Völkermord an den Armeniern

"Deutsche haben die Deportation mit angeregt"

"Völkermord" ist auf dem Transparent zu lesen, das armenische Demonstranten vor dem Reichstagsgebäude in Berlin halten.
Armenische Demonstranten vor dem Reichtstag in Berlin: Sie wollen, dass Deutschland den Völkermord anerkennt. © picture allaince / dpa / Stephanie Pilick
Jürgen Gottschlich im Gespräch mit Frank Meyer · 01.06.2016
War das Massaker an den Armeniern im Osmanischen Reich Völkermord? Was Historiker längst anerkennen, will der Bundestag morgen per Resolution entscheiden. Deutschland habe allen Grund, sich hier klar zu bekennen, sagt der Publizist Jürgen Gottschlich - denn das Land trage Mitverantwortung.
Bis zu 1,5 Millionen Menschen wurden zwischen 1915 und 1916 aus der Türkei, dem damaligen Osmanischen Reich, vertrieben, tausende von ihnen starben auf endlosen Todesmärschen.
Mehr als 20 Staaten haben das Massaker bereits als Völkermord anerkannt, Deutschland hingegen tut sich damit noch immer schwer. Dabei hätte die Bundesrepublik allen Grund, sich hier klar zu bekennen, sagt Jürgen Gottschlich, Journalist und Autor des Buches "Behilfe zum Völkermord - Deutschlands Rolle bei der Vernichtung der Armenier".

"Der deutsche Botschafter hat sie gerechtfertigt"

"Das Deutsche Reich war mit Militär und hohen Offizieren direkt engagiert in Konstantinopel, in der damaligen Osmanischen Armee an vielen Schaltstellen vertreten, hat die Türkei, das Osmanische Reich mit eigenem Interesse in den Krieg hineingezogen und hat dann auch den Völkermord an den Armeniern politisch gedeckt", so Gottschlich im Deutschlandradio Kultur. "Deutsche Offiziere haben die Deportation mit angeregt und der deutsche Botschafter hat sie gerechtfertigt."
Er gehe davon aus, dass der Bundestag das Massaker als Völkermord anerkenne, sagt der Journalist und Publizist. "Ich hoffe, dass auch ausdrücklich darauf hingewiesen wird - wie es Bundespräsident Gauck ja schon im letzten Jahr gemacht hat -, dass da auch eine relevante deutsche Mitschuld daran besteht."
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