Von A wie Abraxas bis Z wie Zwillingschaft

24.08.2010
Katzen und Hunde inspirieren ihn zum Nachdenken über das Leben - der schwedische Erfolgsautor Lars Gustafsson nutzt die kleinen Dinge des Alltags, um die Welt erklärbar zu machen. So auch in seinem Buch "Alles, was man braucht".
Der Romancier, Lyriker und Philosoph Lars Gustafsson hat stets betont, ein bodenständiger Mensch zu sein. Neben Fichte, Descartes und Schopenhauer sind es die konkreten, aber auch sinnlichen Momente, wie etwa die Wärme eines Katzenkörpers, die ihn zu poetischer Produktion und ästhetisch-philosophischer Reflexion anregen. In seiner "Elegie auf einen Labrador" (1980) heißt es:

"Wir lebten zusammen/in zwei verschiedenen Welten, der meinigen/mit ihren Buchstaben, einem lebenslänglichen Text,/ und der deinen mit ihren Gerüchen, ob auch ich am Ende/etwas konnte, was dir imponiert hat."

Zusammen mit seiner Frau Agneta Blomqvist (geboren 1942, Lehrerin für Religion und Literatur) hat der schwedische Erfolgsautor mit amerikanischer Staatsbürgerschaft bereits zwei Bücher veröffentlicht. 2006 erschien im Stockholmer Atlantis Verlag "Herr Gustafssons familjebok", 2008 "Frau Blomqvists matbok" - eine kurzweilige Reise durch die Welt des Kulinarischen, gewürzt mit geografischen, philosophischen und zeitgeschichtlichen Ingredienzien.

"Herr Gustafssons familjebok", das in der schwedischen Ausgabe als "Realencyklopedi & konversationslexikon" bezeichnet wird, ist nun unter dem Titel "Alles, was man braucht. Ein Handbuch für das Leben" in deutscher Übersetzung erschienen. Gustafsson/Blomqvist knüpfen an die alte Tradition der Haus- und Familienbücher an. In der spätmittelalterlichen bzw. frühneuzeitlichen Literatur verfolgten diese Sammlungen verschiedene Gebrauchsinteressen. Mal sind es medizinische und juristische Interessen, mal botanische oder rein literarische.

In ihrem Hausbuch entfaltet das schwedische Autorenpaar zwischen A wie "Abraxas" und Z wie "Zwillingschaft und andere Liebe" einen heterogenen Kosmos amüsanter Themen und eigenwilliger Reflexionen.

Neben Goethes Farbenlehre, der Frage "Was ist ein Gedicht?" und dem Grübeln darüber, worin der Unterschied zwischen Flanieren und Promenieren besteht, ist die Rede vom Hecht als "fürchterlicher Gangster der Meeresbuchten" und der Makrele als dessen Gegenteil. Vorzügliche Unterhaltung bieten die Passagen, in denen sich der Schriftsteller und Maler Gustafsson mit dem Begriff der Moderne auseinandersetzt ("Friedrichs weißer Punkt"; "Rain, Steam and Speed"). Am spannendsten aber dürften für den passionierten Gustafsson-Leser all jene Einträge sein, wo über die Freuden und Mühen des Schreibens nachgedacht wird.

"Alles, was man braucht" ist ein Buch, das zwischen Duden, PC-Handbuch, Meyers Konversationslexikon, Kochbuch und der Bibel platziert werden sollte. Wenn all diese Nachschlagewerke keinen Rat mehr geben, liest man erleichtert auf Seite 245: "Ein leiser Schneefall versöhnt uns mit dem Leben. Ein Schneesturm lässt uns eher an seine Gefahren denken und daran, dass wir nicht ganz so stark sind, wie wir glauben."

Besprochen von Carola Wiemers

Lars Gustafsson/Agneta Blomqvist: "Alles, was man braucht. Ein Handbuch für das Leben"
Aus dem Schwedischen von Verena Reichel
Carl Hanser Verlag, München 2010
315 Seiten, 21,50 Euro
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