Vokal-Ensemble

Zwischen Dissonanz und Harmonie

Partitur mit einer Gesangsstimme
Partitur mit einer Gesangsstimme © Deutschlandradio / Bettina Straub
Von Claus Fischer  · 01.10.2014
Das Calmus-Ensemble aus Leipzig gehört inzwischen zum Besten, was Deutschland auf dem Gebiet der Vokal-Ensembles zu bieten hat - dementsprechend stolz ist auch die Bilanz. Ein Porträt.
Musik "Die Gedanken sind frei"
Kräftigend, Magen anregend, stimmungsaufhellend, das sind die Eigenschaften der Calmus-Pflanze, nach der sich das Ensemble benannt hat. Und es scheint so, als ob diese Wirkungen tatsächlich auch von seiner Musik ausgehen. Jedenfalls sind die Kirchen und Konzertsäle bei fast jedem Auftritt ausgebucht.
"Darauf sind wir stolz ..."
... betont Bariton Ludwig Böhme.
"... weil wir habens wirklich geschafft von der kleinen, naiven Studentengruppe zu einem Ensemble zu werden, was von dem, was es tut auch leben kann ...
Dass sich das Calmus-Ensembles in den letzten fünfzehn Jahren derart gut entwickelt hat, das hängt zu allererst mit der großen Musiktradition der Stadt Leipzig zusammen,"

meint Tenor Tobias Pöche.
"Die Gründungsmitglieder waren alle im Thomanerchor, haben quasi seit ihrer frühesten Kindheit in Leipzig Musik gemacht. Und da ist man natürlich auch ein bisschen stolz darauf, dazu zu gehören und das als Basis für die ganze Arbeit zu nehmen."
So hat man in den letzten Jahren auch immer Musik aufgeführt, die einen Bezug zur Stadt hat, zum Beispiel von Max Reger.
Max Reger starb in Leipzig, im ehemaligen Hotel "Astoria" wurde er eines Morgens tot aufgefunden, und es heißt: Auf seinem Nachttisch lag die Partitur der "Acht geistlichen Gesänge", die wir eingesungen haben.
Musik: Reger, "Du höchstes Licht"
Der Klang des Calmus-Ensembles ist unverwechselbar. Wichtigstes Kennzeichen: Eine absolute Klarheit, wie zum Beispiel für die stilgerechte Interpretation von Madrigalen nötig ist. Dazu kommt aber eine Tiefe, die man in gutem Sinne "romantisch" nennen kann und die besonders die Musik des 19. Jahrhunderts lebendig macht. Damit dieser Klang immer wieder neu entsteht, kommt es - so Sopranistin Anja Pöche - vor allem auf eines an.
"Dass man gut zusammen Musik machen kann und jeder auf den anderen gut hört, ja, dass man die gleiche Farbe erzeugt ..."
Musik: Harald Banter, Morgenstern, Galgenlieder, Das Mondschaf
Vom typischen Calmus-Klang begeistert sind mehr und mehr auch Komponisten der Gegenwart, so zum Beispiel der Kölner Harald Banter. Er schreibt gemäßigt moderne Musik mit deutlichen Jazz-Anklängen. Seine "Galgenlieder" nach Texten von Christian Morgenstern sind inzwischen fast so etwas wie die Erkennungsmelodie des Ensembles geworden. Entstanden sind diese Stücke nicht einfach nur am Schreibtisch, sondern in ständigem Austausch mit den Mitgliedern. Denn nur so lassen sich Probleme vermeiden, betont Harald Banter, dem beim Komponieren eigentlich immer ein Sinfonieorchester oder eine Bigband vorschwebt.
"Der Nachteil besteht darin, dass man orchestral denkt und orchestral schreiben möchte, was aber dann für die Vokalstimmen zu großen Schwierigkeiten führen kann, weil natürlich nicht alles, was auf Instrumenten spielbar ist auch für Vokalstimmen geeignet ist. Und da muss man nun dann daran denken, dass man auch gelernt hat einen originalen vierstimmigen Chorsatz zu schreiben."
Fünfzehn Jahre Calmus-Ensemble, das sind auch fünfzehn Jahre harte Arbeit. Mit oft acht Stunden proben am Tag, sagt Bariton Ludwig Böhme. Getreu dem altbekannten Spruch "von nichts kommt nichts".
"Wir sind natürlich auch anspruchsvoll, das muss man auch sagen. Wir wollens natürlich auch so gut es irgend geht machen."
Dabei helfen wird womöglich auch die Schriftstellerin und Moderatorin Elke Heidenreich, die kürzlich mit den fünf Leipzigern eine CD produziert hat, auf der sie Gedichte rezitiert ...
"Wir haben uns auf einem Kreuzfahrtschiff kennengelernt, wo sie Lesung gemacht hat und wir gesungen hatten. Sie hat uns neulich als ihre Kinder bezeichnet."
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