Weiß-blaue Traditionssportarten

Wir Bayern bleiben überall die Nummer eins

Teilnehmer kämpfen am in Garmisch-Partenkirchen (Oberbayern) um die Deutsche Meisterschaft im Fingerhakeln. Die Gegner sitzen sich bei dem Wettbewerb auf Hockern an einem Tisch gegenüber und versuchen, den Gegner am Finger zu sich herüberzuziehen. Hinter jedem Hakler sitzt ein Auffänger.
Die Mittelfinger in eine Lederschlaufe: Das Fingerhakeln ist die weiß-blaue Form des Tauziehens. © picture alliance / dpa / Angelika Warmuth
Von Michael Watzke · 26.02.2017
Leistenbruch, Blähhals und Kropfbildung: Fingerhakeln kann unangenehme Folgen haben, warnt Michael Watzke. Während die Sportler aus Bayern beim Maibaumkraxeln gerne auch hinter den Österreichern landen, hält ein Niederbayer den Weltrekord im Maßkrugstemmen.
Stellen Sie sich vor: Jemand zieht Sie ohne mit der Wimper zu zucken über den Tisch und streckt Ihnen dabei auch noch den Mittelfinger entgegen! Das wäre überall auf der Welt eine Unverschämtheit. In Bayern ist es eine Sportart: das Fingerhakeln.
Dabei sitzen sich die Kontrahenten an einem Tisch gegenüber und fädeln ihre Mittelfinger in eine Lederschlaufe. Dann ziehen sie – und der stärkere gewinnt. Diese weiß-blaue Form des Tauziehens führt laut "königlich-bayerischem Sportbrevier" nicht selten zu Leistenbruch, Blähhals und Kropfbildung. Das Start-Kommando der alpenländische Gaudi lautet übrigens "Beide Hakler – fertig – zieht!"

Beim Maibaumkraxeln meist Zweiter

Wenn Sie in Bayern dagegen den Ruf "Auf die Bäume" hören, dann sind sie Zeuge einer jahrhundertealten Traditions-Sportart: dem Maibaumkraxeln. Dabei gewinnt, wer am schnellsten einen glatten Holzstamm hinaufklettert – eben den Maibaum. Der ist üblicherweise zwischen 12 und 15 Metern hoch und hat an der Spitze eine Kuhglocke. Wenn der Kletterer die anschlägt, stoppt die Zeit. Einziges erlaubtes Hilfsmittel beim Kraxeln: eine klebrige Pechpaste, die sich die Teilnehmer auf die Handfläche streichen. Stilistisch sind verschiedene Klettertechniken zu beobachten: der Schimpanse, die Schlange, der Hase, das Känguruh. Allerdings sind die Bayern im Maibaumkraxeln meist nur zweiter Sieger - hinter Österreich...
Unumstrittener Weltmeister dagegen ist der Freistaat in der "Mutter aller Schlachten", dem epischen Kräftemessen schlechthin: dem Maßkrugstemmen. Man fülle so viele gläserne Maßkrüge wie möglich mit Bier und trage sie 40 Meter weit. Dabei dürfen die Krüge kein Bier verlieren, und der Träger muss sie am Ende ordentlich abstellen. Niemand kann den Bayern hier das Wasser reichen, und schon gar nicht das Bier: Weltrekordhalter ist der Deggendorfer Matthias Völkl. Er trug im vergangenen Jahr 29 gefüllte Bierkrüge, was einem Gewicht von 70 Kilogramm entspricht. Aufgestellt hat der urbayerische Muskelmann den Weltrekord selbstverständlich im Hofbräuhaus zu München.

Schuhplattln hat keinen Wettkampfcharakter

Sollten Sie nun behaupten, dass es in Bayern auch noch andere typische Sportarten gibt – etwa das Schuhplattln, das Goaßlschnalzen oder das Schnupftabakschnaufen – dann sei Ihnen gesagt: diese Betätigungen haben im Freistaat keinen Wettkampf-Charakter. Der Bayer absolviert sie – ebenso wie das Biertrinken – aus kultureller Verantwortung.
Es gibt nur noch eine einzige Sportart, die die Bayern als ur-bajuwarisch betrachten und in der sie wirklich niemand in Deutschland schlagen kann. Und das ist – sorry, Borussia Dortmund – der Fußball.
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