Washington-Besuch

Freunde werden Merkel und Trump nicht mehr

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht neben US-Präsident Donald Trump bei der Pressekonferenz in Washington in den USA.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) steht neben US-Präsident Donald Trump bei der Pressekonferenz in Washington in den USA. © Michael Kappeler/dpa
Von Andreas Horchler  · 18.03.2017
Ein persönliches Kennenlernen, ein erstes Abtasten: "America first" trifft auf transatlantische Werte, Politprofi trifft Regierungsneuling. Es bleibt auch nach Angela Merkels Besuch bei Donald Trump fraglich, wie weit sich Deutschland auf den Kurs des US-Präsidenten einlassen wird.
Es war ein guter und offener Austausch, äußert Angela Merkel nach dem ersten Treffen mit dem US-Präsidenten. Aber was sonst hätte sie sagen sollen? Dass die Differenzen unüberwindbar sind, dass es unmöglich ist, die Linie in der neuen US-Politik zu erkennen?
Der Händedruck vor dem Weißen Haus zur Begrüßung war kürzer als die übliche vereinnahmende Geste Donald Trumps, beim Fototermin wurden Hände gar nicht geschüttelt, trotz Aufforderung, am Ende der Pressekonferenz dann noch ein kurzer Händedruck.

Kein Sieg, sondern Gerechtigkeit

Angela Merkel im grünem Jackett, zum irischen St. Patricks Day oder als Hoffnungszeichen? Präsident und Kanzlerin lächelten in die Kameras. US-Medien hatten ein Treffen des "odd couple" beschrieben, des ungleichen Paares, hier der dünnhäutige, impulsive Präsident, dort die kühle, nachdenkliche Kanzlerin. Hier Trump, einst ein Verehrer deutscher Politik, der Merkel im Wahlkampf unterstellte, mit ihrer Flüchtlingspolitik das Land ruiniert zu haben, der die NATO obsolet nannte, der Deutschland unterstellte, übermäßig von der EU zu profitieren und aufgrund des billigen Euro glänzende Geschäfte in den USA machen zu können. Dort die Kanzlerin, die transatlantische Werte, die Vorteile des freien Handels auch für die USA und den Sinn der Europäischen Union betonte.
"Ich bin kein Isolationist", sagte Trump, nicht ganz leicht mit seinem "Amerika zuerst" unter einen Hut zu bringen. Im Handel wolle er keinen Sieg, sondern Gerechtigkeit. Deutschland hätte bisher einfach besser verhandelt. Das müsse sich ändern. Aber was heißt das? Ein Hinweis: Trump sagt: Amerika wurde schlecht behandelt, beim nordamerikanischen Freihandelsabkommen NAFTA. Das Abkommen der Pazifikanrainer TPP: Gestrichen!

Ein erstes Abtasten

Merkels Konter: Handelsabkommen haben mehr Arbeitsplätze geschaffen. Und "Jobs", viele neue Jobs hat Donald Trump seinen Bürgern versprochen.
Eine Grafik, die zeigt, was viele mit Angela Merkel und Donald Trump verbinden: die zur Raute geformten Hände und das Twitter-Hashtag
Eine Grafik, die zeigt, was viele mit Angela Merkel und Donald Trump verbinden: die zur Raute geformten Hände und das Twitter-Hashtag© Deutschlandradio/Benjamin Schöndelen
Das Verhältnis zu Russland soll besser werden, aber nur auf Grundlage des Minsker Friedensabkommens. Gemeinsam wollen USA und Deutschland eine Lösung für die Konflikte in Afghanistan, im Irak und in Syrien suchen.
Trump verspricht, die NATO zu unterstützen, Merkel sagt eine Steigerung der deutschen Verteidigungsausgaben zu.
"Was das Abhören der letzten Regierung betrifft, vielleicht haben wir zumindest hier etwas gemeinsam", sagt Trump, ruft die Snowden-Affäre inklusive abgehörtem Merkel-Handy in Erinnerung und versucht zu scherzen, indem er darauf beharrt, Präsident Obama habe ihn im Wahlkampf abhören lassen. Und das, obwohl der Geheimdienstausschuss im Kongress deutlich gemacht hat: Das hat nicht stattgefunden! Das mag der Kanzlerin peinlich gewesen sein.

Gespräche aneinander vorbei

Es wurde viel gesprochen. Miteinander. Aneinander vorbei.
Einwanderung ist ein Privileg, findet Trump, Merkel meint: Politische Freizügigkeit und wirtschaftlicher Erfolg gehören untrennbar zusammen.
Und Donald Trump bleibt dabei: Ein starkes Amerika ist im Interesse der Welt. Eine Worthülse, die aus dem Mund eine andere Bedeutung zu haben scheitn als aus dem seiner Vorgänger.
Den Titel "Anführerin der freien Welt" wird Kanzlerin Merkel gar nicht so gern hören. Seit dem Wahlsieg Donald Trumps vergangenen November taucht er immer wieder in US-Medien auf. Er unterstellt, dass die USA mit ihrem neuen Präsidenten den Anspruch auf diese inoffizielle Auszeichnung verloren haben. Die Kanzlerin mag sich fragen, wie ein vergleichsweise kleines Land, eingebunden in die Europäische Union, ausgestattet mit geringer Militärmacht, eine solche Rolle spielen soll. Aber vielleicht ist das "alternativlos", wenigstens für den Moment.
Es war ein persönliches Kennenlernen, ein erstes Abtasten. Nicht mehr, nicht weniger. Freunde werden Angela Merkel und Donald Trump eher nicht. Müssen sie auch nicht. Eine verlässliche Verständigung auf der Arbeitsebene würde reichen.
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