Wahl in Tunesien

"Ennahda wird sich mit der Niederlage abfinden"

Bürger vor der Abstimmung bei der Parlamentswahl in Tunesien.
Bürger vor der Abstimmung bei der Parlamentswahl in Tunesien. © picture alliance / dpa / Mohamed Messara
Politologe Ilyas Saliba im Gespräch mit Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese · 27.10.2014
Tunesien hat gewählt. Aber anders als erwartet hat wohl nicht die konservativ-islamische Ennahda gewonnen, sondern die säkulare Allianz Nidaa Tounes. Ilyas Saliba vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung, sieht Tunesien auf einem guten Weg.
Vier Jahre nach dem Sturz von Diktator Ben Ali wurde am Sonntag erstmals ein neues Parlament gewählt. Anders als von vielen Beobachtern vorausgesagt, hat dabei wohl nicht die islamisch-konservative Ennahda die Mehrheit erzielt, sondern die säkulare Partei Nidaa Tounes.
Regierungsbildung ohne Ennahda möglich
Man müsse noch das endgültige Wahlergebnis abwarten, aber derzeit sehe es so aus, als ob sogar eine Regierungsbildung ohne die Ennahda-Partei möglich sei, vermutet der Politikwissenschaftler Ilyas Saliba vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung. Eine Große Koalition von Ennahda und Nidaa Tounes hält Saliba wegen des polarisierenden Wahlkampfes für nicht wahrscheinlich.
Die Bezeichnung Islamisten für die Ennahda lehnte der Politikwissenschaftler und Experte für Demokratisierungsprozesse ab. Im Vergleich zu anderen islamisch geprägten Parteien der Region vertrete Ennahda relativ tolerante Normen. "Darüber hinaus denke ich, dass die Ennahda sich mit der Wahlniederlage durchaus abfinden wird."
Arabisches Musterland Tunesien?
Grundsätzlich sieht Saliba Tunesien auf einem guten Weg, vor allem wegen des "sehr inklusiven" Prozesses, der zur Verfassungsgebung geführt habe. Ein Großteil der Probleme, die zum Sturz des früheren Präsidenten Ben Ali geführt hatten, sei allerdings noch nicht gelöst, warnte er. Dazu gehören etwa sozioökonomische Ungleichheit, Korruption und ein Generationenkonflikt:
"Es gibt eine grassierende Jugendarbeitslosigkeit, die noch gestiegen ist seit dem Sturz von Ben Ali und dies sind Themen, die jetzt nach der langen verfassungsgebenden Diskussion angegangen werden müssen."
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