Wahlkampf

Fundamentalistisch und national

Von Henry Bernhard · 13.03.2014
Er warnt vor dem Zerfall der demokratischen Kultur und sieht in der Einwanderung von Moslems eine Gefahr: Matthias Wohlfarth, Landessprecher der "Alternative für Deutschland" in Thüringen, geht mit christlich-fundamentalistischer Rhetorik und völkischen Ideen auf Stimmenfang.
"Die Not sehe ich in der Zebröckelung demokratischer Kultur- und Rechtskultur. Ich bin Christ; ich fühle Verantwortung für 'Suchet der Stadt Bestes!' - altes Bibelwort. Ich möchte meinen Kindern und Mitmenschen Verantwortung geben können. Ich kann nicht zugucken, wenn hier Dinge geschehen. Wir haben unsere Eltern gefragt, 'Was habt ihr damals getan?' Ich möchte von meinen Kindern nicht gefragt werden, 'Was habt ihr getan?', oder, 'Was habt ihr nicht getan?'"
Große Worte - geäußert von Matthias Wohlfarth. Er ist Sprecher des Thüringer Landesverbandes der AfD. In seinen Augen befinden sich Deutschland und Europa in einer schweren Krise, aus der nur die Alternative für Deutschland den Weg zu zeigen weiß.
"Von wegen Frieden durch den Euro - das Gegenteil ist der Fall! Wir gehen auf bürgerkriegsähnliche Zustände zu! Wir sehen die fehlgelenkte Integrations- und Einwanderungspolitik, die Früchte, Parallelgesellschaften mit Paralleljustizen, mit Blut, was da fließt, was wir schon gar nicht mehr veröffentlichen in Zeitungen - die Fakten würden uns zu sehr erschrecken."
Die große Gefahr sieht Wohlfarth, der auch im Thüringer Landesverband umstritten ist, im Islam und der angeblich unkontrollierten Einwanderung von Moslems. Parallelgesellschaften, Gewalt, Vergewaltigungen seien die notwendige Folge.
"Wir wollen für Asylbewerber ein menschenwürdiges Asyl haben, die echten Verfolgten - ich kümmere mich um verfolgte Christen auch -, und wenn ich das sehe, wie ein Afrikaner an der Bushaltestelle von irgendwelchen 'Rechten' zusammengeschlagen worden ist, sehe ich aber auch den Hintergrund: Ich sehe den Hintergrund, dass möglicherweise durch eine lasche Handhabung mit kriminell agierenden Einwanderern so eine Antistimmung gefördert wird, ja."
Abgrenzung ist "biologisch normal"
Natürlich ist er gegen Gewalt gegen Ausländer. Aber er kann sie verstehen als Ausdruck der Ohnmacht gegenüber einer von den Multikulti-68ern erzeugten Kultur voller Denkverbote. Die Abneigung gegenüber Ausländern sei - Zitat - "biologisch normal". Wohlfarth sieht unser Sozialsystem aus allen Nähten platzen, weil "Gutmenschen" nicht nur "echte" Asylbewerber hereinließen, also vor allem verfolgte Christen, sondern alle. Überhaupt ist er skeptisch gegenüber staatlichen Leistungen.
"Und ich kann nicht das Geld von anderen Menschen zu sehr nach meiner eigenen Ideologie oder meinem eigenen Gusto verteilen - ich würde Hilfe gern auch mehr freiwillig - also, im christlichen Sinne war Hilfe immer freiwillig, ja, das war nicht staatlich -, und je mehr Caritas verstaatlicht wird, desto weniger Seele und Herz gewinnt sie, desto mehr wird daran verdient auch! Es gibt eine ganze Sozialarbeiterindustrie, die inzwischen regelrecht Hilfsbedürftige braucht."
Tea Party Deutschlands
Wenn Wohlfarth von Deutschland spricht, dann verwendet er oft das Wort "System". Es mag ein Zufall sein, aber schon in der Weimarer Republik benutzten rechtskonservative Kreise den Begriff "System" als Schimpfwort für die junge Demokratie. Matthias Wohlfarth will auch keine Schönheits-Reparatur am bundesrepublikanischen System, sondern:
"Wir wollen eine geistige Wende! Und ich helfe keinem türkischen, anatolischen Bauern, der hierher kommt und hier von der Sozialhilfe besser lebt als dort mit seinen Ziegen - der lebt von der Sozialhilfe nicht besser! Der geht unter; der geht menschlich unter; der wird abhängig; und seine Kinder kommen in eine möglicherweise kriminelle Szene oder was weiß ich. In dem Sinne bin ich auch als Christ immer jemand, der sagt: Wirkliche Hilfe kann immer nur mit einer kulturellen und geistigen, geistlichen - um nicht zu sagen spirituellen - Dimension verbunden sein."
Mit Leuten wie Matthias Wohlfarth, die mit christlich-fundamentalistischer Rhetorik und völkischen Ideen auf Stimmenfang gehen, ist die AfD auf dem Weg nicht die neue FDP, sondern die Tea Party Deutschlands zu werden.
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