"Wachstum sollte man nie ohne die Nachhaltigkeit sehen"

31.12.2009
Der Wirtschaftswissenschaftler Henrik Enderlein kritisiert den wirtschafts- und finanzpolitischen Kurs der Bundesregierung als perspektivlos für das neue Jahrzehnt.
Es sei völlig unklar, wie die Bundesregierung ihren wirtschaftspolitischen Kurs gestalten wolle, wenn der Schuldenberg weiter wachse und Hotelketten Steuergeschenke gemacht würden, sagte der Politik- und Wirtschaftswissenschaftler an der Hertie School of Governance. "Das ist nicht richtig. Die Steuersenkungen im kommenden Jahr, im Jahr 2010, belaufen sich auf 8,5 Milliarden Euro.

Der Bundeshaushalt für Bildung und Forschung beträgt zehn Milliarden Euro im Jahr. Für diesen Betrag, den wir jetzt nächstes Jahr als Steuersenkung in die Wirtschaft geben, hätten wir den Bildungs- und Forschungsetat einfach fast verdoppeln können. Und da muss man sich wirklich fragen, sind das die richten zukunftsorientierten Perspektiven."

Als Konsequenz aus dem zurückliegenden Jahrzehnt müsse man sich fragen, was Wachstum sei und wie es entsteht, erklärte Enderlein. Wachstum sei viel fundamentaler als nur das Bruttoinlandsprodukt, das dafür oft als Messlatte angegeben werde:"Wachstum kann man nie ohne die Ungleichheiten sehen, Wachstum sollte man nie ohne die Nachhaltigkeit sehen", sagte Enderlein. Allerdings werde Wachstum immer gebraucht: "Allein deshalb, weil durch das Wachstum, wenn es denn richtig verteilt wird, die Armut zurückgeht. Da muss man manchmal in sehr langen Zeiträumen denken."

Der Wirtschaftswissenschaftler betonte, dass nach seiner Einschätzung das erste Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts nicht eine Periode der Krise gewesen sei: "Eigentlich im Gegenteil, es war so ähnlich wie die roaring twenties, diese brummenden 20er Jahre ein fast goldenes Jahrzehnt. (…) Wir haben die längste Wachstumsphase in der Weltwirtschaft gesehen, die es je gegeben hat."


Das vollständige Gespräch mit Henrik Enderlein können Sie bis zum 31.5.2010 als
MP3-Audio in unserem Audio-on-Demand-Angebot nachhören.