Von der Provinzbühne zum Kulttheater

Von Daniela Mayer · 15.03.2010
Gerd Buurmann ist Schauspieler, Autor, Regisseur, Entertainer, Sänger und bei Bedarf auch Barmann. Alles im Severins-Burg-Theater in Köln, in dem er mit 33 Jahren künstlerischer Leiter ist. In den letzten zwei Jahren hat er die kleine Bühne in einen angesagten Kulturort verwandelt.
Gerd Buurmann ist eine Erscheinung. Von der ersten Minute an. Vor schwarzer Kulisse glänzt seine Glatze weiß im Scheinwerferlicht, seine zischelnde Stimme füllt auch ohne Mikrofon den Raum:

"Meine Damen und Herren, willkommen zu Kunst gegen Bares." (Applaus)

Comedians, Poetry Slammer und Künstler aller Art stellen sich hier dem Publikum. Das kürt am Ende den Sieger, durch das Spenden von barem Geld an den Besten. Aber eigentlich ist es Gerd Buurmanns Abend. Nicht nur, weil er die Reihe konzipiert und erfunden hat. Weil er mit seinen 33 Jahren zugleich künstlerischer Leiter, Regisseur, Schauspieler, Autor und bei Bedarf auch Barmann des Severins-Burg-Theaters ist. Wo Gerd Buurmann steht und spricht, er dominiert.

Auf der Bühne schwitzt und tropft Gerd Buurmann. Seine Moderationen sind mitunter zynisch, laut und harsch. Er verausgabt sich und fasziniert. Nicht durch Sympathie, sondern durch eine schon fast beängstigende Präsenz. Sein rundes Gesicht, die Glatze, die großen, alles durchdringenden Augen erschrecken. Lassen ihn bei seinen Auftritten aussehen wie ein Mensch am Rande des Wahnsinns.

Der Shylock aus dem Kaufmann von Venedig. Kurz und spontan gespielt zwischen zwei Auftritten von Kleinkünstlern. Sich in den Vordergrund spielen, da kennt Gerd Buurmann keine Scheu. Er weiß, was er kann. Schwere Rollen wie die des Shylocks sind ihm die Liebsten:

"Je schwieriger ein Charakter zu fassen ist, desto so mehr fasziniert mich eigentlich der Charakter. Und wenn ich es schaffe, dass Leute einen Menschen zwar nicht verstanden haben, aber dennoch nicht nur Toleranz, sondern auch Respekt entgegen bringen, dann hab ich, glaube ich, schon eine Menge geschafft."

Das erzählt er draußen vor der Tür, während er ziemlich süchtig an seiner Pausen-Zigarette zieht, zwischen lauten Gästen und vorbeifahrenden Straßenbahnen. Eigentlich kein Ort für ein ruhiges Gespräch, aber das sucht Gerd Buurmann auch nicht. Er bleibt beim Sie und auf Distanz und führt ebenso so präzise und schnell, wie durch den Abend, auch durch sein Leben. Angefangen bei seiner Familie und Kindheit im Emsland.

"Ich komme nicht aus einer künstlerischen Familie, sondern eher aus einer klassischen Arbeiterfamilie. Mutter war Näherin, Vater war Seemann, und da war die künstlerische Laufbahn nicht unbedingt vorgezeichnet."

Doch das Talent für die Bühne war da. Früh entdeckt in der Schule.

"Den ersten Auftritt hatte ich in der achten Klasse, wo der wunderbare Lehrer auf die Idee kam: Entweder der Junge ist wirklich hyperaktiv und durchgedreht, oder aber er hat einfach Kreativität. Und hat dann mit mir eine kleine Theatergruppe gegründet."

Nach dem Abitur landete er schließlich als Au Pair in den USA, wohin er in den letzten Jahren immer wieder zurückkehrte, auch um dort Schauspiel zu studieren.

"Dann hab ich lange überlegt ob ich Amerikaner werden sollte, aber dann hab ich gemerkt, dass Amerika nichts weniger braucht, als einen weiteren Schauspieler mit deutschem Akzent."

So kam er vor rund elf Jahren nach Köln, um dort als Schauspieler zu leben. Seither hat der 33-Jährige in Köln kulturell viel bewegt. Durch eigene Literatur und Theaterreihen zum Beispiel. Sichtlich stolz erzählt er:

"Dass ich mir die Orte gesucht habe, wo ich Theater machen konnte, weil es ist ja nicht so, dass die Bühnen gesagt haben, wir sind also so hemmungslos leer, wir brauchen jetzt unbedingt den kleinen Jungen aus dem Emsland, der hier die Kultur rettet . Und deswegen habe ich einfach meine eigenen Bühnen aufgemacht. Und irgendwann kam halt ein Theaterbesitzer und hat gesagt, ich hätte da ein Theater und ich wäre froh, wenn du es wieder beleben könntest."

Das hat er getan. In den letzten zwei Jahren ist es ihm gelungen, das Severins-Burg-Theater wieder in einen angesagten Kulturort zu verwandeln. Durch seine eigenen Theaterstücke und Auftritte, durch politische Diskussionsrunden und originelle Literaturabende. Und nicht zuletzt durch die Reihe "Kunst gegen Bares", mit der er schon erfolgreich auf Tour durch ganz Deutschland war. Freie Zeit bleibt ihm da kaum.

"Das Theater hat sieben Tage die Woche auf und die meiste Zeit bin ich auch hier, das Theater ist quasi mein zweites zu Hause. Aber ich hab ja das Glück, dass das, was ich liebe und das, wofür ich lebe, auch mein Beruf ist."

Ein Theatermensch, durch und durch. Als solchen bezeichnet sich Gerd Buurmann. Andere sehen in ihm ein großes Talent, in Regie, Organisation und Schauspiel, mit dem Zeug dazu, auch an großen Häusern viel zu bewegen. Nur wer Gerd Buurmann tatsächlich ist, jenseits von Bühne und Mikrofon, das weiß er gut zu verbergen. Zwar erzählt er noch, dass er privat mit einer Doktorin der Philosophie verheiratet ist. Doch als Privatperson bleibt er hinter der Fassade des Theatermenschen nicht greifbar.

"Ich verstehe mich so ein bisschen als Kermit der Frosch, der einfach Freude daran hat, die verschiedensten Formen der Kunst zu sehen und mit etwas Anarchie, Freude und Liebe zur Kunst, die Kunst zu zelebrieren."

Mit diesen Worten eilt Gerd Buurmann zurück auf die Bühne. Etwas ratlos bleibt man zurück und erinnert sich an seine eigenen Worte über Shylock, die gut auch auf ihn selbst passen.

Ein schwer zu fassender, durchaus schwieriger Charakter, der Respekt einflößt.

Service:

Gerd Buurmann moderiert jeden Montagabend ab 20 Uhr die Offene-Bühnen-Show KGB im Severins-Burg-Theater in Köln. Außerdem ist er dort am 29. und 31. Oktober 2009 auch in der Inszenierung "Emilia Galotti" zu sehen. Weitere Termine und Informationen im Internet.