Vexierbild eines Gattenmörders

Von Uwe Friedrich · 02.02.2012
Der polnische Komponist Miecyslaw Weinberg erlebt derzeit eine wahre Renaissance. Der Zeitgenosse Schostakowitschs gilt als Spezialist für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts. Das Erfurter Theater hat sich nun sehr erfolgreich seiner Kammeroper "Lady Magnesia" angenommen.
Ein auf den Kopf gestelltes und surrealistisch angeschrägtes "Haus am Eaton Place" hat Bühnenbildnerin Jeannine Cleemen für den turbulenten Einakter "Lady Magnesia" des polnischen Komponisten Miecyslaw Weinberg im Studiotheater der Erfurter Oper entworfen. Virtuos verröchelt sich hier der vom Gatten vergiftete Hausdiener Adolphus, dem eine Affäre mit seiner Herrin Magnesia zum Verhängnis wird.

Während der Textdichter George Bernard Shaw in seiner Vorlage gleichzeitig den Dünkel der edwardianischen Oberschicht und einige literarische Moden seiner Zeit aufs Korn nahm, setzte der Komponist im Jahr 1975 auf jenen grimmigen russischen Humor, der auch die Operette "Moskwa Tschermjomuschki" seines Freundes und Förderers Dmitri Schostakowitsch auszeichnet. Das Ergebnis ist ein stilistisches Vexierbild, in dem die grundverschiedenen Humorarten nicht recht zusammen passen wollen. Wie bei Essig und Öl gibt es auch für Regisseurin Barbara Schöne nur eine erfolgversprechende Art, die Elemente zu mischen: Mit hohem Tempo kräftig schütteln.

Das Ergebnis ist eine knapp einstündige, sehr unterhaltsame Farce, in der sie die komplett unglaubwürdige Geschichte vom zunächst erfolglosen Gattenmörder Sir George Fitztollemache erzählt, der schließlich Gattin, Diener und Zimmermädchen auf groteske Weise beiseite räumt.

Der Tenor Marwan Shamiyeh taumelt charmant singend durch alle Verwicklungen, Marisca Mulder bewahrt als seine Gattin Lady Magnesia in allen Situationen Ruhe und Würde, und auch Stéphanie Müther und Máté Sólyom-Nagy als Dienerpaar stürzen sich mit Verve und großem Können sowohl in ihre Rollen als auch in die durchaus sportlich fordernde Inszenierung.

Der Dirigent Samuel Bächli schließlich sorgt mit dem kleinen Orchester am Bühnenrand (Schlagzeug, Gitarre, E-Gitarre, E-Bass, Klavier, Harmonium, Bläser- und Streichquintett) für den richtigen Ton zwischen swingenden Tanzrhythmen, großem Opernaufschwung und verlässlicher Begleitung in den Sprechgesangpassagen.

So wird "Lady Magnesia" zur lohnenden Begegnung mit der unterhaltsamen Seite eines Komponisten, der seit der Wiederentdeckung seiner Holocaust-Oper "Die Passagierin" vor allem als Spezialist für die Katastrophen des 20. Jahrhunderts gesehen wurde.


Programmhinweis:

Deutschlandradio Kultur überträgt "Lady Magnesia" am 13. Februar 2012 in der Reihe "Oper aus deutschen Ländern".