Weihnachtsmann gut durchgebraten

24.12.2007
Weihnachten, schlicht Weihnachten heißt dieses Buch - kein Weihnachten bei oder mit oder über - nein einfach nur "Weihnachten". Man sollte misstrauisch werden: dazu noch ein Kochbuch. Wer kocht sich nicht alles durchs Fernsehen, durch die Verlage? Da hängen sicher drei durchtriebene Burschen ihre Schürze in den Wind. Dazu ein Leineneinband in schönstem Tannengrün, goldene Titelei und das Bildchen auf den Einband ist nicht jugendfrei, darf also erst ab 23 Uhr hergezeigt werden.
Aber wir zeigen ja nicht, wir reden nur drüber - und das mit allergrößtem Vergnügen. denn das Buch ist wunderschön. Der geschilderte edle Einband, die frechen Illustrationen von Heidelbach, die nachkochbaren Rezepte von Klink und die dem Leben abgelauschten Geschichten über Weihnachten, so wie es viele von uns lieben und fürchten, von Droste.

Da haben sich drei Brüder im Geiste gefunden – alle ausgezeichnet in ihrem jeweiligen Fach – die so nebenbei über ihre Weihnachtserinnerungen quatschen und am Ende ein herrliches Buch draus machen.

So und nun mal der Reihe nach: Was ist daran so wunderbar, dass ich zumindest regelrecht in Verzückung geraten bin?

Nikolaus Heidelbach ist ja schon durch seinen Namen prädestiniert die Familie der Weihnachtsfiguren illustratorisch zu begleiten. Wenn nicht er, welcher Nikolaus dann? Und man merkt, dass er seinem Verwandten, dem Weihnachtsmann, liebevoll zugewandt ist, ihm jedoch auch mal auf die Schliche kommen möchte, weil er sicher weiß, dass der nicht nur zur Kinderbetreuung unterwegs ist. Er lässt ihn auch mal kiffen und dabei selig ins Nirvana entschweben, stellt ihn an den Marterpfahl auf einen Scheiterhaufen von Tannengrün und bereitet ihn kanibalisch als Festtagsbraten mit Lorbeer und Speck vor. Weihnachtsmann einmal gut durchgebraten. Er hat ihn sozusagen zum Fressen gern.

Die Weihnachtsfrauen im Buch lassen jedem Mann das Wasser im Mund zusammen laufen. Feministisch korrekt ist das nicht, dafür höchst vergnüglich. Und heißt es nicht "Fest der Liebe"? Heidelbach nimmt das Angebot beim Wort: Weihnachtsfrauen in pelzverbrämten Halterlosen, weiblich rund gefutterten Marzipanhüften …

Und der Koch Vinzent Klink lässt sich von den knusprigen Bildern nachdrücklich inspirieren und gibt uns Rezepte mit in die Küche, die nicht vor Spezialbegriffen aus der gehobenen Haute Cuisine triefen. Nein, hier dürfen auch die freudvoll tätig werden, die eben nur mal Nüsse hacken, Milch verrühren, Vanilleschoten auskratzen oder Äpfel in Spalten schneiden können. Sie bringen am Schluss etwas zustande und werden sicher glücklich sein. Davon gibt es etliches, was man prima nachkochen kann. Und praktische Kochratschläge werden einem so ganz nebenbei gegeben.

Nie schwingt sich der Mann mit seinen Rezepten zum Superstar auf und macht einem damit Angst, weil man ja seiner Kunst nie die Bratensoße reichen kann. Beim Karpfen wird es schon subtiler, dagegen kann Pommes rot-weiß - also wie Weihnachten - wirklich jeder. Ist aber nur eine Notlösung.

Der dritte im Bunde ist der Erzähler Wiglaf Droste. Ein charmanter Maulheld, der unverdrossen in den Weihnachtsabgründen schürft. Jauchzen ist Pflicht unterm Tannenbaum: Schau nur was für schöne Geschenke der Weihnachtsmann gebracht hat. Wer kennt diesen schrillen Ruf von Müttern und Großmüttern nicht auch - dabei hatten die lieben Kleinen mit ganz anderen Präsenten gerechnet. Und dann noch Blockflöte spielen für all die warmen Schals und praktischen Jacken. Dafür den Spruch des Tages von Droste:

"Es lässt sich unter Weihnachtssternen bequem die Heuchelei erlernen."

Droste hält sich auf Weihnachtsmärkten die Ohren zu, belehrt höchst vergnüglich über die Karpfenzucht und wo man die Tiere allerbesten erwerben kann und in wie die deutschen Stämme sich dem Karpfen essend nähern. Der Franke beispielsweise isst, wie er spricht: langsam und sanft.

Oder der Kauf der Weihnachtsgans in Drostes Kindertagen. Das ist ein kleines Lustspiel aus den 50ern der Bundesrepublik. Eine Weihnachtsgans kostete so viel wie ein Paar neue Schuhe - also musste der Kauf vorher genau besprochnen und berechnet werden, die halbe Familie fuhr zum Bauern, um das Tier auszusuchen.

Später dann leistete sich der junge Herr Droste schon mal Ente in Sherry, die in einem Pariser Luxusrestaurant seit mehreren Generationen zelebriert wird. Jedes Essen mit einem extra Zertifikat. Man erfährt erstaunt, dass die Knochen der Ente dort durch eine Entenpresse gedrückt werden und aus dem Sud wird eine Köstlichkeit direkt am Tisch bereitet, die selbst Vegetarier schwach machen kann. Und das schon seit 1890 – gerühmt von Musset, Dumas oder Balzac. Für uns Normalos wird das Rezept ein wenig vereinfacht – den Rest träumen wir uns durch Drostes anschaulich geschildertes Luxusmahl dazu.

Mit diesem Buch als Präsent kann man nicht schief liegen – Sie können ja noch in die nächste Buchhandlung. Es ist doch noch früh am Tage.
Rezensiert von Astrid Kulmey

Wiglaf Droste, Nikolaus Heidelbach, Vincent Klink: Weihnachten
DuMont 2007
160 Seiten, 24,90 Euro