Wie alte Schatzkarten

24.09.2013
Ein gezeichnetes Landkartenbuch im Großformat stellt 42 Länder auf sieben Kontinenten vor. Durch tausende farbenprächtige Miniaturen erinnern die Karten an Wimmelbilder: Sie weisen auf kulinarische Besonderheiten, wichtige Persönlichkeiten, bekannte Bauten oder beliebte Sportarten hin.
Fritten und Waffeln? Meinethalben! Begonien und Comichefte? Ok! René Magritte und das Manneken Pis? Ja, klar! Aber der Urknall? Was hat denn der Urknall mit Belgien zu tun? "Na sehr viel", haben sich Aleksandra Mizielinska und Daniel Mizielinski gedacht und eine hübsche Explosionswolke an den Rand der Ardennen platziert; flankiert von einem kleinen Herrn, dem Wallonier Georges Lemaître. Er hatte, so die Erläuterung neben der Figur, als Erster die Urknalltheorie geäußert. Und deshalb gehört er selbstverständlich auf die belgische Landkarte.

Wie bei ihren bereits viel beachteten Büchern über Design, Architektur und Kunst, sind Aleksandra Mizielinska und Daniel Mizielinski wieder gewohnt ungewöhnlich an ihr neuestes Werk herangegangen: Ein gezeichnetes Landkartenbuch im Großformat, das – nach rein subjektiven Kriterien ausgewählt – 42 Länder auf sieben Kontinenten vorstellt. Ins Bild gesetzt haben die beiden polnischen Grafiker dabei nicht nur Städte, Flüsse, Berge und Grenzen, sondern auch die landestypische Flora und Fauna sowie kulinarische Besonderheiten, kulturelle Errungenschaften, wichtige Persönlichkeiten, bekannte Bauten, beliebte Sportarten und übliche Freizeitbeschäftigungen.

In seinem Aufbau gleicht das Kartenwerk einem klassischen Atlas. Der anfänglichen Weltübersicht folgen die einzelnen Kontinente mitsamt ihren Ländern. Dabei bekommt jede Nation eine Doppelseite. Schwarzer Filzstift markiert die Landesgrenze; geografische Merkmale und große Städte dienen als Orientierungspunkte.

Tatsächlich erinnern die Länderkarten an Wimmelbilder. Tausende farbenprächtige, ein bis zwei Zentimeter kleine Miniaturen haben die beiden Buchgestalter entworfen und locker über jede einzelne Nation gestreut. Wer etwa auf Ägypten blickt, entdeckt Karawanen und Beduinen, Datteln und Fladenbrot, Pyramiden und Pharaonen, Kleopatra und Isis, Dromedar und Nilkrokodil. Am Bildrand finden sich die "harten Fakten": die Flagge, die Hauptstadt, die Sprachen, die Einwohnerzahl und die Flächenausdehnung.

Wie Schatz- oder alte Entdeckerkarten ziehen die Tafeln den Betrachter magisch an. Hinreißend erscheint beispielsweise Tansania mit seiner artenreichen Tierwelt und dem angrenzenden indischen Ozean, in dem sich Delfine, Seesterne und Mondfische tummeln. Und selbst nach minutenlangem Schauen, lässt sich Land für Land immer noch Neues entdecken: Eine winzige Stabschrecke etwa neben dem großen indischen Elefanten oder ein Alien mitsamt seinem UFO in New Mexico.

So entstehen viele Geschichten im eigenen Kopf. Ob sie nun von außerirdischem Leben handeln, vom Urknall oder dem Weihnachtsbaum, den – so "erzählt" das Piktogramm bei Heidelberg – die Deutschen erfunden haben.

Fehlt etwas? Ja sicher, vieles und viele. Auch wird manches Klischee bemüht. Dennoch bereitet dieses Buch durchweg Freude. Es macht spielerisch bekannt mit fremden Ländern, Sitten und Kulturen, und weckt Reiselust und Entdeckergeist. Ob es wohl bitte eine Fortsetzung gibt?

Besprochen von Eva Hepper


Aleksandra Mizielinska und Daniel Mizielinski:
Alle Welt. Das Landkartenbuch

Aus dem Polnischen von Thomas Weiler
Moritz Verlag, Frankfurt am Main 2013
112 Seiten, 26 Euro