Westafrika

Chinas heftiger Hunger auf Esel

Eine Gruppe von Hauseseln steht in der Wüste im afrikanischen Staat Mali.
Eine Gruppe von Hauseseln steht in der Wüste im afrikanischen Staat Mali. © imago / blickwinkel
Von Dunja Sadaqi · 10.11.2016
Mali, Burkina Faso, Niger und Nigeria - ein westafrikanisches Land nach dem anderen hat in den letzten Monaten den Export von Eseln verboten. Der Grund: Chinas extrem hohe Nachfrage nach den Tieren. Sie stehen jetzt sogar auf der Liste der bedrohten Tierarten.
In Nigeria steht der afrikanische Esel kurz vor der Ausrottung: Chinas Heißhunger auf die Tiere ist einfach zu groß geworden. Der Grund: Eselfleisch gilt in bestimmten Regionen Chinas als Delikatesse, die Gelatine der Tiere als besonders wertvoll - für Süßigkeiten, teure, traditionelle Medizin oder Kosmetik. Weil China seinen Bedarf aber selbst nicht mehr decken kann, importiert das Land – und das vor allem aus Westafrika. In großen Mengen, offensichtlich zu großen:
Mali, Burkina Faso, Niger und Nigeria – sie alle haben ein Export-Stopp für Esel nach China verhängt. Behörden melden: Im Niger wurden in diesem Jahr bisher mehr als 80.000 Esel exportiert. Das sind jetzt schon drei Mal mehr als 2015. In Burkina Faso stiegen die Exporte sogar um das achtzehn-fache – und das innerhalb eines Jahres.
Ähnliches in Nigeria. Anfangs haben sich Unternehmer noch gefreut. Heute ist die hohe Nachfrage auch ein Problem, sagt Unice Noble. Sie handelt mit Eseln in Nigeria.
"Früher hast du einen Esel für 21 Euro verkauft, heute bekommst du 33 Euro dafür. Es gibt aber mehr Konkurrenz, der Markt kann der jetzigen Nachfrage nicht mehr nachkommen – sie ist einfach viel höher als das Angebot."

Esel fehlen als Transportmittel

Zehn bis 15 Tonnen Esel-Knochen, -Haut und -Fleisch sollen nach offiziellen Angaben jeden Monat aus Nigeria exportiert werden - mit Konsequenzen: Die Esel-Zucht kommt nicht hinterher, die Preise sind in die Höhe geschossen. Viele Menschen können sie nicht mehr bezahlen. Ein Problem: Denn die Tiere spielen in vielen Teilen Westafrikas eine bedeutende Rolle, sagt Entwicklungsexperte Abdurahman Abu Hamisu. Er arbeitet beim Afrikanischen Zentrum für Führungsfragen, Strategie und Entwicklung, einer Nichtregierungsorganisation in der Hauptstadt Abuja.
"In Nordnigeria gibt es drei hauptsächliche Transportmittel: den Esel, das Pferd und das Kamel. Aber der Esel stach da schon immer heraus, weil er das einzige Tier ist, das hohe Belastungen auf Dauer durchhält. Esel sind in Nordnigeria einfach das, was woanders Autos sind."
Die Esel kommen in der Landwirtschaft zum Einsatz, werden zum Beispiel auf dem Acker vor einen Pflug gespannt oder dienen schlicht und einfach als Transportmittel – gerade in ländlichen Gegenden, um Menschen und Waren von A nach B zu transportieren.

"Menschen ermutigen, ins Eselbusiness einzusteigen"

Die hohe Nachfrage aus China biete aber auch ein wirtschaftliches Potential, findet Entwicklungsexperte Abdurahman Abu Hamisu.
"Für mich ist die hohe Nachfrage eine Bedrohung, aber auch eine Chance, wenn ich daran denke, dass wir in Nigeria unsere Wirtschaft breiter aufstellen müssen. Das gibt der Regierung eine Chance, die Menschen zu ermutigen, ins Eselbusiness einzusteigen, sodass wir davon profitieren. Und wenn wir das tun, können wir den nationale und auch den internationale Markt zufriedenstellen."
Trotz Exportverbot blüht der illegale Handel mit den Tieren. Immer wieder decken nigerianische Behörden illegale Eselexporte auf. Damit der Esel vor der Ausrottung bewahrt werden kann, muss das erst einmal gestoppt werden. Außerdem: Die Eselproduktion muss erst einmal hinterher kommen, um in Zukunft den in- und ausländischen Markt ausreichend mit Eseln made in Westafrika versorgen zu können. Und auch das könnte dauern: Esel brauchen nämlich bis zu zwei Jahren, bis sie sich fortpflanzen können.
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