Wahrzeichen von San Francisco

Von Kerstin Zilm · 27.05.2012
Täglich rollen rund 100.000 Autos und 6000 Fahrräder über die Golden Gate Bridge. Sie ist Magnet für Bewohner und Besucher der Stadt an der US-Westküste. Lange hieß es, es sei unmöglich eine Hängebrücke über die Bucht zu bauen. Seit sie vor 75 Jahren eröffnet wurde hat sie Erdbeben, Bombendrohungen und große Feiern überstanden.
Es war die Zeit der großen Depression, als im Januar 1933 die Bauarbeiten begannen. Aus allen Himmelsrichtungen kamen Männer in die Golden Gate genannte Bucht von San Francisco, um an der längsten Hängebrücke der Welt mitzubauen. Einer von ihnen war Al Zampa. 60 Jahre später erzählte er von den harten Arbeitsbedingungen:

""Du durftest vor nichts Angst haben, musstest trinkfest sein, aber vor allem: schnell, stark und mutig, klettern wie ein Affe und geschmeidig sein wie eine Katze. Viele haben es nicht geschafft. Sie bekamen Angst.”"

Die Golden Gate Bridge ist das Wahrzeichen von San Francisco, Gegenstück zur Freiheitsstatue in New York, Ingenieursmeisterleistung und Mythos. Kevin Starr, Geschichtsprofessor an der Universität von Südkalifornien - USC - in Los Angeles:

"""Vergessen wir mal die praktische Seite. Als Kunstwerk ist sie eine tolle Skulptur für die Öffentlichkeit! Sie steht für den Optimismus des amerikanischen Westens, für Aufschwung auf gleicher Ebene mit den sieben Weltwundern. Sie ist ein Wunder der modernen Welt und eine Ikone, die man überall auf der Welt kennt.”"

Chefingenieur Joseph Strauss präsentierte seine Idee einer buchtüberspannenden Hängebrücke zum ersten Mal 1921 in San Francisco. Zwölf Jahre lang arbeitete er daran, auch lautstarke Widerstände zu überwinden: Politiker und Bürger fanden das Projekt zu teuer. Geologen warnten vor schlechter Bodenqualität, Ingenieure vor zu starkem Wind und die Navy vor zu dichtem Nebel. Umweltschützer fürchteten um die Natur und Fährunternehmen um ihre Geschäft. Jede Woche nämlich transportierten sie 50.000 Passagiere zwischen Stadt und Ausflugszielen im Norden der Bucht. Doch während die 227 Meter in den Himmel ragenden Pfeiler gebaut und die fast zweieinhalb Kilometer langen Stahlkabel mit 92 Zentimetern Durchmesser installiert wurden, verwandelte sich Kritik nach und nach in Bewunderung. Kevin Starr:

"""Es war ein sehr mühseliger Prozess, allein die Kabel herzustellen. Kabel wie diese konnte man nicht auf dem Boden produzieren und hochheben. Sie wurden vor Ort gewebt, Wagen transportierten Strang für Strang von einem Ende zum nächsten.”"

Fast vier Jahre dauerten die Bauarbeiten, über 850.000 Tonnen Stahl und 600 .000 Nieten wurden verarbeitet. Ingenieure, Schifffahrt und Militär stritten lange um die Farbe der Brücke. Das sogenannte "Internationale Orange" der Grundierung wurde von der Notlösung zum Markenzeichen. Trotz hoher Sicherheitsvorkehrungen starben elf Arbeiter. 19 Männer überlebten den Sturz ins Sicherheitsnetz, auch der Stahlwerker Al Zampa:

""Als ich aufschlug, hat es mich ein paar Mal gedreht, ich hatte vier gebrochene Wirbel. Jeder andere wäre tot gewesen. Ich war nicht mal bewusstlos!”"

Am 27. Mai 1937 wurde die Brücke für Fußgänger freigegeben. 200 .000 testeten die 2737 Meter lange Strecke. Am nächsten Tag fuhren Autos von beiden Seiten über die sechsspurige Fahrbahn.

""Sie rollen wie ein Soldatenregiment. Von der Turmspitze sehen sie aus wie Spielzeug zwischen einem Spinnennetz aus Stahl, das bis zu den riesigen Kabeln reicht, die diese Straße hält.”"

Fast zwei Milliarden Autos, ungezählte Fußgänger und Radfahrer haben seither die Brücke überquert. An ihrer Instandhaltung arbeiten täglich über 100 Stadtangestellte. Trotz scharfer Sicherheitsvorkehrungen stürzten sich mehr als 1400 Menschen von der Brücke rund 70 Meter in den Tod. Für die meisten Besucher und Bewohner von San Francisco aber bleibt sie ein Symbol menschlicher Hochleistung. Kevin Starr:

""Sie zeigt, dass wir gute Dinge schaffen können. Während unter ihr Schiffe von und nach Asien fahren, ist sie ein Zeichen unserer Zivilisation und Kultur für die ganze Welt.”"