Wettbewerb ist "allerbeste Medizin gegen steigende Strompreise"

Christian Friege im Gespräch mit Ute Welty · 20.04.2011
Der Vorstandsvorsitzende der LichtBlick AG, Christian Friege, begrüßt die aktuelle Diskussion in der Energiepolitik. Noch immer kontrollierten die vier großen Stromkonzerne 80 bis 85 Prozent der Erzeugung, ein intensiver Wettbewerb sei daher das beste Mittel gegen Preissteigerungen.
Ute Welty: Sagen wir mal so: Festzustehen scheint in der aktuellen Diskussion über die Strompreise nur, dass es nicht billiger wird – ansonsten darf so ungefähr jede Rechnung von so ungefähr jedem aufgemacht werden. Mario Dobovisek mit eindrucksvollen Beispielen.

Fragen wir doch mal einen, der sich mit Strompreisen auskennt, denn er verdient damit sein Geld, und zwar sein gutes Geld: Dr. Christian Friege ist der Vorstandsvorsitzende der "LichtBlick AG", dem Marktführer unter den Ökostromanbietern. Guten Morgen!

Christian Friege: Einen wunderschönen guten Morgen, Frau Welty!

Welty: Eigentlich müsste es Sie doch freuen, wenn über höhere Preise geredet wird, denn das dürfte Ihnen doch die Kunden weiter ins und ans Netz bringen?

Friege: Was uns vor allem freut, ist, dass wir, wenn auch aus sehr tragischem Anlass heraus, dass wir jetzt eine sehr ernsthafte Diskussion bei uns im Land darüber haben, wie wir unsere Energieversorgung zukunftssicher machen können und so nachhaltig aufstellen können, dass wir für unsere Kinder und Kindeskinder noch was hinterlassen können.

Welty: Na ja, und weniger Kunden werden Sie in den letzten Wochen auch nicht bekommen haben.

Friege: Nein, wir haben nicht weniger Kunden bekommen, im Gegenteil, wir wachsen weiter, wie wir seit zwölf Jahren wachsen, und sind stolz darauf, dass das nicht nur für ein größeres Unternehmen steht, sondern dass es auch dafür steht, dass immer mehr Leute sich für nachhaltige Stromversorgung entscheiden.

Welty: Herr Friege, wenn das Preisniveau insgesamt steigt, dann wäre ja auch für Sie eine moderate Preiserhöhung unterhalb dieses Niveaus eher durchsetzbar, oder?

Friege: Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, Frau Welty, dass wir im Augenblick überhaupt nicht über Preisanpassung in welche Richtung auch nachdenken, sondern dass wir uns damit beschäftigen, wie können wir unseren Beitrag leisten, in diesem neuen Umfeld unseren Beitrag dazu leisten, dass wir die Energieversorgung nachhaltig aufstellen können.

Welty: Bisher ist es ja so, dass Sie Ökostrom billiger anbieten können als Versorger, die die Stromquellen mischen, also auch Atom und Kohle mit einbeziehen. Wie kann das sein?

Friege: Wenn ich das Preisniveau im Markt richtig im Blick habe, haben wir einen guten Mittelfeldplatz. Es gibt Leute, die ihren Strom teurer verkaufen, es gibt Leute, die ihren Strom günstiger verkaufen. Wir haben uns immer daran orientiert, was ist nachhaltig für uns und wie können wir die Kosteneinsparungen, die wir durch unser Wachstum erreichen, wie können wir die fair an unsere Kunden weitergeben.

Welty: Und wie können Sie die weitergeben?

Friege: Indem wir unsere Preise so kalkulieren, wie wir sie aktuell kalkuliert haben.

Welty: Und wie kalkulieren Sie sie aktuell?

Friege: Na ja, wir haben einen Einkaufspreis für Strom, wir haben gesetzliche Abgaben, wir haben Netznutzungsentgelte, wenn man das alles zusammenaddiert und einen Strich unter zieht und die Umsatzsteuer draufgeschlagen hat, die wir draufschlagen müssen wie jeder andere auch, dann kommt man zum Strompreis.

Welty: Und wie dürfte sich ein Ausstieg aus der Atomkraft auf Ihr Unternehmen auswirken? Denn in den Spitzenverbrauchszeiten müssen Sie ja auch auf Strom ausweichen, von dem Sie nicht ganz genau wissen, ob er Atomstrom enthält oder nicht.

Friege: Wir haben wie jeder andere auch im Rahmen unserer Netznutzung in der Tat Notwendigkeit, Spitzenlasten auszugleichen, das machen wir durch Ausgleichsenergie aus dem Netz oder das machen wir, indem wir Spitzen ausgleichen an der Börse, wir kaufen immer weniger ein, als wir über die Börse verkaufen in gleichen Situationen. Und die beste Medizin in den Strompreisen ist für uns Wettbewerb, und da haben wir uns seit vielen Jahren für eingesetzt.

Welty: Ihr Lieblingsprojekt, das ist das so genannte ZuhauseKraftwerk als kleines Blockkraftwerk im Einfamilienhaus. Der Bundesindustrieverband Deutschland Haus-, Energie- und Umwelttechnik kritisiert, dass diese Kraftwerke für einen durchschnittlichen Haushalt viel zu groß seien.

Friege: Es ist richtig, dass das ZuhauseKraftwerk nicht für jedes Gebäude gleichermaßen geeignet ist. Es gibt einen Gebäudebestand, der ist zu groß, und es gibt einen Gebäudebestand, der ist zu klein für uns, und dazwischen, da genau setzen wir uns hin. Das sind Mehrfamilienhäuser, das sind Kindertagesstätten, das sind Gemeindehäuser bei Kirchengemeinden, das sind große Einfamilienhäuser, und da genau setzen wir das "ZuhauseKraftwerk" ein.

Welty: Und was bleibt dem durchschnittlichen Hausbesitzer übrig?

Friege: Dem durchschnittlichen Hausbesitzer bleiben viele Möglichkeiten. Der erste und der richtigste und wichtigste Schritt ist erst mal, Ökostrom von einem richtigen Ökostromanbieter zu beziehen. Es gibt dann die Möglichkeit, sich über solar, über Kraft-Wärme-Kopplung et cetera zu beteiligen – wir sind ja Gott sei Dank nicht die Einzigen, die Kraft-Wärme-Kopplung anbieten. Und ich bin mir ganz sicher, dass die aktuelle Diskussion zu vielen neuen Ideen führen wird, wie auch in der Erzeugung der Wettbewerb weiter angeheizt werden kann.

Welty: Welche Ideen verfolgen Sie da?

Friege: Wir sind im Augenblick sehr stark damit beschäftigt, das ZuhauseKraftwerk in den Markt zu bringen. Wir denken natürlich darüber nach, wie unser SchwarmStrom-Konzept, das heißt die Vernetzung vieler kleiner Erzeuger, wie wir das weiter ausbauen können. Aber im Augenblick haben wir mit dem ZuhauseKraftwerk hinreichend viel zu tun, die Nachfrage ist sehr groß.

Welty: Das ZuhauseKraftwerk kostet 5000 Euro, bleibt aber in Ihrem Besitz. Warum diese Vertragskonstruktion, warum beteiligen Sie den Verbraucher nicht wirklich?

Friege: Der Verbraucher ist beteiligt, die Vertragskonstruktion ist ja eine mehrfache. Nicht nur mieten wir ja den Heizraum des Verbrauchers, sondern insbesondere gibt es ja einen Rabatt auf den Wärmepreis, der sich nach der Stromerzeugung bemisst. Wir haben dieses Vertragsmodell deswegen gewählt, weil wir natürlich den Strom dann einspeisen wollen, wenn er im Netz wirklich gebraucht wird, also immer dann, wenn Windkraft und Sonnenenergie nicht genug Strom erzeugen. Und Sie wollen ja nicht ernsthaft den Verbrauchern zumuten, ständig am Telefon zu sitzen und zu warten, bis es klingelt und damit das ZuhauseKraftwerk angeschaltet wird. Das machen wir zentral, und dazu haben wir uns überlegt, dass wir eben auch das Eigentum der ZuhauseKraftwerke bei uns behalten wollen.

Welty: Viele Politiker haben wie gesagt in den letzten Tagen Prognosen abgegeben, wie der Strompreis sich entwickelt – wie sieht Ihre Prognose aus?

Friege: Wir glauben, dass die große Aufregung, die man derzeit in den Medien hört, ein Stück weit übertrieben ist. Wir sehen das ähnlich wie beispielsweise das Bundeskartellamt, die gesagt haben, dass die Intensivierung des Wettbewerbes, mehr Wettbewerb gerade bei der Erzeugung, wo heute die vier großen Konzerne, die übrigens alle vier auch Atomkraftwerke betreiben, noch 80 bis 85 Prozent der Erzeugung kontrollieren – wenn wir da richtig Wettbewerb reinkriegen, ist das die allerbeste Medizin gegen steigende Strompreise.

Welty: Halten Sie es da mit dem Grünen-Fraktionsvorsitzenden Jürgen Trittin, 1,50 Euro mehr im Monat pro Haushalt?

Friege: Frau Welty, mit dem besten Willen der Welt kann ich Ihnen da keine präzise Antwort deswegen drauf geben, weil noch völlig unklar ist, was die Bundesregierung für ein Energiekonzept beschließen wird, weil noch völlig unklar ist, wie die Wettbewerbssituation am Erzeugungsmarkt sich weiterentwickelt, und wir warten das erst lieber ab und dann schau'n wir mal.

Welty: Der Blick in die Zukunft mit "LichtBlick". Wir sprachen mit dem Vorstandsvorsitzenden Christian Friege und danken fürs Gespräch!

Friege: Sehr gerne, Frau Welty!
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