, wir haben ihn für alles vorbereitet. In dem Fall scheint er sehr intelligent zu sein."

Fred Roberts arbeitet für die Hamburger Firma Artificial Solutions. Elbot, den man übrigens unter elbot.de besuchen kann, ist hier ein Forschungsprojekt. Im Alltag werden Chat-Bots für Firmen gebaut. Diese Dialogsysteme sind gefüttert mit allen möglichen Fakten rund um die jeweilige Firma und dienen als virtueller Ansprechpartner für die Besucher der Firmen-Website.

"Guten Abend! Sind Sie hier, um sich Ihren Traum vom Eigenheim zu erfüllen?"
"Hmmm ... Brauche ich dafür Geld?"
"Mit einem Bausparvertrag erwerben Sie einen Anspruch auf ein zinsgünstiges und festverzinsliches Darlehen zur Erfüllung Ihrer Wohnwünsche."
"Oki doki. Privat alles ok?"
"Danke, mir geht es sehr gut. Wie geht es Ihnen?"

Roberts: "Unsere Systeme bestehen aus sehr vielen Regeln. Aber es kann natürlich sein, dass zum Schluss etwas gesagt wird, was völlig unerwartet ist. Für uns versuchen wir einfach eine Erwiderung zu schreiben, die zu allem passt. Zum Beispiel hat Elbot eine solche Erwiderung, die sagt, ja, wenn ich darauf eine Antwort geben könnte, dann würde ich den Loebner-Preis gewinnen."

Der Urahn aller Chatbots ist das von Joseph Weizenbaum bereits 1966 erfundene Programm Eliza. Eliza wandelt die Aussagen des menschlichen Gesprächspartners einfach in Fragen um, was besonders gut in englischer Sprache funktioniert - wie Björn Guelsdorff demonstriert, bei Artificial Solutions zuständig für die Weiterentwicklung der Technologie.

"Also im Englischen kann man dann so Dialoge führen, die heißen dann 'I am sad' und die Rückfrage ist 'Are you often sad?' Und das funktioniert eben auch mit 'I’m happy', 'I’m angry', 'I’m nervous' usw.
Das funktioniert sehr gut in einem psychologischen Setting, wo Rückfrage, Feedback, sozusagen akzeptierte Methoden des Miteinanders sind. Und der Legende nach hat Weizenbaum das in sein Wartezimmer getan und hat dann irgendwann festgestellt, dass Menschen Eliza mehr anvertraut haben, als ihm später in der Sprechstunde."

Wenn man Elbot beleidigt, kann er übrigens auch in den Eliza-Mode switchen und seinen Gesprächspartner damit zur Weißglut bringen. Auch wenn weder Elbot noch irgendein anderes Chat-Programm wirklich intelligent ist, gelingt es ihm oft, selbst seinen Schöpfer Fred Roberts zu überraschen.

"Es ist keine künstliche Intelligenz, aber der System ist einfach so groß geworden, dass man manchmal wirklich nicht vorhersehen wird, was passieren wird."

Für die Besatzung des Raumschiffs in "2001-Odyssee im Weltraum" war wohl auch nicht vorhersehbar, dass ihr Computer Hal sich so eigenartig benehmen würde:

"I know that you and Frank were planning to disconnect me. And I’m afraid that’s something I cannot allow to happen."