"Voting-Shows mit Literatur sind ästhetisch falsch"

24.06.2013
Die Literatur habe sich im Fernsehen durch Anpassung an Casting-Shows selbst ausgeschaltet, kritisiert die Autorin Marlene Streeruwitz. Der Bachmann-Wettbewerb bekomme jetzt von den TV-Machern zu hören: "Wenn ihr so langweilig seid, Leute, dann schmeißen wir euch raus."
Streeruwitz verglich den Lese-Wettbewerb in Klagenfurt mit Sendungen wie "Germany‘s Next Topmodel". Durch solche Casting-Shows seien die Zuschauer heute an das öffentliche Vorführen von Kandidaten gewöhnt, sagte sie im Deutschlandradio Kultur. "Nachdem das Turnier nun durch viele andere Turniere ersetzt worden ist, die viel lustiger sind und wo viel schönere Menschen auftreten, schaltet das Fernsehen ab. Das heißt, man kann sich durch Anpassung selbst ausschalten. Das hat der Bachmann-Wettbewerb vorgeführt."

Streeruwitz sieht den angekündigten Rückzug des ORF aus dem Bachmann-Preis kritisch: "Da wird sicher auch wieder ein Exempel an der Kultur statuiert: Wenn ihr so langweilig seid, Leute, dann schmeißen wir euch raus."

Die Schriftstellerin sagte, es sei von Anfang an falsch gewesen, den Bachmann-Preis als öffentlichen Wettbewerb zu gestalten. Das Hinreißende und Bezaubernde an Literatur sei, dass lange nachgedacht werden könne. "Voting-Shows mit Literatur sind ästhetisch falsch."

Den ORF forderte sie auf, mehr Kultursendungen zu produzieren. Sie beschuldigte die Führung des Senders, mit den Privilegien des öffentlich-rechtlichen Rundfunks Privatfernsehen zu machen und sich einer "ganz wüsten Form der Unterhaltung" zu verschreiben. Der Rauswurf des Bachmann-Preises sei in diesem Sinne ein Symptom für die "totale Popularisierung" des Mediums.

Das vollständige Interview mit Marlene Streeruwitz können Sie in unserem Audio-on-Demand-Angebot bis zum 24. November 2013 als MP3-Audio hören.
Für ihre Arbeiten wurde die österreichische Autorin Marlene Streeruwitz mit dem Hermann-Hesse-Literaturpreis ausgezeichnet
Marlene Streeruwitz© picture alliance / dpa / Uli Deck
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