Weltververbrauchertag

Wie schwierig ist die Altersvorsorge?

Eine faltige Hand hält eine Geldbörse, aus der Scheine ragen.
Die Geldbörse einer Rentnerin im bayerischen Kempten. © Karl-Josef Hildenbrand /dpa
Von Dieter Nürnberger · 15.03.2016
Seit der Rentenreform vor rund 20 Jahren steht fest: Ohne private Zusatzvorsorge wird es im Alter für viele wohl eng werden. Die Berliner Verbrauchzentrale erklärt immer mehr Menschen, wie sinnvolle Vorsorge funktioniert.
"Ich habe schon etwas Altersvorsorge gemacht. Die gesetzliche oder staatliche natürlich, das muss man ja machen. Ich habe mich aber auch privat abgesichert. Es gibt zudem etwas noch Kapital - und ich weiß jetzt nicht, wie ich das alles für meine nächsten 20 bis 25 Jahre zusammenkriegen soll."
In den Verbraucherzentralen gehören Fragen zur Altersvorsorge natürlich längst zum Standardrepertoire der Beratung. Finanzexperte Peter Schütt hat einen 55jährigen Medienangestellten zu Gast. Und zuallererst findet eine Art Inventur statt. Gibt es eine Lebensversicherung, vielleicht sogar eine betriebliche Altersrente, wurde eine Riesterrente abgeschlossen? In der Verbraucherzentrale Berlin haben solche Fragen in den vergangenen Jahren mehr und mehr an Bedeutung gewonnen, rund 1.300 Beratungsgespräche werden hier jährlich zum Thema Altersvorsorge geführt. Der 55-jährige Angestellte will anonym bleiben. Schlecht, so sagt er selbst, schätzt er seine Situation nicht ein, doch in Niedrigzinszeiten sei guter, unabhängiger Rat gefragt.
"Ich habe großes Vertrauen in diese Verbraucherberatung. Denn wenn ich zu meiner Hausbank gehe, wie es immer so schön heißt, die haben eigene Interessen. Und wenn ich zu einer anderen Bank gehe, die haben die auch. Die verkaufen ja das, wo sie selbst am meisten Profit machen."

Sparer bekommen kaum noch Zinsen

In der vergangenen Woche hat die Europäische Zentralbank den Leitzins - für viele überraschend - auf 0.0 Null Prozent gesenkt. Das ist schlecht für die Altersvorsorge, da viele Lebensversicherungen oder auch Leistungen aus Pensionskassen vor allem auf Zinsanlagen basieren. Niedrige Zinsen heißt generell niedrige Erträge für Sparer. Diese Zentralbank-Politik hält schon seit Jahren an. Finanzexperten sprechen von einer fatalen Entwicklung, beispielsweise Hermann-Josef Tenhagen, er ist Chef des Online-Beratungsportals "Finanztip". Für Sparer heißt dies suchen - wo bekomme ich zumindest noch ein bisschen an Zinsen?
"Bei den meisten Banken bekommt der Kunde für das Tagesgeld 0,01 Prozent. Das ist eine Unverschämtheit. Man kann auch Banken finden, wo man 1,0 Prozent bekommt. Ich finde: Wenn ich hundertmal mehr an Zinsen bekommen kann, etwa bei einer französischen oder holländischen Großbank mit deutschen Tochterunternehmen, dann gehe ich da hin. Und dann sage ich meiner Hausbank - wenn Ihr mich nicht haben wollt, dann eben nicht. Das gleiche gilt auch für das Festgeld: Da kann man 1,5 Prozent statt 0,15 Prozent bekommen. Das ist immer noch das Zehnfache."
Doch unterscheiden sich die Zinsen längst nur noch auf niedrigem Niveau. Tages- oder Festgeldanlagen gelten zwar nicht als klassische Vorsorgeprodukte, doch sind sie als Notgroschen für viele wohl auch im Alter interessant.
Der Klassiker ist die Lebensversicherung. Mehr als 90 Millionen Verträge werden in Deutschland geführt. Hermann-Josef Tenhagen rät inzwischen wegen der Niedrigzinsen nicht mehr zum Neu-Abschluss, alte Verträge sollten jedoch aufgrund der vertraglich zugesicherten Garantien weitergeführt werden.

Keine Patentrezepte für die Altervorsorge

Um all diese Fragen geht es auch im Beratungsgespräch in der Berliner Verbraucherzentrale:
"Was soll ich denn machen, bis ich 65 bin?"
"Das ist eine gute Frage. Wir hatten je festgestellt, Sie haben zwei Lebensversicherungen. Das ist gut, weil sie eben in der Auszahlung steuerfrei sind, es gibt hohe Garantiezinsen. Sie haben auch einen Riester-Banksparplan."
Patentrezepte für eine gute Anlagestrategie bei der Absicherung fürs Alter gibt es nicht. Finanzexperte Hermann-Josef Tenhagen rät dazu, auch über Aktienfonds nachzudenken. Natürlich breit gestreut - und auch nur für jene geeignet, die Geld übrig haben und für einen längeren Zeitraum nicht benötigen.
"Wenn ich 10 oder 15 Jahre wirklich nicht brauche und es für die Altersvorsorge anlege, dann sind die Erfahrungen, dass ich beispielsweise mit einem internationalen Indexfonds nach 15 Jahren noch nie einen Verlust eingefahren hätte. Selbst nach dem ganzen Auf und Ab, mit den vielen Krisen, die wir ja gehabt haben. Also von daher: Das ist eine Variante."

Deutsche müssen über Altersvorsorge nachdenken

Die Leistungen des staatlichen Rentensystems sinken, sichere Anlageformen bringen kaum noch Zinsen - und die Deutschen werden immer älter. Der Beratungsbedarf ist groß, weshalb die Verbraucherzentralen heute am Weltverbrauchertag vielerorts Informationsveranstaltungen anbieten.
Die Deutschen bleibe nichts anderes übrig, als über ihre Altersvorsorge nachzudenken, sagt auch Hermann-Josef Tenhagen. Und er weiß aus unzähligen Gesprächen, dass es für nicht wenige eng werden wird. Die Politik müsse auf eine sich längst abzeichnende Altersarmut reagieren.
"Niedriglöhner oder Leute, die gerade einmal den Mindestlohn bekommen, bekommen aus der gesetzlichen Rente quasi nichts raus. Für Menschen, die wenig Geld verdienen, sieht es bei der Rente bitter aus. Denen helfen dann auch die bisherigen Förderprogramme nicht."
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