Wert der Kunst

Nicht nur für die Wände von Oligarchen

Die Andy Warhol Kunstwerke (l-r) "Triple Elvis" (1963) und "Four Marlon" (1966). Die Westdeutschen Spielbanken wollen in New York zwei ihrer wichtigsten Bilder versteigern lassen und erhoffen sich dafür 100 Millionen Euro.
Andy Warhols Kunstwerke "Triple Elvis" (1963) und "Four Marlon" (1966) © dpa / Christie's/The Andy Warhol Found
Isabelle Graw im Gespräch mit Christopher Ricke und Anke Schäfer · 24.03.2015
Was ist Kunst wert? Darüber lässt sich trefflich streiten, jede Generation findet darauf eine andere Antwort. Gerhard Richter jedenfalls findet die Preise, die seine Werke mittlerweile erzielen, "obszön". Die Kunsthistorikerin Isabelle Graw sagt: Marktwert ist nicht gleich tatsächlicher Wert.
Heute startet der Deutsche Kunsthistorikertag in Mainz. Thema diesmal ist "Der Wert der Kunst". Über diese Frage kann man lange streiten, und jede Generation findet darauf andere Antworten, hat andere Vorlieben und Kriterien. Fakt ist: Der weltweite Kunsthandel boomt.
Man solle sich jedoch nicht zu dem Schluss verleiten lassen, die zum Teil aberwitzigen Preise bildeten den tatsächlichen Wert eines Kunstwerkes ab, sagt die Kunsthistorikerin Isabelle Graw. Man müsse zwischen Marktwert und Symbolwert unterscheiden.
"Es gibt die Möglichkeit, dass wir Kunstwerke haben, die einen sehr hohen Preis haben, ohne dass ihnen in der Kunstgeschichte oder von Kunsthistorikern Wert zugesprochen wird. Es gibt Künstler, die finden Kunsthistoriker nicht so bedeutungsvoll, die werden aber trotzdem hoch gehandelt." In diesem Fall dominiere klar der Marktwert. Es gebe jedoch auch das umgekehrte Beispiel.
Obszöne Preise
Die Professorin an der Frankfurter Staatlichen Hochschule für bildende Kunst sagt weiter: Joseph Beuys und Gerhard Richter beispielsweise, zwei von Deutschlands berühmtesten Kunst-Exporten, empfanden und empfinden die Preise, die ihre Werke mittlerweile international erzielen, als obszön. Dennoch könne ein Künstler den Markt nicht komplett aus seinem Atelier ausblenden - denn Künstler produzierten ihre Werke ja von Fall zu Fall auch nach Auftrag, für bestimmt Anlässe.
"Künstler haben trotzdem das Recht, zu versuchen, Kontrolle über diese Marktentwicklung zu haben. Das gelingt ihnen zwar in den seltensten Fällen, aber man versucht es, weil Künstler ein Interesse daran haben, dass die Arbeiten nicht so teuer sind, dass Museen sie sich nicht mehr leisten können." Die institutionelle Anerkennung sei ihnen wichtiger als die Marktpreise. Denn wenn Kunstwerke "nur noch bei reichen Oligarchen landen, ist das schlecht für den Symbolwert".
Kunst verticken wie ein Dealer
Den Verkauf von Andy-Warhol-Bildern aus dem Besitz des Landes Nordrhein-Westfalen im vergangenen Jahr bezeichnete Isabelle Graw als Skandal. "Es ist ganz wichtig, darauf zu bestehen, dass es so etwas wie eine Öffentliche Hand noch gibt, die sich nicht so verhält wie ein Dealer." Bilder, die Teil einer öffentlichen Sammlung seien, dürften nicht einfach so "vertickt" werden wie von einem Privatsammler.