Vor 150 Jahren starb Johann Franz Encke

Der Rechenmeister der Astronomie

Komet und Sternennebel im Weltall auf einer Grafik.
Das Geschick von Johann Franz Encke lag vor allem darin, den Lauf der Gestirne präzise zu berechnen - und auch von Kometenbahnen. © Imago / Imagebroker
Von Dirk Lorenzen  · 26.08.2015
Statt Sterne zu beobachten, rechnete er lieber und so wurde Johann Franz Encke ein versierter Berechner von Kometenbahnen. Außerdem ist ihm 1835 die Einweihung der ersten modernen Sternwarte in Berlin zu verdanken. Vor 150 Jahren ist der Astronom gestorben.
"Encke war in seiner Stellung in Berlin gewißermassen der officielle Vertreter der Astronomie in Preußen; seine Thätigkeit als astronomischer Rechner – weniger als Beobachter – war eine unermüdliche, jene als Lehrer an der Universität eine große und segensreiche."
So urteilte eine populäre astronomische Enzyklopädie über Johann Franz Encke wenige Jahre nach seinem Tod am 26. August 1865. Die Karriere als großer Berliner Astronom war dem Sohn eines Hamburger Diakons nicht in die Wiege gelegt. Doch nach dem frühen Tod des Vaters förderte ein Lehrer die Ausbildung des begabten Schülers. Franz Encke studierte in Göttingen und kam nach einer Zwischenstation in Gotha nach Berlin, was wissenschaftlich damals ein Abstieg war. Denn in der Hauptstadt gab es zwar seit dem Jahr 1700 ein Observatorium, allerdings spielte es bis dahin keine große Rolle, erklärt Dieter Herrmann, langjähriger Direktor der Archenhold-Sternwarte in Berlin-Treptow:
"1700, da war die Sternwarte ein Provisorium: Sie konnte überhaupt nicht im Entferntesten mithalten mit den Einrichtungen, die damals in London, also in Greenwich, oder in Paris schon existierten. Und Encke ist es dann gelungen, mit Unterstützung von Alexander von Humboldt im heutigen Bezirk Kreuzberg die erste wirklich moderne Berliner Sternwarte zu errichten. Die wurde 1835 eingeweiht."
"An dieser Sternwarte ist dann der Planet Neptun entdeckt worden"
Inzwischen erinnert nur noch die Kreuzberger Enckestraße an diese Sternwarte, die Karl Friedrich Schinkel erbaut hatte und die gut sieben Jahrzehnte lang bestand.
"An dieser Sternwarte ist dann der Planet Neptun entdeckt worden. Und das ist nun doch schon ein herausragendes Ereignis. Denn seit den Tagen der Antike gab es eigentlich nur eine einzige Planetenneuentdeckung: Das war der Uranus im Jahre 1781 und dann eben der Neptun, und das ist hier an der Berliner Sternwarte passiert. Allerdings nur unter dem Direktorat von Encke, nicht durch Encke selbst."
Der Direktor hatte diesen Erfolg seines Mitarbeiters Johann Gottfried Galle nie so richtig verwunden: Jedenfalls verhinderte er, dass Galle einen königlichen Orden erhielt – und bat dafür sogar Alexander von Humboldt um Unterstützung, der darüber schlicht fassungslos war.
"Encke hat einen auffallenden Mangel an Frohsinn und eine gewisse Grämlichkeit. Er ist unberechenbar und im Mutterleibe gletscherartig erkaltet."
Dabei waren Encke und Humboldt einander eng verbunden. Der Berliner Astronom wirkte entscheidend am legendären Humboldtschen Werk "Kosmos" mit – was ihm der Universalgelehrte mit einer besonderen Erwähnung im Text dankte:
"Dies erhellt sich aus der Untersuchung meines langjährigen Freundes Encke, des verdienstvollen Directors unserer Berliner Sternwarte."
Eine Lücke in den Ringen
Eigene Beobachtungen spielten für Franz Encke keine so große Rolle. Zwar hat er eine Lücke in den Ringen des Planeten Saturn entdeckt, die inzwischen Encke-Teilung heißt, aber der Astronom hatte mehr Geschick darin, den Lauf der Gestirne präzise zu berechnen:
"Ich gestehe offen, dass ich mir die Mathematik nur denken kann als das Mittel, die Probleme, die die Natur uns darbietet, zu lösen."
So äußerte sich Franz Encke in einem Brief an Carl Friedrich Gauß, der den jungen Astronomen entscheidend geprägt hatte, erläutert Dieter Herrmann:
"Encke hat sich auch einen Namen gemacht als Berechner von Kometenbahnen. Dazu muss man vielleicht wissen, dass er bei keinem Geringeren als dem berühmten Gauß in Göttingen studiert hatte. Das war ja der Mathematiker schlechthin in der damaligen Zeit. Encke hat damals ein neues Verfahren entwickelt auf der Grundlage von Gaußschen Erkenntnissen und hat also Kometenbahnen berechnet. Ein besonders kurzperiodischer Komet trägt heute den Namen Enckescher Komet."
Der Astronom hatte erkannt, dass vier Kometenerscheinungen Ende des 18. und Anfang des 19. Jahrhunderts auf dasselbe Objekt zurückgingen – und sagte dessen regelmäßige Wiederkehr voraus. Der daraufhin nach Johann Franz Encke benannte Komet braucht nur drei Jahre und vier Monate, um die Sonne einmal zu umrunden. Noch heute erinnert der Enckesche Komet mit schönster Regelmäßigkeit an seinen Berechner.
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