Völkermord im heutigen Namibia

Herero und Nama klagen gegen Deutschland

Stammesoberhaupt Chief Vekuii Rukoro (M, rote Uniform) und andere örtliche Stammesältere stehen auf dem Hügel, von dem aus der damalige deutsche Generalleutnant Lothar von Trotha den Schießbefehl gab, der den Beginn des Völkermordes an den Herero markierte.
Das Gedenken an den Völkermord ist in der Erinnerungskultur Namibias fest verankert. Von diesem Hügel aus wurde der Schießbefehl für den Genozid gegeben. Nachkommen der Herero und Nama versammeln sich dort. © picture alliance / dpa / Jürgen Bätz
Joshua Kwesi Aikius im Gespräch mit Vladimir Balzer  · 17.03.2017
Als ersten Erfolg wertet der Politologe Joshua Kwesi Aikius, dass ein Gericht in New York die Zivilklage von Herero und Nama gegen Deutschland akzeptiert hat. Sie fordern Entschädigungen für den Völkermord in Deutsch-Südwestafrika zwischen 1904 und 1908.
Zehntausende Menschen wurden zwischen 1904 und 1908 von deutschen Kolonialtruppen im heutigen Namibia getötet. Die Morde an Angehörigen der Volksgruppen der Herero und Nama gelten als erster Völkermord des 20. Jahrhunderts. Im Januar dieses Jahres hatten Nachfahren der Volksgruppen in New York eine Sammelklage gegen Deutschland eingereicht, um eine Entschädigung zu erwirken. Das Gericht akzeptierte nun die Klage und setzte einen ersten Anhörungstermin fest.

Druck auf Berlin wächst

"Ich denke, dass das ein ganz wichtiger Schritt, der vor allen Dingen der breiteren Diskussion und vor allen Dingen den Forderungen der Selbstorganisation von Hereo und Nama Auftrieb gibt", sagte der Politologe Joshua Kwesi Aikius, der an der Universität Kassel postkoloniale Studien betreibt, im Deutschlandradio Kultur. "Ob jetzt diese Klage tatsächlich so zum Erfolg führt oder nicht, ist schwer einzuschätzen." Aber der Druck auf die Bundesregierung könnte dadurch wachsen, um auf anderen Wegen zu einer Einigung zu kommen, sagte Aikius. Ein Beispiel dafür sei die frühere Klage von Zwangsarbeitern gegen Deutschland.

Mehr Aufmerksamkeit für den Völkermord

Die Herero und Nama sähen sich bislang an den Verhandlungen zwischen der namibischen Regierung und der Bundesregierung nicht ausreichend beteiligt, sagte der Politologe. Er erwarte, dass ihre Stimme nun dank der Klage mehr Gewicht erhalten könnten. In Namibia werde derzeit auch diskutiert, ob sich die Regierung in Windhuk an der Klage beteilige. "Das würde tatsächlich auch die Chance dieser Klage noch einmal etwas verändern und wäre auch nochmal eine neue Dimension." Es liege auch eine Chance darin, dass der Völkermord wieder stärker in die öffentliche Wahrnehmung rücke.
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