Walter Kollo

Populärer Komponist der leichten Muse

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Die Familienmitglieder Rene Kollo (l-r),Olliver Kollo, Florence Kollo, Nathalie Kollo, Renate Kollo und Marguerite Kollo stehen am 01.02.2008 auf dem Sophienfriedhof in Berlin am Ehrengrab von Walter Kollo. © pictute alliance / dpa / Klaus-Dietmar Gabbert
Von Stefan Zednik · 30.09.2015
Tenor René Kollo war einer der herausragenden Wagner-Sänger des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Musikalität lag offenbar in seiner Familie: Großvater Walter Kollo war ein Hauptvertreter der Berliner Operette. Heute vor 75 Jahren starb er in Berlin.
Über den geistigen Gehalt dieses Songs, der in den Zwanzigerjahren auch in deutscher Fassung schnell zum Evergreen wurde, über seine "Blödigkeit", regte sich der Textdichter Hermann Frey einst derartig auf, dass er beschloss, einen noch blöderen Text zu schreiben. Er bat den befreundeten Komponisten Walter Kollo um eine Vertonung seiner geplanten Parodie. Doch die Bloßstellung misslang, heraus kam – ein weiterer Klassiker der gerade entstandenen Gattung des Nonsens-Schlagers.
Walter Kollo ist 1928, als der Schlager herauskommt, ein bereits seit Langem erfolgreicher Komponist der leichten Muse. 1878 als Elimar Walter Kollodzieyski in einer ostpreußischen Kleinstadt geboren, studiert der Sohn eines Kaufmanns und einer Pianistin zunächst Kirchenmusik. Nach ersten Positionen als Kapellmeister verschlägt es ihn 1906 nach Berlin, wo er mit Operetteneinaktern und Couplets für Theater und Varietés schnell bekannt wird. Das Nachtleben dieser Zeit bietet einen Vorgeschmack auf die wilden Zwanzigerjahre, und zur Ikone wird eine kleine, leicht dickliche Berlinerin, die am liebsten in jugendlicher Schüleruniform auftreten würde, was die preußische Zensur nach 23 Uhr allerdings verbietet. Kollo schreibt für sie einige Chansons, und die Plakate der Varietés verkünden:
"Claire Waldoff, der neue Star von Berlin."
Zitat Willi Kollo: "Diese kesse Revolverschnauze, das heiser grölende Organ, die fast verächtliche Stimme da oben war etwas völlig Neues. Sie ging dem Publikum nicht um den Bart, sondern ließ durchblicken, dass sie es für eine Galerie von puren ‚Arschlöchern' hielt (..) Fortan war Walter nicht ohne Claire, Claire nicht ohne Walter zu sehen."
So beschreibt Sohn Willi Kollo das Auftreten von Vater Walter und Claire Waldoff. Gemeinsam mit dem befreundeten Zeichner Heinrich Zille bilden sie den kreativen Kern einer Art subkulturellen Unterschicht jenseits der Hochkunst in Konzert und Oper, in Museum und Kunstakademie. Es ist weder die Welt des gebildeten Bürgertums noch diejenige der politisierten Industriearbeiter, sondern die vermeintlich unpolitische Welt der kleinen Leute: Berliner Handwerker, Dienstmädchen und die von ihnen bewunderten aufgeblasen schmucken preußischen Offiziere bevölkern die so genannte Berliner Operette. Nach der französischen eines Jacques Offenbach und der Wienerischen eines Johann Strauss entwickelt hier die kleine Schwester der Oper einen eigenen, spezifisch berlinerischen Tonfall. Die Werke ihrer Vertreter Paul Lincke, Jean Gilbert und Walter Kollo verwenden Marschmusik, Couplets und Schlager, die nicht selten unabhängig vom Bühnenstück ein starkes Eigenleben entwickeln.
Nicht für die Ewigkeit komponiert
Walter Kollo gilt als der gefühlvollste dieser Berliner Komponisten. Die Aufführungszahlen seiner Stücke gehen in die Tausende, selbst in New York werden seine Stücke nachgespielt. Dabei komponiert er für den Tag, nicht für die Ewigkeit. Und er beginnt 1923 die äußerst fruchtbare Zusammenarbeit mit seinem erst 19-jährigen Sohn Willi, der zunächst als Textdichter, in späteren Jahren auch als Komponist, Bearbeiter und Verleger die musikalische Dynastie der Kollos fortsetzt.
Gegen Ende der Zwanzigerjahre kommt der mitunter sentimentale Ton Kollos aus der Mode. Die Operette, das Kabarett und das Chanson leben stark von der Mitarbeit vor allem jüdischer Textdichter, mit der scharfen Zensur ab 1933 und dem Berufsverbot für diese bricht der leichten, frechen und gewitzten Unterhaltungskunst endgültig der Boden weg. Walter Kollos Werk bleibt zwar, auch durch die Aktivität seines Sohnes Willi, präsent, doch er selbst zieht sich mehr und mehr zurück - er stirbt am 30. September 1940 in Berlin. Auf seinen eigenen Wunsch hin wird Walter Kollo, der Meister des leichten Chansons, in der Nähe seines bewunderten musikalischen Vorbilds begraben: dem "echten" Opernkomponisten Albert Lortzing.
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